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Interview

Probleme an Schulen
„Corona-Folgen tragen zu Gewalt bei“

Lesezeit 2 Minuten
Ein Schüler drückt auf dem Schulhof eines Gymnasiums einen anderen Schüler zu Boden (gestelltes Illustrationsfoto).

Die Mehrheit der Schüler in Deutschland hat einer Untersuchung zufolge Ausgrenzung, Hänseleien oder körperliche Gewalt erlebt.

Schulen leiden unter dem Problem der steigenden Gewalt. Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz äußert sich über die Probleme und ihre Ursachen.

Fabian Schön ist neuer Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz – der wichtigsten Interessenvertretung der rund elf Millionen Schüler in Deutschland. Im Interview mit Marie Busse erzählt der 17-jährige Gymnasiast aus Brandenburg, was an Schulen besser werden muss.

Die Zahl der Gewaltdelikte an deutschen Schulen hat zugenommen. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 27000 Delikte registriert, das sind deutlich mehr als 2022. Können sich Schüler an deutschen Schulen sicher fühlen?

Grundsätzlich fühlen wir Schülerinnen und Schüler uns an deutschen Schulen weiterhin sicher. Allerdings sind die steigenden Zahlen von Gewaltdelikten besorgniserregend. Denn auch das vermehrte Auftreten von psychischer Gewalt und Gewalt im digitalen Raum tragen zunehmend zur Unsicherheit bei.

Was sind die Ursachen für den starken Anstieg der Gewaltdelikte an Schulen?

Ein wesentlicher Faktor sind die psychischen Folgen der Corona-Pandemie. Viele Schülerinnen und Schüler haben in dieser Zeit stark gelitten, was sicherlich auch zu einer Zunahme solcher Delikte beigetragen hat. Das ist sicher nicht der einzige Grund, aber es spielt eine große Rolle.

Was muss an Schulen besser werden, damit die Polizei nicht mehr so häufig eingreifen muss?

Wir sind fest davon überzeugt, dass viel mehr präventiv gearbeitet werden muss. Es braucht mehr Aufklärung und Unterstützung für Schülerinnen und Schüler – sowohl im Unterricht als auch außerhalb. Workshops zu Themen wie Gewaltprävention, sexualisierte Gewalt und psychische Gesundheit sollten Standard werden. Zudem müssen Anlaufstellen sowohl in der Schule als auch im digitalen Raum geschaffen werden, wo sich betroffene Schüler anonym Hilfe holen können.

Sie haben ja bereits Hilfsangebote angesprochen. Wissen Schüler, wo sie Hilfe bekommen, wenn sie Gewalt erfahren?

Es gibt zwar Anlaufstellen, aber unserer Auffassung nach sind diese oft nicht gut genug kommuniziert. Viele Schülerinnen und Schüler wissen gar nicht, wohin sie sich wenden können. Außerdem sind Schulsozialarbeiter häufig überlastet, weil sie für mehrere Schulen gleichzeitig zuständig sind. Es braucht hier einen deutlichen Ausbau der Personalkapazitäten. Wo das nicht möglich ist, könnten multiprofessionelle Teams, die sich speziell um solche Vorfälle kümmern, helfen.

Mehr Gewalt ist eines von vielen Problemen an Schulen. Was sind andere drängende Probleme?

Ein großes Anliegen ist für mich die mentale Gesundheit von Schülerinnen und Schülern. Darauf muss viel mehr geachtet werden. Ein weiteres großes Problem ist der Zustand der Schulen in Deutschland. Es gibt einen enormen Sanierungsstau. Viele Schulen haben Risse in den Wänden oder sogar Schimmel. Das sind keine Bedingungen, unter denen Schülerinnen und Schüler lernen sollten.