Nach Trumps Wiederwahl steigt die Sorge um seine unberechenbare Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere in Bezug auf die Ukraine-Krise und sein erwarteter Fokus auf China.
Das große ZitternWas nach Trumps Wiederwahl auf die Welt zukommen könnte
Innerhalb von 24 Stunden, so versprach es Donald Trump im Wahlkampf, könne er den Krieg in der Ukraine beenden. Seit er die US-Präsidentschaftswahl gewonnen hat, fürchten sich viele vor einem seiner berüchtigten „Deals“. Dass Trump die Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland in gleichem Ausmaß unterstützen wird wie der amtierende Präsident Joe Biden, gilt als unwahrscheinlich. So ganz allerdings weiß niemand genau, was Trump vorhat, vermutlich nicht einmal er selbst – es war vor allem seine Unberechenbarkeit, die seine erste Amtszeit geprägt hat.
Das ist nicht nur für die Europäer, sondern übrigens auch für Wladimir Putin ein Problem. Deshalb ist trotz des Trump-Sieges noch längst nicht gesagt, dass sich der Republikaner wirklich mit dem russischen Präsidenten über die Köpfe der Ukrainer hinweg auf einen wie auch immer gearteten Waffenstillstand einigen wird. Diese Faktoren könnten in Trumps künftiger Ukraine-Politik eine Rolle spielen:
„Project 2025“
Das sogenannte „Project 2025“ geistert seit dem Wahlkampf wie ein reaktionäres Schreckgespenst durch die Debatten. Dabei handelt es sich im Kern um ein 900 Seiten starkes Strategiepapier des ultrakonservativen Thinktanks Heritage Foundation, wie die kommende Präsidentschaft vor allem die Exekutive in national-konservativem Sinne umbauen sollte. Im Abschnitt „Verteidigung“ heißt es darin: „Die mit Abstand größte Gefahr für die Sicherheit, Freiheit und den Wohlstand der Amerikaner geht von China aus.“ Dass die USA künftig ihren Blick weniger auf Europa als auf den Pazifik richten, galt auch im Fall eines Harris-Siegs unter Experten als ausgemacht.
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Die Heritage Foundation fordert in ihrem Projekt 2025 nun eine Lastenteilung zwischen den USA und ihren Verbündeten: Während die einen sich mit den USA um China kümmern, halten die anderen in Europa Russland in Schach, so die Idee. Die Europäer sollen stärker konventionell aufrüsten und damit ihre eigene Verteidigung organisieren, während die USA ihre Truppen in Europa reduzieren, aber den nuklearen Schutzschirm für die Verbündeten erhalten. Das ist im Kern das, was auch Trump fordert, wenn auch in drastischeren Worten und unter der Androhung, die Beistandsklausel aus Artikel fünf von der Höhe der Verteidigungsausgaben abhängig zu machen.
Dazu passt, was zuletzt das Wall Street Journal unter Berufung auf eine Quelle in Trumps Team berichtete: Demnach könnte Trump das Aufrechterhalten der Waffenlieferungen an die Bedingung koppeln, dass die Ukraine in den nächsten 20 Jahren nicht der Nato beitritt. Der Plan sieht demnach außerdem das Einfrieren der Frontlinie vor. Für die Ukraine hätte das dramatische Folgen: Nicht nur verlören sie auf lange Zeit die jetzt von den Russen besetzten Gebiete, auch ihre angestrebte Westbindung wäre damit hinfällig.
Der Faktor Elon Musk
Tesla-Chef Elon Musk soll für einen Posten innerhalb der Trump-Regierung vorgesehen sein – für welchen, ist unklar. Prophylaktisch drohte der künftige Vize-Präsident J.D. Vance, die USA würden aus der Nato austreten, wenn die Europäer Musk und seinen Kurznachrichtendienst X nicht mit ihrem Digitalgesetz in Ruhe ließen. Auch wenn das derzeit kaum vorstellbar ist, spielt Musk mit seinem Satellitensystem Starlink schon lange eine wichtige Rolle in der ukrainischen Verteidigung. Die Ukrainer nutzen Starlink zur Kommunikation auf dem Schlachtfeld und steuern damit auch Drohnen. Entzieht Musk der Ukraine den Zugang, kann sie sich kaum mehr wirksam verteidigen. Zuletzt hat Musk Berichten zufolge aber dem ukrainischen Präsidenten Selenskyi die weitere Nutzung zugesagt.
Die Folgen für Nato und Europa
In den kommenden Wochen und Monaten dürften noch viele Pläne und Theorien zu möglichen Szenarien kursieren. Was Trump schließlich tun wird, wenn er als Präsident vereidigt ist: derzeit völlig unklar. Mit seinen früheren Äußerungen zur Nato hat er allerdings schon klargemacht, dass er das Bündnis nicht als Wertegemeinschaft versteht, sondern wie einen Businessdeal – beschützt wird, wer genug zahlt. Der Druck auf die Europäer, ihr Zahlungsverhalten anzupassen, dürfte daher weiter steigen.
Auch der Fokus auf China zwingt die Europäer zunehmend zu mehr Verantwortung im Verteidigungsbereich. Sie müssen konventionell aufrüsten und insbesondere Deutschland seine Bundeswehr auf Vordermann bringen. Überraschend kommt das alles nicht – wie aber Trump den Krieg in der Ukraine beenden will, ob ihm das gelingt und welche Auswirkungen das auf den Frieden in ganz Europa hat, das alles ist weiter völlig unklar.