CDU-Politikerin Julia Klöckner stellt nach der Attacke von Aschaffenburg klar: Es kann keinen Koalitionsvertrag ohne die Lösung der Flüchtlingskrise geben. Zudem stellt sie sich hinter die Forderungen von Friedrich Merz und macht der Regierung schwere Vorwürfe.
CDU-PolitikerinIst die Ampel bei der Migration gescheitert, Frau Klöckner?
Schon im Kabinett von Angela Merkel war Julia Klöckner Bundesministerin und sie steht bei einer möglichen CDU-geführten Bundesregierung vor einem Comeback. Die 52-jährige Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz zur Bundestagswahl verteidigt im Interview mit Rena Lehmann die angekündigte Wende von Friedrich Merz in der Asylpolitik und appelliert an SPD und Grüne, seinen Knallhart-Migrationskurs mitzugehen. Kann ihre Partei damit bei den Wählern Punkten?
Frau Klöckner, Friedrich Merz hat als Reaktion auf die Messerattacke in Aschaffenburg angekündigt, dass er bei einer Wende in der Migrationspolitik keine Kompromisse machen wird. Hat er da nicht zu viel versprochen?
Die Summe dieser Fälle hat unsere Gesellschaft verändert. Wir brauchen weder weitere Ankündigungen noch Betroffenheitsrhetorik. Es darf keinen Koalitionsvertrag geben ohne die Lösung der Flüchtlingskrise. Ein konsequentes Vorgehen in der Migrationspolitik haben wir als Union mit zahlreichen Vorschlägen mehr als einmal der Bundesregierung unterbreitet, selbst mit konkreten Gesetzesformulierungen. Die Ampel hat die Notwendigkeit verneint, es als Populismus abgetan und immer wieder geblockt. Ein unverantwortlicher Reflex. Gerade SPD und Grüne müssen endlich bereit sein, hier auch wirklich einen Kurswechsel vorzunehmen.
Die Ampel hat härtere Asyländerungen vorgenommen als die Union in ihrer Regierungszeit...
Sie weigern sich, unbegrenzte Ausreisearreste für jene anzuordnen, die kein Bleiberecht haben, aber nicht gehen wollen, selbst für die, die kriminell sind und als Gefährder gelten. Sie weigern sich, Menschen, die gar nicht in unser Land kommen dürfen, an der Grenze zurückzuweisen. Dieses Zuschauen geht einfach nicht mehr. Unsere Bevölkerung ist ja wirklich solidarisch, aber sie ist nicht blöd.
Sie selbst haben nach der Tat geschrieben: ,Es sind immer Männer. Nicht Frauen.‘ Was wollen Sie damit sagen?
Erwiesenermaßen gibt es öfter ein Gewaltproblem von zugewanderten Männern als von zugewanderten Frauen. Natürlich nie von allen, und man kann auch nicht pauschal eine Gruppe in eine Schublade stecken. Aber die Summe der oft als „Einzelfälle“ bezeichneten Angriffe, macht deutlich: Viele Männer, oft radikalisiert, aus patriarchalisch geprägten Gesellschaften, leben hier, obwohl sie unsere Lebensweise ablehnen. Sie lehnen auch die Gleichberechtigung von Frauen ab. Es kann doch nicht sein, dass die, die angeblich vor Gewalt flüchten, dann selbst Gewalt in unser Land bringen. Da kann man doch nicht einfach beschwichtigend zusehen. So etwas muss kein Land der Welt erdulden.
Wird aus „Wir schaffen das?“ jetzt das Eingeständnis, dass wir es eben nicht geschafft haben?
So, wie Rot und Grün es machen, geht es auf keinen Fall: ungebremst, ungeordnet und ohne Konsequenzen bei illegaler Migration. Wie man anhand der Statistikzahlen nachlesen kann: Unter der Unions-Regierung ist die Zuwanderung bis 2020 gesunken.
Zuletzt sind die Zahlen auf 230.000 Menschen 2024 zurückgegangen. Hat die Ampel-Koalition da nicht etwas richtig gemacht?
Unter der Ampel ist sie anfangs erst wieder angestiegen, sie lag sogar höher als 2015/16. Und nicht nur wegen des russischen Angriffskrieges. Wenn man den Familiennachzug intensiviert und Extra-Kontingente freiwillig aufnimmt, die Bezahlkarte nicht einführt und weiter Geld zahlt, selbst bei Ausreisepflichtigen, die sich weigern zu gehen, wenn an den Grenzen nicht jene zurückgewiesen werden, die gar nicht unser Land betreten dürfen, dann müssen die Konsequenzen die Kommunen ausbaden. Wohnraum, Kita- und Integrationsplätze sind knapp. Die Kosten und Integrationsprobleme steigen, die Überforderung ist offensichtlich.
Die AfD sagt: Nur mit ihr könne die Union eine andere Migrationspolitik umsetzen. Alice Weidel hat Friedrich Merz dafür eine Zusammenarbeit angeboten. Was antworten Sie?
Die AfD sagt viel und Widersprüchliches. Unabhängig davon, ist klar, wir werden nicht mit dieser putinfreundlichen und EU-feindlichen Partei koalieren. Sie verbrüdert sich mit Diktatoren, die unsere Freiheit bedrohen, und hat einen Blick auf Mensch, dass es einem kalt den Rücken runterläuft, selbst über Menschen mit Behinderungen macht sie sich lustig. Die Partei gilt in Teilen als gesichert rechtsextrem. Die Verantwortung für eine Wende in der Migrationskrise muss von den Parteien der Mitte wahrgenommen werden. Wir müssen für eine geordnete Migration sorgen, die EU-Außengrenzen und die deutschen Binnengrenzen schützen, und wir brauchen klare Regeln beim Aufenthaltsrecht. Wenn Herkunftsländer sich weigern, ihre Leute zurückzunehmen, muss umgekehrt auch gezahlte Entwicklungshilfe gestrichen werden.
Abschiebungen sind ja Ländersache und in vielen Bundesländern regieren CDU-Ministerpräsidenten. In Bayern, wo nun diese schreckliche Tat passiert ist, regiert die CSU...
Dieser Mann wäre längst in einem Abschiebearrest gewesen, wenn unsere Unions-Maßnahmen nicht von der Ampel blockiert worden wäre.