Zigarettenstummel? Recyceln!Wie Alfter das Problem mit den Kippen lösen will
Alfter – Einfach mal eben weggeschnippt – so schnell landet die gerauchte Zigarette auf dem Boden. Hunderte dieser Stummel, die Raucher achtlos unter der Alma-Brücke im Oedekovener Gewerbepark „entsorgt“ hatten, sammelten Ingeborg Renckendorf und Monika Placke allein in den ersten Minuten ihres Umwelt-Einsatzes an diesem Morgen ein. Aber das war erst der Anfang.
Der Blick in die Sammeltüte der engagierten Seniorinnen ist kein appetitlicher Anblick. Diese Zigarettenstummel sehen aber nicht nur furchtbar aus, sie sind eine hohe Belastung für die Umwelt. Abgesehen davon, dass sie jahrelang nicht verrotten, steckt in ihnen der Giftcocktail, den Raucher üblicherweise inhalieren: Das Nervengift Nikotin. Dieses wirkt bereits beim bloßen Anfassen und ist nur eine von bis zu 7000 toxischen Substanzen, die in einem Zigarettenstummel enthalten sind:. Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Cadmium, Formaldehyd und Benzol gehören ebenso dazu, zählt die pensionierte Biologielehrerin Renckendorf auf.
So ein weggeschnippte Zigarette ist Giftmüll und sollte nicht so enden, dass der Inhalt ins Grundwasser und damit in die Nahrungsmittelkette gelangen kann. Oder anders ausgedrückt: „Eine Zigarette in einem Liter Wasser aufgelöst tötet nach vier Tagen Fische“, erklärt die Umweltaktivistin aus Alfter. Sie ist in der Region bereits durch ihre vor einigen Jahren gegründete Initiative „Plastikmüllfreies Alfter“ bekannt.
Bürgerantrag ist eingereicht
Im Kampf gegen die Kippenstummel hat Renckendorf einen Bürgerantrag beim Alfterer Gemeindeentwicklungsausschuss eingereicht. Dort stellte kürzlich Mario Merella, Gründer und Vorsitzender des Kölner Vereins „Tobacycle“ ein System vor, um weggeworfene Zigarettenstummel zu sammeln und zudem zu verwerten.
Bußgeld
2019 hat das NRW-Umweltministerium einen neuen Bußgeldkatalog vorgestellt. Wer Zigarettenkippen einfach wegwirft, dem droht ein Bußgeld von bis zu 100 Euro. Zuvor waren es 25 Euro. (fes)
Die Politik war angetan von diesem Vortrag. Einstimmig fiel der Beschluss, eine mögliche Einführung des Tobacycle-Systems in der Gemeinde zu prüfen. In einer der kommenden Sitzungen sollen die Prüfergebnisse dem Fachgremium zur Beratung vorgelegt werden.
So funktioniert das System Tobacycle: Der von Morella 2019 gegründete Verein stellt rauchenden Bürgern, Vereinen, Unternehmen oder Kommunen gegen Pfand spezielle Sammeleimer für die Zigarettenreste zur Verfügung. „Tobacycle“ holt diese später ab, tauscht sie gegen leere Behälter aus und führt die gefüllten Behältnisse der Wiederverwertung zu, damit die Kippen nicht mehr mit der Umwelt in Berührung kommen.
Die Gemeinde Alfter könnte selbst eine Sammelstelle für die Zigarettenstummel einrichten, zum Beispiel auf dem Bauhof. Die Initiative aus der Domstadt hat zusätzlich einen wetterfesten Metall-Outdoor-Ascher entwickelt, in dem Raucher ihre Kippen entsorgen können. Dieser Aschenbecher kann an Gebäudewänden oder Masten angebracht werden. Für die Montage fallen je nach Standort zwischen 200 bis 300 Euro an. Einen Sammeleimer gibt es aber nicht nur für Einrichtungen, gegen zehn Euro Pfand sind die Behälter auch für zu Hause erhältlich. Die Sammelbehälter sowie kleine Aschenbecher für die Hosentasche werden aus den recycelten Zigarettenkippen, die zuvor zu spritzfähigem Granulat verarbeitet worden sind, hergestellt. Laut Ingeborg Renckendorf gibt es in Köln bereits 80 solcher Sammelstellen, an denen auch viele Geschäftsleute beteiligt sind, wodurch der Verein innerhalb eines Jahres vier Tonnen dieser Stummel verarbeiten konnte.
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Dr. Malte Thormählen aus Bonn-Duisdorf beteiligte sich an der Aktion. Der Facharzt für Psychiatrie hat in seiner Praxis eine der blauen Sammeltonnen von „Tobacycle“ aufgestellt und ist überzeugt von dem System. Thormälen war selbst Raucher, bis er im Medizinstudium zum ersten Mal schwarze Raucherlungen gesehen hatte. Für ihn ist Nikotin ein stärkeres Suchtmittel als Alkohol oder Heroin. Die Rückfallquote bei ehemaligen Rauchern sei höher als bei anderen Süchten. Daher unterstützt er dieses Sammelsystem auch aus medizinischer Sicht.