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Geschichte des Ausbesserungswerks OpladenVom fortschrittlichen Bau bis zum Niedergang

Lesezeit 4 Minuten
Opladen Ausbesserungswerk Postkarte

Das Ausbesserungswerk auf einer Postkarte

Leverkusen – Wäre nicht seit den späten 1920er Jahren und erst recht nach dem Zweiten Weltkrieg nur auf effektiv und billig geachtet worden, womöglich gäbe es heute noch einige Überreste mehr vom Ausbesserungswerk der Bahn, das im 20. Jahrhundert Opladen zu einer Eisenbahnerstadt machte. Doch Professor Walter Buschmann, der an der RWTH Aachen lehrt und der auf Denkmalschutz im industriellen Bereich spezialisiert ist, konnte dem Werk Opladen da keine besondere Wertigkeit attestieren. „Viele Bauten und Umbauten zeugen von einem ausgesprochen unsensiblen Umgang mit der Architektur“, sagte der Experte bei einem Vortrag im Funkenturm in der Neuen Bahnstadt.

Nur wenige denkmalwerte Fassadenteilen bleiben von den alten Werkhallen des Ausbesserungswerkes erhalten.

Sein Referat fand im Rahmen der Leverkusener Volkshochschul-Reihe „Geschichte im Stadtgebiet“ statt, die mit einer Veranstaltung zur Geschichte von Schloss Morsbroich im Schloss gestartet war und nun eben in der Neuen Bahnstadt an das Ausbesserungswerk erinnerte, das dort bis 2001 in Betrieb war. Allerdings galt Buschmanns Hauptaugenmerk weniger der Wirtschaftsgeschichte Opladens und seines Ausbesserungswerkes, sondern eben den Aspekten des Denkmalschutzes. Und diese Betrachtung konnte für Opladen auch mal ernüchternd ausfallen.

Professor Walter Buschmann hielt seinen Vortrag auf Einladung von Geschichtsverein und VHS im heutigen Funkenturm der Bahnstadt.

Zwar galt das Werk mit seiner in den Jahren 1900 bis 1903 errichteten Wartungshalle für Lokomotiven und seiner 1907 folgenden Wagenhalle in axialer Anordnung – vergleichbar der legendären Zeche Zollverein in Essen – seinerzeit als Modell industrieller Rationalität und wurde als Modell im Verkehrs- und Baumuseum in Berlin ausgestellt, doch im Vergleich zu anderen Industriebauwerken der Bahn waren die architektonischen Ambitionen eher verhalten, wie Buschmann feststellte: „Die Backsteinarchitektur der Fassaden war durchschnittlicher Fabrikstil, eher unaufwendiger, es sollte zweckmäßig und billig sein.“ Schon im nahen Krefeld hatte man sich mit den Fassaden mehr Mühe gegeben.

Shed-Hallen als Besonderheit

Dennoch kann auch Buschmann Besonderheiten in Opladen ausmachen, von den Shed-Hallen der Lok-Halle, die sonst eher in der Textilproduktion vorzufinden waren, über die Beton-Skelett-Konstruktion im Hauptmagazin bis zu den Behältern im Wasserturm, in dem Buschmann nun seinen Vortrag hielt.

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Und die eigene Stromproduktion des Werkes mit 220 PS starken Gasmotoren war seinerzeit schon eine Besonderheit: „Das Kraftwerk hatte es in sich.“

Anfangs wurden Dampfloks, später Elloks, am Ende Triebköpfe von ICE-Zügen wurden in Opladen gewartet.

Aber auch das Ledigenwohnheim mit seinen Vier-Bett-Zimmern für insgesamt 72 Bewohner, ein sozialpolitisches Mittel gegen die seinerzeit in Verruf geratenen „Schlafgänger“. Das Gebäude wird zurzeit, nach vorübergehender farblicher Entstellung, wieder mit auffällig heller Fassade in seinen Urzustand zurück versetzt. Und die Eisenbahnersiedlung in der Opladener Neustadt mit ihrer Block-Randbebauung ohne Hinterhäuser, die stattdessen Mietergärten zum Obst- und Gemüseanbau boten, war auch ein Stück gebauter Fortschritt.

Die Lokhalle war einst das Zentrum des Ausbesserungswerkes.

In den 1920er Jahren erlebte das Bahnausbesserungswerk mit seinen 1000 bis zeitweise 2000 Beschäftigten eine bis dahin beispiellose Rationalisierung, die sich an Henry Fords Fließbandfertigung orientierte. 1930 war es dann mit der Unterhaltung von Lokomotiven in Opladen vorerst vorbei – andere Bahnwerke waren effektiver.

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Fortan wurden Reisewagen der Bahn, Lkw und Motoren gewartet. Nachdem das Ausbesserungswerk im Zweiten Weltkrieg erstaunlich wenige Schäden erlitten hatte – viele Bomben verfehlten ihr Ziel, allein das Kraftwerk musste mit einem neuen, wiederum vorbildhaften Kesselhaus neu aufgebaut werden –, kehrte danach die Lokomotiven-Wartung zurück nach Opladen. Zunächst mit Dieselloks, von 1958 an auch mit Elloks, später noch – 1989 bis 2001 – mit ICE-Triebköpfen.

Grundsaniert und um den Anbau eines Versammlungsraumes ergänzt, ist der Funkenturm heute ein Wahrzeichen der Bahnstadt.

Zeitgemäße Neubauten entstanden, vom Empfangsgebäude des Bahnhofs Opladen über das sehr moderne Stellwerk bis hin zur Kantine des Werkes. Aber es wurden auch alte Gebäude verunstaltet. „Alter Charakter sollte dem modernen Zeitgeist weichen“, umschrieb Buschmann der Stilwechsel. Das ging, architektonisch betrachtet, ruppig daher. So manche Fassade wurde rücksichtslos umfunktioniert. Am Ende blieb wenig übrig, was noch als denkmalwürdig erachtet werden konnte. Das stellte Buschmann fest, als er fünf Jahre nach der Stilllegung des Werkes im Jahr 2003 das Gelände begutachtete.

Das Magazin, der Wasserturm, das Kesselhaus und das Ledigenwohnheim überlebten im Wesentlichen, ein paar kleine Teile von Hallenfassaden, mehr nostalgische Reminiszenz als Baudenkmal, blieben stehen. Schade um die Lokhalle, meint der Experte heute, aber in der Abwägung von Kosten, Nutzen und Wert war auch sie nicht wirklich erhaltbar. So hat sich das Ausbesserungswerk in Opladen letztlich als das erweisen, was es von vornherein war: Als Zweckbau, der zu anderen Zeiten anderen Erfordernissen hat weichen müssen.