Alfter-WitterschlickPfarrkirche St. Lambertus ist bereit für Wiedereröffnung
Alfter-Witterschlick – Altar, Ambo und Taufbecken sehen aus wie neu, die Orgel beeindruckt mit neuem Klang. Noch laufen die letzten Feinarbeiten, bis am morgigen Sonntag zum ersten Mal seit Beginn der Sanierungsarbeiten im April wieder Gläubige eine heilige Messe in der Pfarrkirche St. Lambertus feiern können. Coronabedingt muss allerdings auf eine große Wiedereinweihungsfeier verzichtet werden.
Beleuchtung war die größte Herausforderung
Als letzte große Maßnahme wurde die zweimanualige Orgel, die erst vor 20 Jahren eingebaut worden war, aufwendig saniert. Zuvor war sie monatelang in Plastik gehüllt, um sie vor Staub und Dreck durch die laufenden Bauarbeiten zu schützen. Fachkräfte der Firma Sandtner aus Dillingen an der Donau, die auch im Jahr 2000 das Instrument eingebaut hatten, zerlegten die Orgel komplett, bauten sämtliche Orgelpfeifen aus und wieder ein. Josef Wenzler, Geschäftsführer des Kirchenvorstandes, sprach von einem „äußerst filigranen Handwerk.“ Mittlerweile stehen auch die zuvor über Monate ausgelagerten Sitzbänke wieder an Ort und Stelle. „Dank gilt hierfür der Firma Tonwerke Braun, die eine Lagerhalle zur Verfügung gestellt hatte, so Wenzler. Verantwortlich für die Sanierungsarbeiten war Architekt Achim Ernst, der gemeinsam mit seinem Bruder Markus in Zülpich ein Architekturbüro betreibt, das sich spezialisiert hat auf die Instandsetzung historischer und denkmalgeschützter Gebäude sowie Kirchen.
Als eine der größten Herausforderungen erwies sich die Modernisierung der Beleuchtungsanlage. Die einstigen Pendelleuchten wurden ausgetauscht gegen eine moderne Schienenbeleuchtung, die quer über das Kirchenschiff verläuft und mit LED-Spots versehen ist. Die lassen sich individuell steuern und passen sich so den jeweiligen Gegebenheiten optimal an, erläuterte Architekt Achim Ernst. Installiert wurden zudem eine neue Beschallung sowie ein Beamer, der begleitende Bilder oder Texte auf die Altarwand projiziert zur Untermalung des jeweiligen Gottesdienstthemas.
Alle Anstriche von Wänden und Decken wurden ebenfalls erneuert. Sie mussten zunächst vom Kerzenruß befreit werden, die Wandfarben trugen die Handwerker mit Spezialschwämmen ab, bevor sie dann mit einer modernen mineralischen Anstrichfarbe neu gestrichen worden sind. Die Holzflächen der Deckenverkleidung wurden ebenfalls gereinigt und mit einem beständigen Anstrich versehen. Der ursprüngliche optische Zustand blieb bestehen.
Gereinigt und teilweise ausgetauscht wurden zudem die Kirchenfenster, die seinerzeit von dem bekannten Leverkusener Glasmacher Paul Weigmann (1923 bis 2009) gestaltet worden waren. Weigmann entwarf zahlreiche Kirchenfenster, darunter auch in der Alfterer Pfarrkirche St. Matthäus, dem Bonner Münster, St. Severin in Köln oder in den Domen zu Mainz, Speyer und Paderborn. Die Restaurierung der zerstörten Fensterelemente übernahm eine Fachfirma aus Linnich.
Im Glockenturm sind die alten Leitern durch Stahltreppen ersetzt worden, des Weiteren wurden die schadhaften Fliesen im Kirchenboden erneuert. An sämtlichen Kirchenbänken wurden die Füße neu lackiert und es wurden neue Sitzauflagen angeschafft.
Restauriert wird derzeit noch die „Schwarze Madonna“, die sich in der Marienkapelle von St. Lambertus befindet. Eine Fachfirma aus Köln, die diese Skulptur reinigt, will versuchen, sie wieder in den Originalzustand zu versetzen. Ob das klappt, kann laut Wenzler derzeit noch nicht gesagt werden. Die knapp 70 Zentimeter große Holzskulptur, die Maria mit Kind auf der Weltkugel zeigt, stammt aus dem Jahr 1673, befand sich ursprünglich im Klausenhäuschen, der Witterschlicker Kapelle am Waldrand des Hardtberges. Da es hier mehrfach zu Vandalismus kam, ist im Klausenhäuschen nur noch eine Replik der Madonna zu sehen.
Die Gemeinde
Rund 2100 Katholiken gehören zur Pfarrgemeinde St. Lambertus Witterschlick. Die heutige Pfarrkirche an der Hauptstraße mit ihrem neugotischen Backsteinturm wurde 1877 nach Plänen des königlichen Bauinspektors Jakob Neumann aus Bonn fertiggestellt. Die Benediktion nahm laut der 1903 erschienenen Ortschronik des Hauptlehrers Peter Esser (1872 bis 1909) am 18. November 1877 der damalige Pfarrer Tingart vor. Das Gotteshaus ersetzte den kleinen Sakralbau aus dem 12. Jahrhundert, der an selber Stelle stand.
1944 zerstörten Fliegerbomben die ehemalige dreischiffige Hallenkirche. Nur der Kirchturm blieb verschont. Von 1948 bis 1954 erfolgte der Wiederaufbau. Da die Gemeinde rasch wuchs, erweiterte man 1968 das Gebäude um einen rechteckigen Chorraum.
Den Innenraum zieren neben dem Zelebrationsaltar, dem Ambo und einer Sakramentsstele aus weißem Marmor auch 15 Kreuzwegstationen aus Ton: „Das Material verweist auf die großen Tonvorkommen in der Witterschlicker Region“, schreibt die Mertener Kunsthistorikerin Christel Diesler in ihrem 2012 erschienen Büchlein „Weihnachtskrippen am Rhein und im Vorgebirge.“ (fes)
Über die Renovierung des 1944 durch Fliegerbomben zerstörten Gotteshauses wurde bereits 2008 nachgedacht, informiert Josef Wenzler. Anfänglich gab es die Idee, den Altar ins Zentrum des Neubaus der Kirche zu setzen. Aus finanziellen Gründen wurde dieser Gedanke jedoch verworfen. Jahre später wurde das Sanierungsprojekt dann erneut angegangen, doch die Kirchengemeinde und ihre Vertreter konnten sich lange nicht auf die Details einigen. Das Projekt wurde zugunsten der Sanierung des Klausenhäuschens zurückgestellt. So gingen erneut einige Jahre ins Land, bis 2020 endgültig die Sanierung in Angriff genommen werden konnte. Etwa eine Million Euro sind für die Sanierung von St. Lambertus veranschlagt. Gut 700 000 Euro übernimmt die Erzdiözese Köln, den Rest die Pfarrgemeinde.
Die erste heilige Messe nach Abschluss der Sanierungsarbeiten an St. Lambertus beginnt am morgigen Sonntag, 20. Dezember, um 11 Uhr. Coronabedingt ist eine Anmeldung unter www.pfarreiengemeinschaft-alfter erforderlich.