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Weltsynode der katholischen Kirche„Wir müssen die Jugend mitnehmen“

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Lorenz Dierschke und Martin Zielinski ermuntern Katholiken zur Teilnahme an der Weltsynode.

Rhein-Sieg-Kreis – „Unser Ziel ist es, deutlich zu machen, dass wir als Kirche nicht länger so weitermachen können wie bisher, denn dann sind wir bald bankrott. Wir sind eine Kirche der Grauhaarigen. Wir müssen die Jugend mitnehmen, sonst sind wir ein Auslaufmodell“, betont Lorenz Dierschke aus Rheinbach. Gemeinsam mit Martin Zielinski aus Witterschlick fordert er die Katholiken in der Region auf, bei der „Weltsynode Köln“ mitzumachen und über die Zukunft der Kirche zu diskutieren.

Im Pfarrheim St. Lambertus in Witterschlick informierten die beiden Sprecher des Dekanatsbereichs Rhein-Sieg linksrheinisch, dem gut 78.000 Katholiken angehören, über die von Papst Franziskus initiierte Weltsynode. Auch in Witterschlick sollen die Gläubigen im März Gelegenheit haben, sich einzubringen.

„Sag's dem Papst“

Das Oberhaupt der katholischen Kirche lädt Menschen in aller Welt ein, ihm zu erklären, wie sie sich die katholische Kirche der Zukunft vorstellen. Dafür wurde eine Online-Plattform eingerichtet. Unter dem Motto „Sag’s dem Papst“ können Pfarrgemeinden, Einzelpersonen, Gruppen oder Gremien noch bis zum 18. März teilnehmen. Zuständig für die Region ist das Erzbistum Köln, das Wert auf Transparenz legt: Alle Beiträge sind öffentlich. Die Anregungen werden anschließend ausgewertet und fließen in ein Abschlussdokument, das der Papst spätestens Ende 2023 veröffentlichen möchte.

Zehn Themen, zu denen sich die Menschen äußern können, sind dem Papst besonders wichtig: Zusammen gehen, einander zuhören, frei und offen sprechen, den Auftrag Jesu annehmen und verantworten, in der Ökumene wachsen oder Einfluss haben und nehmen.

Besonders der letzte Aspekt dürfte für Gläubige von großer Bedeutung sein. So auch für Martin Zielinski, Religionslehrer am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium, dem es wichtig ist, mit seinen Schülern über die Weltsynode zu sprechen: „Wir diskutieren sehr intensiv miteinander, da geht es auch schon mal ans Eingemachte.“

Besonders am Herzen liegen den Jugendlichen laut dem 65-Jährigen eine größtmögliche Gleichstellung zwischen Klerikern und Laien, Toleranz in Sachen sexueller Orientierung und Diversität sowie eine stärkere Einbindung von Frauen in seelsorgerische Funktionen – oder wie Dierschke formuliert: „Frauen brauchen mehr Möglichkeiten, sich einzubringen, als für die kfd Kaffee zu kochen! Sie sollten auch liturgische Aufgaben übernehmen. Jeder Mensch ist gleichwertig vor Gott.“

Eine „wichtige Triebfeder“ für die Weltsynode seien laut Dierschke auch die Missbrauchsskandale: „Rom hat gemerkt, dass es nicht nur ein Problem in der deutschen Kirche ist, sondern weltweit. Daher brauchen wir neue Akzente, sonst brechen die Mitgliederzahlen noch stärker ein.“

Harte Kritik an Woelki

Hart ins Gericht gehen Dierschke und Zielinski auch mit Rainer Maria Kardinal Woelki. Er habe sich zunächst gesträubt, diesen Weg der Weltsynode mitzugehen, da es im Erzbistum bereits seit einigen Jahren den pastoralen Zukunftsweg und in Deutschland den synodalen Weg gebe. Aus Sicht der beiden Sprecher des Dekanatsbereiches wollte Woelki vermeiden, sich gemeinsam mit Laien an einen Tisch zu setzen.

Wichtig ist den beiden aber noch etwas anderes: Viele Gläubige würden sich derzeit heimatlos fühlen. Mit dem 2017 gegründeten Dekanatsbereich Rhein-Sieg linksrheinisch soll sich dies ändern: „Wir wollen der Kirche vor Ort wieder ein Gesicht geben.“

Stimmen der Teilnehmer

In den Beiträgen auf der Webseite wird derzeit lebhaft diskutiert, täglich kommen neue Meinungen hinzu. Viele Teilnehmer sind mit dem Gemeindeleben zufrieden und engagieren sich gerne. Kritik richtet sich vor allem an die übergeordneten Ebenen. „Als ‚Hoffender’ macht mir der neue synodale Ansatz Mut. Die Ausgangsposition der katholischen Kirche könnte in Deutschland, besonders im Erzbistum Köln, nicht schwieriger sein“, schreibt ein Nutzer.

In einem anderen Statement heißt es: „Eine Änderung kann nur von der Basis aus geschehen, in den Gemeinden, bei den Menschen, die sich täglich an Jesus erinnern und versuchen, nach seinem Vorbild zu handeln.“

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Userin „Lissy“ meint hingegen: „Mehr Laien einzubeziehen bedeutet noch mehr weltliches Denken bei Entscheidungen. Nein Danke! Das genaue Gegenteil tut Not.“ Der Nutzer „Optimist“ schreibt: „Viele Themen in der Kirche sind nur ökumenisch lösbar.“ „Esperanza“ meint zum selben Thema: „Ökumene erlebe ich bei meinem Engagement in der Flüchtlingshilfe seit Jahren als sehr befruchtend und gelungen.

„Sarah 123“ schreibt: „Kirche hält an veralteten Meinungen und Denkweisen fest. Es ist biologisch bewiesen, dass sexuelle Identität und Präferenzen nachweisbar und erklärbar sind.“ Von „Katholisch in Kerpen“ stammt folgender Eintrag: „Ich erlebe den Umgang mit Konflikten in der Kirche zurzeit als unerträglich. Macht wurde missbraucht und Missbrauch nicht unterbunden.“