Mit unterschiedlichen Ansätzen beabsichtigen Union, SPD und Grüne im Wahlkampf, die deutsche Automobilindustrie zu unterstützen. Experten betonen die Notwendigkeit von klaren Richtlinien.
WahlkampfWie die Parteien der Autobranche helfen wollen
Es ist nicht nur Weihnachtszeit, es ist auch Wahlkampfzeit. In dieser Woche haben unter anderem Union, Grüne und SPD ihre Wahlprogramme respektive Entwürfe vorgelegt – die drei Parteien mit der größten Wahrscheinlichkeit, dass sie in eine Regierung einziehen.
Eine der wichtigsten Hausaufgaben für die nächste Bundesregierung wird sein, die Wirtschaft in Deutschland wieder zum Wachsen zu bringen. Gerade die Autohersteller, allen voran VW und Ford, stecken in massiven Schwierigkeiten. Was wollen also Union, SPD und Grüne für die Branche tun? Und was sagen Experten dazu?
Das will die Union
Die Union schreibt, dass sie sich zur Autoindustrie bekenne. Das sogenannte Verbrennerverbot, das vorsieht, dass ab dem Jahr 2035 in der EU Motoren kein Kohlendioxid mehr ausstoßen dürfen, will sie rückgängig machen. Eine Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte lehnen CDU und CSU, die mit Friedrich Merz ins Rennen um das Kanzleramt ziehen, nicht grundsätzlich ab, dafür aber Strafzahlungen für die Hersteller.
Außerdem wollen die Schwesterparteien einen „angemessen“ Ausbau der Ladeinfrastruktur. Gleichzeitig stellen sie klar: „Wir stehen für Technologieoffenheit.“ So steht im Wahlprogramm: „Neben der Elektromobilität sollen alle klimafreundlichen Möglichkeiten für alternative Antriebe und energieeffiziente Kraftstoffe genutzt werden.“ Demnach zählen etwa E-Fuels, Wasserstoff und nachhaltige Biokraftstoffe dazu. Eine Prämie oder andere staatliche Anreize für den Kauf eines Batterie-Pkw stellt die Union nicht in Aussicht.
Das will die SPD
Die Partei des amtierenden Kanzlers will mithilfe einer zeitlich befristeten Steuererleichterung den Verkauf von E-Autos ankurbeln. „Das ist einfach und unkompliziert umsetzbar: kaufen, bei der Steuer angeben, Zuschuss direkt aufs Konto“, heißt es im Wahlprogramm.
Es gibt aber eine Einschränkung: Der Steuervorteil soll nur für in Deutschland produzierte Fahrzeuge gelten. Deshalb fordern die Sozialdemokraten von Brüssel, kurzfristig eine entsprechende Initiative für die ganze EU vorzulegen oder die Freigabe einer solchen deutschen Lösung zu erteilen.
Das wollen die Grünen
Die Partei um Kanzlerkandidat Robert Habeck setzt vor allem auf staatliche Subvention, um für neuen Schwung auf dem E-Auto-Markt zu sorgen. Dabei nimmt sie gezielt ein weniger finanzstarkes Klientel ins Auge. So heißt es im Wahlprogramm: „Den Umstieg auf die E-Mobilität wollen wir für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen fördern, gerade im ländlichen Raum.“
Die Grünen möchten jedem Käufer eines vollelektrischen Autos ein Ladegutschein von 1000 Euro auf den Weg geben, unabhängig vom Einkommen. Das Guthaben soll es für den Kauf von neuen und gebrauchten Autos geben.
Für Menschen in den unteren bis mittleren Einkommensklassen stellen die Grünen eine steuerliche Förderung in Aussicht. Zudem wollen sie ein Social-Leasing-Modell einführen. Von den Fördermaßnahmen sollen aber nicht Verbraucher profitieren, sondern die gesamt „europäische Autowirtschaft“. Gefördert werden sollen nämlich nur Fahrzeuge aus europäischer Produktion, damit nicht am Ende auch dies der Konkurrenz in China nützt.
Das sagen Fachleute
Beatrix Keim ist nicht so richtig überzeugt von den Plänen der Union. „Die Autoindustrie braucht unbedingt klare Vorgaben“, sagt die Auto-Expertin vom Forschungsinstitut Center Automotive Research (CAR) in Duisburg. „Wir dürfen von den CO2-Grenzwerten nicht wieder Abstand nehmen.“ Die Hersteller hätten sich darauf eingestellt.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Stefan Bratzel, Direktor des Centers of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. Insbesondere die Autobranche benötige Planungssicherheit, sagt er. „Bei der Union hat man manchmal den Eindruck, dass das Thema Wettbewerbsfähigkeit unterschätzt wird.“ Global setze sich die Elektromobilität durch. Das Verbrenner-Aus abzuschaffen, würde den Autobauern nur schaden, kritisiert Bratzel. Der Forderung, Strafzahlungen abzuschaffen, kann Expertin Keim aber grundsätzlich etwas abgewinnen. Stoßen die Autobauer zu viele Emissionen aus, müssen sie zahlen. Angesichts der angespannten Lage der Branche regt Keim an, diese Regelung auf EU-Ebene zu überdenken: „Alle großen Autohersteller in Europa haben wirtschaftliche Probleme.“ Kaufanreize für E-Autos begrüßt Keim. „Ich gehe fest davon aus, dass eine Prämie zu steigenden Absatzzahlen führen wird.“ Gerade eine Förderung, die sich gezielt an das Haushaltseinkommen richtet, hält sie für hilfreich. Interessant sei das „Sozial-Leasing“, wie es die Grünen wollen. Ein vergleichbares Programm existiert etwa in Frankreich. Dort unterstützt der Staat Haushalte, deren Referenzeinkommen maximal 15400 Euro pro Jahr beträgt, mit bis zu 13000 Euro pro geleastem Elektrofahrzeug.
Skeptisch betrachtet sie den Vorschlag der SPD, ausschließlich in Deutschland produzierte E-Autos zu fördern. Damit würde man den heimischen Herstellern mit Standorten im europäischen Ausland schaden. Subventionen für Fahrzeuge, die in der EU hergestellt werden, erachtet Keim dagegen für sinnvoller. „Das schafft Anreize für Hersteller aus Nicht-EU-Ländern in Europa zu investieren und würde auch die europäische Zulieferfirmen stärken.“