HallenFreizeitBad BornheimGutachten offenbart eine gewaltige Mängelliste
Bornheim – Gibt es überhaupt eine Zukunft für das rund 50 Jahre alte Bornheimer HallenFreizeitBad (HFB)? Diese Frage müssen sich morgen die Mitglieder des Verwaltungsrates des Stadtbetriebs Bornheim (SBB) stellen. Ihnen werden im Rathaus Ergebnisse der „Sanierungs- und Potenzialstudie der Deutschen Gesellschaft für das Bäderwesen (DGfdB) für das Hallenfreizeitbad“ vorgestellt.
Aus Sicht des SBB-Vorstandes soll das Verfahren Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) übertragen werden, da die vorgelegten Ergebnisse nicht nur die vorhandene Fachkompetenz des SBB überschritten, sondern auch die Entscheidungskompetenz sprenge, die der SBB-Vorstand in einem mit der Stadt abgeschlossenen Betriebsführungsvertrag vereinbart hat.
Darum geht es
Die Gutachter kommen in ihrer rund 50-seitigen Studie zu dem Schluss, dass von einer Kernsanierung des Bades auszugehen ist. „Sanierungsausführungen mit suboptimalem Standard“ können nicht befürwortet werden. Während der Arbeiten sei ein Betrieb der Badeanlage „kaum denkbar“. Die Experten empfehlen nicht in eine Sanierung, sondern in einen Neubau zu investieren, wenn der Sachwert der Anlage, der noch nicht ermittelt worden ist, geringer ist als die Kosten der Modernisierung.
Die Komplettsanierung der Freizeiteinrichtung würde mit knapp 20 Millionen Euro zu Buche schlagen. Ein Neubau, je nach Variante und Ausstattung, wäre deutlich teurer. Würde lediglich ein neues Hallenbad errichtet werden, lägen die Kosten bei 27 Millionen Euro, ein neues Kombibad mit Hallen- und Freibad würde etwa 35 Millionen Euro teuer werden. Käme noch eine neue Sauna hinzu, müsste die Stadt mit 37,5 Millionen Euro rechnen.
Hallenbad und Sauna
Bemängelt wird, dass Saunagäste nur über die Umkleide und den Sanitärbereich des Hallenbades durch die Beckenhalle nach außen das Saunagelände erreichen können. Dies gilt als „unkomfortabel und in hohem Maße unhygienisch.“ Nach den gängigen Bäder-Richtlinien des „Koordinierungskreises Bäder“ (KOK) stehen den Besuchern zu wenig Umkleiden zur Verfügung, auch der Sanitärbereich gilt als unzureichend und die Beckenhalle entspricht nicht durchgängig den KOK-Richtlinien. Der Hubboden im Sportler- und Rutschenbecken weist Sicherheitsmängel auf, die Umgangsbreiten rund um die Becken sind teilweise zu schmal.
Zustand Freibad
Die Gutachter sprechen sich für eine „totale Reorganisation“ der Logistik des Freibadbetriebes aus. So fehlen stationäre Duschen und Toiletten auf dem Außengelände, es gibt kein Schwimmerbecken und die Beckenumgänge sind oft zu schmal. Nicht zuletzt ist der Zugang zur externen Gastronomie schlecht gelöst.
Besucherverhalten
2018 besuchten knapp 195 000 Gäste das HFB. Bezogen auf einen Zehnjahreszeitraum (seit 2009) ist ein kontinuierlicher Rückgang an Besuchern von durchschnittlich 1 500 pro Jahr zu verzeichnen. Die höchsten Einzelverluste verzeichnet die Sauna mit rund minus 26 Prozent pro Jahr. Als einzige Nutzergruppe legten die Schulen um knapp 24 Prozent zu. Insgesamt lag die Besuchszahl im Vergleichsjahr 2018 ein Drittel unter dem Branchendurchschnitt mit vergleichbaren Bädern. Anders ausgedrückt: „Die wasserbezogene Auslastung ist in Bornheim zu gering bzw. die vorgehaltene Wasserfläche außen ist im Verhältnis der Besuche zu groß.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Möglich wären der Studie zufolge aufgrund des Einzugsgebietes mit Alfter und Bonn 240 000 bis 255 000 Badegäste pro Jahr. Die Konkurrenzbäder in Brühl, Wesseling und Bonn greifen allerdings „nicht unerhebliche Potenziale“ aus Bornheim ab, sodass an der Attraktivität des HFB gearbeitet werden müsse. Die Experten empfehlen hier etwa eine neue Aufteilung der Becken.
Energieverbrauch und Wirtschaftlichkeit
Im Vergleich zu den niedrigen Jahresbesuchen ist den Experten zufolge der Energieverbrauch zu hoch. Hier müsste ein neues Energiekonzept erarbeitet werden. Parallel zu den Sanierungs- oder Neubauüberlegungen sollten begleitende Wirtschaftlichkeitsermittlungen angestellt werden.
Baumängel
Auch hier ist die Mängelliste lang. Ein paar Beispiele: Vorhandene Fensterkonstruktionen, Fassadenelemente oder die Dachflächen entsprechen nicht mehr den aktuellen energetischen Anforderungen und müssen saniert werden. Des Weiteren liegen Bauschäden an den Außenwänden und Treppen vor, die Großrutsche ist ebenfalls nicht mehr zeitgemäß und sollte gegen eine „zweischalige, gedämmte Konstruktion“ ausgetauscht werden. Empfohlen wird zudem ein separates Rutschenlandebecken in einem eigenen Raum. Mängel gibt es unter anderem noch bei den Leitungssystemen, Abdichtungen, der Wärmeerzeugungsanlage oder der Badewasseraufbereitungsanlage. Bei der Sprungturmanlage werden Sicherheitsabstände nicht eingehalten und die Absturzsicherungen sind nicht regelkonform. Bemängelt wird des Weiteren, dass die Feuerwehr keine freie Zufahrt zum Chlorgasraum hat.
Überführung des Grundstückes
Angesichts der anstehenden Zukunftsinvestitionen hat der SBB eine Stellungnahme der Kölner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO eingeholt, die ebenfalls am Dienstag vorgestellt wird. Dabei gilt es zu überlegen, ob das Grundstück des HFB, das sich im Besitz der Stadt Bornheim befindet, an den SBB AöR (Anstalt öffentlichen Rechts) verkauft werden soll. Bei künftigen Investitionen könnte der SBB dann beispielsweise Vorsteuerabzüge geltend machen. Möglich wäre aber auch ein Leasingvertrag für das Grundstück mit der Stadt. Durch Gründung einer gemeinsamen Kommanditgesellschaft könnte das Grundstück an den SBB übertragen werden. Eine vierte Variante sieht die Einbringung des Grundstückes durch die Stadt in das Vermögen des SBB vor.
Corona
Wie alle anderen Sport- und Freizeiteinrichtungen bleibt laut der aktuellen Corona-Schutzverordnung auch das HFB zunächst bis zum 20. Dezember geschlossen. Schulschwimmen findet aber weiterhin statt. Laut Informationen des SBB wurde der zweite Lockdown bislang für umfangreiche Reinigungsmaßnahmen genutzt und der Freibadbereich winterfest gemacht. Zwei Mitarbeiterinnen unterstützen während der Schließphase die Kollegen der Stadtverwaltung. Zudem hat der SBB die „außerordentlichen Wirtschaftshilfen“ für November beantragt.
Der Verwaltungsrat des Stadtbetriebs Bornheim tagt am Dienstag ab 18 Uhr im Ratssaal im Bornheimer Rathaus, Rathausstraße 2. Die Sitzung ist öffentlich.