Seoul – In eindrücklicher Weise hat ein Australier, der im vergangenen Jahr in Nordkorea festgenommen worden war, über die Verhörmethoden und die Drohungen der nordkoreanischen Behörden während seiner neuntägigen Haftzeit berichtet. Ihm sei unter anderem mit einer Exekution durch ein Erschießungskommando gedroht worden, schrieb der Student Alek Sigley im britischen „Guardian“.
Sigley war einer von wenigen westlichen Studenten in Nordkorea. Er studierte moderne koreanische Literatur an der Kim-Il-Sung-Universität in Pjöngjang, als er im Juni 2019 auf einmal spurlos verschwand. Wie sich später herausstellte, war er wegen mutmaßlicher Spionage festgenommen worden. Nach neun Tagen in einer Zelle wurde der 30-Jährige freigelassen und des Landes verwiesen.
Foto auf Instagram wurde ihm zum Verhängnis
Dem Studenten wurde unter anderem die Veröffentlichung eines Bildes auf der Onlineplattform Instagram zur Last gelegt, auf dem ein Spielzeug-Panzer zu sehen war mit der Aufschrift „Lasst uns die US-Imperialisten, den ewigen Feind des koreanischen Volkes, ausrotten“. Daraus sei ihm der Vorwurf der Militärspionage gemacht worden, heißt es in Sigleys am Mittwochabend auf der Internetseite des „Guardian“ veröffentlichten Bericht.
Er sei an der Universität festgenommen und in einem Mercedes-Benz mit einer schwarzen Plastiktüte, die das Nummernschild bedeckte, in ein Verhörzentrum gebracht worden. Ein Nordkoreaner habe begonnen, ihn anzuschreien, schreibt Sigley. „Glaubst Du, Trump oder Pompeo werden deinen armseligen Arsch retten?“, erinnert sich Sigley an die Aussagen seines Gegenübers.
Mit Hinrichtung durch das Erschießungskommando gedroht
Er sei „in einem von der Außenwelt völlig abgeschnittenen Raum“ verhört worden, ohne Zeitgefühl, da das Licht ständig eingeschaltet war und es keine Uhr gab, heißt es in dem Artikel weiter. „Jeden Tag musste ich erzwungene Geständnisse meiner 'Verbrechen' schreiben, die mit der Zeit nur noch phantasievoller wurden.“ Als er die Anschuldigungen abstritt, „begannen sie mich anzuschreien und erinnerten mich daran, dass ich die Hinrichtung durch das Erschießungskommando erleben könnte“.
Da Australien keine diplomatische Vertretung in Pjöngjang hat, wandte sich das Land nach dem Verschwinden von Sigley an Schweden, das bereits in anderen Fällen diplomatischen vermittelt hatte. Sigley wurde letztlich mit Hilfe aus Stockholm freigelassen - aus „humanitärer Nachsicht“, wie Pjöngjang angab.
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Für Sigley war Nordkorea vertraut: Er organisierte Reisen in das isolierte Land und heiratete dort 2018 seine japanische Frau. Er spricht fließend Koreanisch und hatte Artikel publiziert sowie unpolitische Inhalte über das tägliche Leben in dem weitgehend isolierten Land in Onlinenetzwerken veröffentlicht, unter anderem über die Gastronomieszene. (afp)