Auch im Bornheimner Stadtrat wurde jetzt das Vergabeverfahren für die geplante Mertener Heinrich-Böll-Gesamtschule gestoppt - aus Kostengründen.
BornheimAuch der Rat lehnt Neubau der Gesamtschule Merten ab

Die bestehend Heinrich-Böll-Gesamtschule platzt aus allen Nähten.
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Die neue Heinrich-Böll-Gesamtschule (HBG) Merten wird es in der Form, wie sie bisher geplant war, nicht geben. Auch der Stadtrat hat nach dem Schulausschuss am Mittwochabend die Vergabe der Bauleistungen vor allem aus Kostengründen mehrheitlich abgelehnt. Jetzt soll es eine interfraktionelle Arbeitsgruppe „Entwicklung Schulstandort Merten“ richten, der Vertreter der Verwaltung und der Politik angehören. Die Schulleitungen sollen ebenfalls dazu eingeladen werden.
Rückläufige Schülerzahlen
Zu Beginn der Ratssitzung hatte Stadtkämmerer Ralf Cugaly eine Präsentation vorgestellt, wie und warum sich Entscheidungsparameter geändert hätten. Die Entscheidung für einen Schulneubau war in einer Zeit gefallen, als Bornheim aus der Haushaltssicherung herauskam und die Finanzierungsmöglichkeiten gut waren. Sieben Jahre später sieht das anders aus, Corona und Teuerung wirken sich aus, Baukosten und Zinsen sind gestiegen. Cugaly nennt noch einen weiteren entscheidenden Punkt: „Der Schulentwicklungsplan 2023-29 der Stadt Bornheim prognostiziert einen starken Rückgang der Schülerzahlen.“ Seit der Beschlussfassung werden in der Region für weitere rund 300 Schülerinnen und Schüler Schulplätze eingerichtet, in Alfter, in Wesseling und Brühl. Mal ganz abgesehen von der dauerhaften finanziellen Belastung, die nach Prognose von Cugaly bereits im Jahr 2031 zu einer Überschuldung der Stadt führe. Die Verwaltung habe ein Planungsbüro mit einer spezifischen Analyse des Schulentwicklungsplans beauftragt; die Ergebnisse sollen im Schulausschuss am 20. Mai vorgestellt werden. Ziel sei „eine möglichst wirtschaftliche und bedarfsangepasste Vorzugsvariante“.
Das sagt die Verwaltung
Als Reaktion auf das Votum im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung nennt die Verwaltung die Entscheidung des Rates in einer Pressemitteilung „bedauerlich“, auf den Neubau der HBG in der vorliegenden Form zu verzichten. Ärgerlich sei auch, dass sehr viel Zeit und Geld in die Planungen des Objektes geflossen sind. Dennoch sei die Entscheidung mit Weitsicht getroffen worden. „Denn in den vergangenen Jahren haben sich die Rahmenbedingungen in einer Weise verändert, dass die Realisierung eines solchen Objekts für die Stadt Bornheim nicht leistbar und in der Konsequenz auch nicht zu verantworten ist. “
Baukosten in dreistelliger Millionenhöhe hätten den städtischen Haushalt kurzfristig und auf Jahrzehnte hinaus massiv belastet und die Handlungsfähigkeit der Stadt für lange Zeit erheblich eingeschränkt. Zum Projektstart 2017 lag ein erster Kostenrahmen für eine Gesamtschule mit einer 4-zügigen Sekundarstufe 1 mit 2-zügiger Sekundarstufe 2 ohne Grundstück bei 31 Millionen Euro, Ende 2023 wurden Gesamtkosten einschließlich Grundstück, Baunebenkosten, Ausstattung und Finanzierungskosten in Höhe von rund 140 Millionen Euro errechnet.
Das sagt die CDU
Weil das die Stadt auf Jahre erheblich einschränke, konnte die CDU nicht zustimmen – wollte aber nicht nur ablehnen, sondern auch Alternativvorschläge machen. „Daher hat die CDU-Fraktion die Prüfung von vier Varianten beantragt, die jeweils einen Neubau in strikt funktionaler Bauweise für die HBG oder/ und die Grundschule Merten und die Stärkung des Schulstandortes vorsehen.“ Leitgedanke ist „ein strikt funktionaler Neubau, der die unabdingbaren gesetzlichen Anforderungen erfüllt“. „Die Entscheidung fällt uns nicht leicht. Wir sind uns sicher, dass die Entscheidung auch zu Enttäuschungen führen wird, was uns ausdrücklich leidtut. Gleichwohl müssen und wollen wir das Gesamtwohl der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bornheim im Blick halten und langfristig sicherstellen“ so Christian Mandt, Bürgermeisterkandidat der CDU. Es sei aber keine Option, „die Hebesätze für Grundsteuern und Gewerbesteuern in bis dato nicht gekannte Höhen zu treiben“.
