Köln – Kardinal Rainer Maria Woelki hat für den Tag seiner Rückkehr ins Amt des Kölner Erzbischofs am 2. März die Teilnahme an einer Messe im Kölner Dom abgesagt. Stattdessen wolle er einen Hirtenbrief und eine Medienmitteilung veröffentlichen, teilte das Erzbistum am Montag mit. Woelki war im September in eine fünfmonatige Auszeit gegangen, nachdem ihm Papst Franziskus „große Fehler” vorgeworfen hatte. Gegen seine Rückkehr gibt es im größten deutschen Bistum massive Widerstände.
Vor einigen Wochen hatte das Erzbistum noch angekündigt, dass Woelki am Tag seiner Rückkehr den „Aschermittwoch der Künstler” zelebrieren werde, eine traditionelle Messe im Dom. Jetzt hieß es: „Der Kardinal möchte nicht, dass dieses wertvolle Ereignis von den aktuellen kirchenpolitischen Spannungen überschattet wird. Er möchte die Künstlerinnen und Künstler, die er sehr schätzt, vor weiteren Polarisierungen schützen.” Auch seine Teilnahme an einem ökumenischen Gottesdienst in Düsseldorf am 5. März hat Woelki abgesagt.
Der Vorsitzende des Diözesanrats - der Laienvertretung des Erzbistums -, Tim Kurzbach, reagierte kritisch auf die Mitteilung. „Wir haben heute plötzlich und unerwartet über eine Pressemitteilung erfahren, dass Kardinal Woelki am 2. März sein Amt wieder antreten möchte”, sagte der Solinger Oberbürgermeister (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. „Wir fragen uns: Kann ein Bischof wirklich nur über Briefe und Pressemitteilungen agieren und muss er sich nicht doch mitten in den Dom stellen und mit seinen Gläubigen sprechen? Ein Bischof, der dieses direkte Gespräch verweigert - ist der dann eigentlich noch Bischof?”
Der Kirchenrechtler Thomas Schüller interpretierte die Mitteilung ebenfalls so, dass Woelki am 2. März tatsächlich zurückkommen wolle. Die gleichzeitige Absage der Messe mache deutlich, wie seine künftige Amtsführung aussehen werde: „Ein Erzbischof, der nirgends ohne Angst und Probleme öffentlich mehr auftreten kann, selbst seinen ureigensten Verpflichtungen im liturgischen Bereich nicht mehr nachkommen kann. Welchen Sinn macht das?” Umfragen zeigten, dass Woelki keinerlei Rückhalt mehr im Erzbistum habe. „Ein Erzbischof ohne Volk - das ist im Bauplan der katholischen Kirche nicht vorgesehen und ein Widerspruch in sich”, sagte Schüller der Deutschen Presse-Agentur. „Der Kardinal stellt sein persönliches Wohlergehen, seine Karriere vor die Sorgen und Nöte seiner Gläubigen.”
Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche” erklärte, es sei „schlicht nicht vorstellbar”, dass Woelki am 2. März seine Amtsgeschäfte wieder aufnehme. Man müsse jetzt klar Farbe bekennen. „Jeder verlorene Tag dieser Agonie, jede Verschleppung bedeuten weitere Verluste und Verhinderung eines befreienden Neuanfangs, den alle so dringend benötigen.” Die Bewegung forderte den Vatikan auf, Weihbischof Rolf Steinhäuser - an den Woelki die Amtsgeschäfte während seiner Auszeit übergeben hatte - damit zu beauftragen, ein Auswahlverfahren für die Nachfolge des Erzbischofs einzuleiten.
Woelki hatte 2020 eine Vertrauenskrise ausgelöst, als er sich entschied, ein Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs nicht zu veröffentlichen. Er führte rechtliche Gründe dafür an. Danach verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem als ebenso konservativ wie verschlossen geltenden Kardinal und den Gremien des Erzbistums immer weiter. Die Zahl der Kirchenaustritte in Köln ist stark in die Höhe geschnellt.
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