Hat der Angeklagte aus Wut ein Messer in den Bauch eines ihm bekannten Autofahrer gerammt oder wollte er sich verteidigen? Das Landgericht muss über einen Vorfall im Mai 2023 in Bornheim entscheiden.
Prozess in BonnZwei Brüder nach Messerattacke in Bornheim vor Gericht
„Ich war total sauer auf ihn, er hatte mich beschissen“, begründete ein 25-Jähriger an diesem Mittwoch, warum er sich am 10. Mai 2023 in Roisdorf mit einem Konkurrenten so gestritten hatte, dass er sich deswegen nun vor der 7. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts verantworten muss. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den in Wesseling geborenen Mann: gefährliche Körperverletzung, Unfallflucht und Fahren ohne Führerschein. Neben ihm auf der Anklagebank sitzt sein acht Jahre älterer Bruder, der bei der Tat dabei gewesen sein soll.
Der Fall: Die Brüder waren am Abend des 10. Mai vergangenen Jahres in einem dunklen VW Golf mit Bochumer Kennzeichen auf der Roisdorfer Straße (L 118) unterwegs, als vor ihnen das Auto eines Widersachers fuhr, mit dem der 25-Jährige noch ein Hühnchen zu rupfen hatte. Laut Staatsanwaltschaft überholte er den anderen, dabei kam es an der Kreuzung mit der Alexander-Bell-Straße zu einem leichten Zusammenstoß beider Pkw, die daraufhin stoppten. Der Mann aus Wesseling machte dem Anderen Zeichen, das Fenster herunterzukurbeln; als der nicht gehorchte, stieg er aus und schlug mit einem Messer gegen die Scheibe.
Angeklagter will eine Pistole gesehen haben
Bis hierhin stimmen Anklage und Aussage des Angeklagten überein. Über den weiteren Verlauf des Streits gibt es hingegen unterschiedliche Darstellungen. Die Staatsanwaltschaft sagt, der 25-Jährige habe durch das Pkw-Fenster mehrfach auf den am Steuer sitzenden Konkurrenten eingestochen, sein Bruder soll ihn dabei angefeuert haben, den 35 Jahre alten Zeugen zu töten. Der Angeklagte hingegen erklärte durch seinen Verteidiger Carsten Rubarth, er habe in der Hand des Fahrers eine Pistole gesehen und gedacht: „Gleich schießt er auf dich“ und aus Angst mit dem Messer zugestochen: „Ich wollte ihn nicht verletzen“, beteuerte er. Nach den Ermittlungen der Polizei hat der Zeuge am Oberbauch eine sieben Zentimeter tiefe Stichverletzung erlitten, die zum Tode hätte führen können. Er wurde durch eine Not-Operation gerettet. Nach der Bluttat flüchteten die Brüder in ihrem Fahrzeug.
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Die Bonner Polizei richtete eine Mordkommission ein, die mit Fotos nach den beiden Verdächtigen fahndete; die Bilder stammten aus der Polizeiakte der vorbestraften Männer. Der ältere Bruder wurde im September erwischt, der jüngere hatte sich nach Belgien abgesetzt und wurde dort mit einem europäischen Haftbefehl im Dezember festgenommen, in Auslieferungshaft genommen und kurz vor Weihnachten nach Deutschland überstellt. Nach zwei Tagen in Untersuchungshaft legte er ein Geständnis ab und kam frei. Inzwischen sitzt er wegen einer anderen Sache erneut in U-Haft.
Worum es bei dem Streit ging, was also der Auslöser der Messerattacke war, ist bislang nicht bekannt.
Vom Amtsgericht Bonn an das Landgericht abgegeben
Der Fall war ursprünglich vor dem Amtsgericht angeklagt worden; das Schöffengericht nahm aber – im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft – ein versuchtes Tötungsdelikt an und schickte die Akte ans Landgericht. Hier wäre das Schwurgericht zuständig gewesen, das Verfahren ging hingegen zur 7. Großen Strafkammer, die es unter dem Gesichtspunkt einer gefährlichen Körperverletzung eröffnete.