Das sagt die SPD
Auch aus Sicht der SPD ist den Bürgern eine „drastische Grundsteuer-Erhöhung nicht zumutbar“, wie es Anna Peters, Bürgermeisterkandidatin der SPD, unterstreicht. „In welch finanzielles Abenteuer sich die Stadt mit dem Neubau stürzen würde, verdeutlicht die Tatsache, dass bei diesem Projekt jährliche Folgekosten von 7,8 Millionen Euro auf den städtischen Haushalt zukommen würden. Betriebs- und Instandhaltungskosten kämen noch hinzu. Darüber hinaus zeichnet sich ein weiteres Problem ab, nämlich die bisher nicht terminierte Erschließung des Baugebietes Me 18, wo die Schule errichtet werden soll, durch den Investor. Dies führt zu nicht überschaubaren Abhängigkeiten für Ver- und Entsorgung durch provisorische Erschließungsmaßnahmen, möglichen weiteren Kostensteigerungen und stellt die zeitliche Umsetzung weiter in Frage“, konkretisiert Co-Fraktionsvorsitzender Wilfried Hanft. Die Absage verpflichte die SPD-Fraktion, „alles zu tun, damit eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Schule ermöglicht wird“.
Das sagen die Grünen
Anders die Grünen: Sie haben dem Antrag, den Schulneubau abzulehnen, in Schulausschuss und Rat mehrheitlich nicht zugestimmt. Stattdessen forderten sie, die Bindefrist auszunutzen und erst im April über die Vergabe zu entscheiden. Bis dahin könnten erste Erkenntnisse zu Machbarkeit und Kosten einer möglichen Alternative vorliegen. „Wir stehen zum Bau der Heinrich-Böll-Gesamtschule, denn nur eine bauliche Lösung kann die Raumprobleme sowohl der Heinrich-Böll-Gesamtschule als auch der Martinus-Grundschule nachhaltig lösen“, erklärt Co-Fraktionssprecherin Maria Koch. „Entscheidend ist, dass eine mögliche Alternative den Schulen substanzielle Entwicklungsmöglichkeiten bietet und das aktuelle Container-Provisorium nicht zementiert.“ Die Heinrich-Böll-Gesamtschule brauche eine klare Perspektive, um neben der Europaschule als attraktive Schule auf Augenhöhe bestehen zu können. „Eine Alternative darf keinesfalls zu einer dauerhaften Containerlösung führen, die der Schule langfristig schadet. Bei einem Dauerzustand werden aus Unannehmlichkeiten zwangsläufig Zumutungen!“ Die Grünen wünschen sich eine eine extern geleitete Taskforce. „Dieses bewährte Projektmanagement-Instrument hilft, die Lösungsfindung zügig voranbringen helfen, sich auf das Ziel zu fokussieren, Wünsch-Dir-was und frühere Fehler zu vermeiden“, so Koch.
Das sagt die UWG
UWG-Fraktionschef Dirk König macht es kurz: „Unsere Position war von Anfang an eindeutig: Der Haushalt 2025/2026, in dem diese überzogenen Kosten bereits verankert waren, wurde von uns abgelehnt – unter anderem aus diesem Grund. CDU, Grüne und SPD stimmten diesem Haushalt und somit dem geplanten Neubaubudget von 140 Millionen Euro zu. Wir haben frühzeitig davor gewarnt, dass die finanzielle Belastung für die Stadt und somit für die Bornheimer Bürger nicht tragbar ist und dass eine realistische Planung dringend notwendig wäre. Wir hoffen, dass wir nun alle auf dem gleichen Standpunkt stehen und gemeinsam an einem wirtschaftlich tragfähigen und funktionalen Neubau arbeiten können.“
Das sagt die FDP
Auch die Liberalen haben ihr Nein zur Auftragsvergabe erneuert. „Der Kostenrahmen des Projekts wurde massiv überschritten, was die FDP nicht mittragen konnte.“ Der Bürgermeister und die Mehrheit des Rates hätten mit immer neuen grünen Ideen die Baukosten in die Höhe getrieben. „Statt einen funktionalen Neubau zu realisieren, hat sich die Mehrheit im Rat von utopischen Öko-Vorstellungen leiten lassen, die das Projekt aus dem Ruder laufen ließen“, so Matthias Kabon, Vorsitzender der FDP-Fraktion. Die Schülerinnen und Schüler müssten nun weiter in einer provisorischen Schule bleiben, die eigentlich längst durch ein funktionierendes Gebäude ersetzt hätte werden sollen.“