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Folgen der EuropawahlDas Gift des Nationalismus wirkt schleichend

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Die Flaggen der Europäischen Union, ihrer Mitgliedsstaaten sowie der Ukraine wehen vor dem Gebäude des Europäischen Parlaments.

Die Flaggen der Europäischen Union, ihrer Mitgliedsstaaten sowie der Ukraine wehen vor dem Gebäude des Europäischen Parlaments.

Europa wird um eine Kurskorrektur bei den politischen Prioritäten nicht herumkommen. Thomas Ludwig über die Folgen der Europawahl für die EU.

Die EU ist bei den Wahlen zum Europäischen Parlament mit einem blauen Auge davongekommen. Dem Erstarken von EU-Skeptikern und -Feinden zum Trotz haben Christ- und Sozialdemokraten sowie Grüne und Liberale – sprich: die Europa wohl gesonnenen Parteien – gemeinsam eine absolute Mehrheit. „Noch“, muss man jedoch warnend hinzufügen.

Die Gemeinschaft hat sich mit dem Wahlergebnis Zeit erkauft. Sollte es nicht gelingen, den Sorgen und Nöten der Menschen endlich politisch Rechnung zu tragen, wird sich das Gift des Nationalismus in den nächsten fünf Jahren weiter verbreiten und die EU schleichend noch weit mehr verändern, als es ohnehin bereits geschehen ist.

Europa wird um eine Kurskorrektur bei den politischen Prioritäten nicht herumkommen. Der erzielte Asyl-Kompromiss dürfte zur Bewältigung der Überforderung durch Migration noch nicht das letzte Wort gewesen sein. Der Umbau der Wirtschaft zur Klimaneutralität darf nicht länger auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit gehen.

Und auch der Sorge von Otto Normalbürger, finanziell überfordert und von sozialem Abstieg bedroht zu sein oder gar in einen Krieg mit Russland gezogen zu werden, wird die Politik entkräften müssen. Bei all dem wird zudem darauf zu achten sein, dass rechtsnationale Regierungen nicht den liberalen Rechtsstaat schleifen.

Wenn Ursula von der Leyen daran als Chefin der EU-Kommission in einer zweiten Amtszeit mitwirken will, so ist das nach dem Wahlergebnis nur legitim. Erteilt sie dem Liebäugeln mit rechtsnationalen Kräften eine Absage, wird sie auch die Stimmen von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen im EU-Parlament zur Bestätigung bekommen. Was bei aller Kritik für von der Leyen spricht: Sie ist beseelt vom europäischen Projekt und nicht verdächtig, die EU schwächen oder gar abwickeln zu wollen.

In jedem Fall sollten Parlament und Mitgliedstaaten die nun anstehenden Personalentscheidungen für die europäischen Top-Jobs nicht in die Länge ziehen. Die EU muss handlungsfähig bleiben.

Entweder finden die Europäer nun zügig gemeinsame Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit. Oder aber das Projekt der Friedens- und Wohlstandsgemeinschaft EU droht an ein Ende zu gelangen. Jedes einzelne Mitgliedsland – große Wirtschaftsnationen wie Deutschland zumal – wird dafür dann einen hohen Preis zahlen. Und die Putins dieser Welt lachen sich ins Fäustchen.