Eine Jugendgruppe ist durch ein Unwetter mit Starkregen auf der Insel Grafenwerth in Not geraten. Ihr Glück: Alles nur eine Übung.
Jugendgruppe in NotWasserretter trainieren Horrorszenario auf dem Rhein bei Bad Honnef
Volle Konzentration war von den Einsatzkräften der Wasserwacht gefragt, als sie sich zu einer Großübung in Bad Honnef versammelten. Mit Neoprenanzügen, Verbandsmaterial und Tragen waren die Retter ausgerüstet. Der Wasserrettungszug Süd des DRK-Landesverbandes Nordrhein setzt sich aus Rettungseinheiten des Rhein-Sieg-Kreises, der Stadt Bonn, dem Kreis Euskirchen und der Städteregion Aachen zusammen. Mit sechs Booten machten sich die Kollegen über den Rhein auf den Weg zur Insel Grafenwerth, wo sie ein Übungsszenario erwartete.
Eine etwa 20-köpfige Jugendgruppe soll durch ein Unwetter mit Starkregen in Not geraten sein, so dass sie mit ihrem Zeltlager auf der Insel eingeschlossen seien. Einige hätten versucht, die Insel schwimmend zu verlassen und haben sich dabei unter anderem unter Alkohol- und Drogeneinfluss verletzt. Die authentische Notfalldarstellung durch Laien-Schauspieler wurde vom Jugendrotkreuz des Rhein-Sieg-Kreises organisiert.
Bei der Großübung auf dem Rhein waren ein Sicherungsboot und mehrere Hochwasserboote im Einsatz
Für die Wasserretter hieß es nun, sich schnell einen Überblick über die Lage zu verschaffen, die Uferbereiche nach Verletzten abzusuchen und die Insel möglichst schnell zu evakuieren. Die Waage zwischen schnellen Entscheidungen und bedachter Ruhe zu halten, ist oft leichter gesagt, als getan. Kopf- und Fußverletzungen fanden die Sanitäter vor, viele der Patienten standen unter Schock oder waren unterkühlt. Mittendrin wirbelte die völlig aufgebrachte Gruppenleiterin umher und verbreitete Panik. Und dann torkelten noch zwei junge Frauen mit Weingläsern herum, die scheinbar unverletzt waren, dafür aber umso stärker alkoholisiert. Keine leichte Arbeit für die Sanitäter.
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Martin Schröder, Kreisleiter der DRK-Wasserwacht Rhein-Sieg, übernahm für die Großübung die Einsatzleitung. Mit den Bedingungen war er jedenfalls sehr zufrieden: „Mit dem momentanen Hochwasser ist das auch mal ganz schön. Sonst üben wir immer im Hochsommer bei deutlich niedrigerem Pegel.“
Für die Großübung im Einsatz waren aber etwa ein Sicherungsboot und mehrere Hochwasserboote mit Rollen, die im Normalfall auf überfluteten Straßen gebraucht werden. „Damit haben wir letztens zum Beispiel hundert Schafe in Sankt Augustin evakuiert“, erzählt Schröder, der schon seit 30 Jahren in der Wasserwacht tätig ist und dementsprechend viele Einsätze miterlebt hat.
Schmerzensschreie der Verletztendarsteller sorgten für besorgte Blicke der Passanten
„Viele gehen natürlich leichtsinnig ins Wasser, an Vatertag sind zum Beispiel drei Kanus auf der Agger gekentert“, wie er erzählt. Doch längst nicht immer gehe ein Einsatz glimpflich aus. Seine schlimmste Erfahrung habe Schröder in Swisttal-Odendorf vor fast drei Jahren gemacht. Während der schweren Flutkatastrophe haben zahlreiche Familien ihr Zuhause verloren. „Da sind ganze Häuser weggeschwemmt worden. Das sind Sachen, die bleiben im Kopf“, so Schröder.
Zum Glück lief auf der Insel Grafenwerth ja nur eine Übung, obwohl die Schmerzensschreie der Verletztendarsteller mitunter besorgte Blicke der Passanten auslösten. Als allmählich alle evakuiert waren, fuhren die Einsatzkräfte langsam wieder runter und so etwas wie Entspannung tat sich auf. Just in diesem Moment sprang ein Beteiligter in den Rhein und war der Strömung ausgesetzt. „Person im Wasser!“, rief einer der Wasserwächter, und sofort waren alle wieder in Alarmbereitschaft.
Zwei Männer sprangen von der Anlegestelle in den Rhein, ein Dritter warf ein Seil. „Nicht springen“, rief er aus dem Wasser einem vierten Wasserretter zu, der am nächsten Anleger stand. Die Situation schien unter Kontrolle, nach etwa 200 Metern wurden sie vom Sicherungsboot aufgesammelt. Co-Einsatzleiter Bernd Schreiber hatte die unvorhergesehene Aktion vorbereitet. „Die Aufmerksamkeit darf nie weggehen. Es ist erst Schluss, wenn man wieder zu Hause im Bett liegt.“
Auch Martin Schröder zieht eine positive Bilanz nach der zweieinhalbstündigen Großübung: „Das Zusammenwirken aller Kräfte hat super funktioniert, Chapeau!“ Die Boote einsatzfähig zu machen, müsse laut Schröder allerdings etwas schneller ablaufen. In der Tat dauerte es etwa 15 Minuten, bis zwei Boote mit Trailern zu Wasser gelassen wurden.
Die jüngste Rettungskraft war Lara Lieser. Für die 18-Jährige aus Windeck war es die erste Übung dieser Art, sie war vor allem von der Authentizität der Situation beeindruckt: „Die Darsteller haben sehr gut verdeutlicht, mit was für schwierigen Charakteren man es am Einsatzort zu tun haben kann.“