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Fußgängerzone kommtWie die Oxford Street zu neuem Leben finden soll

Lesezeit 4 Minuten
London: Dieses undatierte, vom Büro des Londoner Bürgermeisters herausgegebene Foto zeigt eine computergenerierte künstlerische Darstellung einer Fußgängerzone in der Oxford Street. Die berühmte Londoner Einkaufsstraße Oxford Street soll teilweise zu einer Fußgängerzone werden.

London: Dieses undatierte, vom Büro des Londoner Bürgermeisters herausgegebene Foto zeigt eine computergenerierte künstlerische Darstellung einer Fußgängerzone in der Oxford Street. Die berühmte Londoner Einkaufsstraße Oxford Street soll teilweise zu einer Fußgängerzone werden.

Mit der Umwandlung der Oxford Street in eine Fußgängerzone will Londons Bürgermeister Sadiq Khan die heruntergekommene Einkaufsmeile revitalisieren und die Besucherzahlen steigern.

Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan und die Wohnungsbauministerin Angela Rayner suchten sich einen Platz mit Aussicht aus, um die Pläne für die Londoner Oxford Street zu verkünden. Die Labour-Politiker blickten vergangene Woche von einem Dach eines Kaufhauses direkt hinab auf die berühmte Einkaufsmeile, durch die sich täglich rund eine halbe Million Menschen und darüber hinaus Taxis und Busse schieben. Britische Traditionswarenhäuser wie John Lewis oder Marks & Spencer haben hier ihre Flagshipstores, ihre Vorzeigeläden; im Winter bewundern Touristen die golden schimmernde Weihnachtsbeleuchtung.

Doch der Ruf der Straße als luxuriöses Shoppingziel steht seit einiger Zeit im Widerspruch zur heruntergekommenen Realität. Einige Geschäfte stehen leer, ikonische Londoner Shops wurden durch zweifelhafte amerikanische Süßwarenläden ersetzt, die Besucherzahlen gingen zurück.

Ein Kilometer soll für Verkehr komplett gesperrt werden

Mit einer Verkehrsberuhigung will Bürgermeister Sadiq Khan der Straße nun zu altem Glanz verhelfen. „Die Oxford Street war einst das Kronjuwel des britischen Einzelhandels, aber zweifellos hat sie in den letzten zehn Jahren enorm gelitten“, sagte er. Eine revitalisierte und verkehrsberuhigte Oxford Street würde die Besucherzahlen erhöhen, neue Arbeitsplätze schaffen und das Wachstum in London und ganz Großbritannien ankurbeln, teilte das Londoner Rathaus mit.

London: Ein Blick auf den Oxford Circus im Zentrum Londons. Die berühmte Londoner Einkaufsstraße Oxford Street soll teilweise zu einer Fußgängerzone werden.

London: Ein Blick auf den Oxford Circus im Zentrum Londons. Die berühmte Londoner Einkaufsstraße Oxford Street soll teilweise zu einer Fußgängerzone werden.

Die Pläne sehen vor, einen etwas mehr als einen Kilometer langen Abschnitt zwischen Oxford Circus, der ikonischen Kreuzung Londons, und Marble Arch, dem Monument aus weißem Marmor, komplett für den Verkehr zu sperren. Damit soll zunächst die westliche Seite der Einkaufsmeile, auf der sich die exklusiven Kaufhäuser wie John Lewis befinden, in eine Fußgängerzone umgewandelt werden. Später könnte sie nach Osten erweitert werden.

Oxford Street: Umbau bis 2027

Der Umbau soll rund 150 Millionen Pfund (178 Millionen Euro) kosten und bis 2027 abgeschlossen sein. Bisher gilt tagsüber ein Fahrverbot mit Ausnahmen für Busse und Taxis. Künftig sollen dort keine Fahrzeuge mehr fahren dürfen. Illustrationen zeigen eine verwandelte Oxford Street, auf der sich Passanten frei bewegen und flanieren können.

Verkündung mit Aussicht: Bürgermeister Sadiq Khan und Wohnungsbauministerin Angela Rayner blicken über die Oxford Street.

Verkündung mit Aussicht: Bürgermeister Sadiq Khan und Wohnungsbauministerin Angela Rayner blicken über die Oxford Street.

Der Vorstandsvorsitzende der Kaufhauskette John Lewis, Peter Ruis, sagt, man freue sich „auf die angekündigten Pläne“. Das Unternehmen sei nach wie vor „sehr stolz“, Teil der „Hauptstraße der Nation“ zu sein, in der die Kette im Jahr 1864 ihr erstes Geschäft eröffnete. Andere Londoner Einzelhändler forderten gar, die Umgestaltung der Einkaufsmeile so schnell wie möglich umzusetzen, um mehr Besucher anzulocken.

Der langsame Niedergang der Oxford Street hatte mehrere Gründe. Da war der Rückgang der Touristenzahlen durch die Reiserestriktionen in asiatischen Ländern, die im Zuge der Corona-Pandemie später aufgehoben wurden als in Europa. Auch die Entscheidung der britischen Regierung, die Erstattung der Mehrwertsteuer für ausländische Besucher abzuschaffen, wirkte sich Experten zufolge auf die Oxford Street aus. Gut betuchte Reisende, die speziell nach London kamen, um teure Artikel wie Uhren oder Handtaschen zu kaufen, besuchen nun eher Städte wie Paris, Mailand oder Madrid. Touristen vor Ort klagen in diesen Tagen aber auch über die schlechte Luft in manchen Straßen im Zentrum der britischen Metropole.

Khans Pläne sind nicht der erste Versuch, die berühmte Einkaufsmeile umzugestalten. Seit einigen Jahrzehnten wurde der Verkehr nach und nach eingeschränkt. Jetzt sollen auch die berühmten roten Doppeldeckerbusse und schwarzen Taxis, die sich in der Oxford Street stauen, auf andere Straßen umgeleitet werden.

Der Stadtrat von Westminster City, der ein ähnliches Vorhaben vor einigen Jahren blockiert hatte, hegt Zweifel an dem Vorhaben: Eine direkte Busverbindung sei für viele Einkäufer, Angestellte und Anwohner entscheidend, sagt der Vorsitzende des Westminster Council, Stuart Love. Und auch unter Londonern Taxifahrern regt sich Widerstand: Steve McNamara von der Licensed Taxi Drivers Association zufolge würden bei der Umgestaltung vieler Bus- und Taxirouten die Bedürfnisse der schwächeren Londoner ignoriert, die auf diese Verkehrsmittel angewiesen seien.

Tories beklagen „Krieg gegen die Autofahrer“

Seit Khan im Jahr 2016 Bürgermeister wurde, setzt er sich für eine Verkehrsberuhigung der Metropole ein, so weitete er etwa die Umweltzone ULEZ („Ultra Low Emission Zone“), wodurch Autos durch Gebühren aus dem Stadtgebiet verdrängt werden sollen, auf den Großraum London aus. Hinzu kamen „Low Traffic Neighbourhoods“ (LTNs), also Straßen und Wohngebiete, in denen der Autoverkehr auf Anwohner beschränkt ist.

Die konservativen Tories warfen Khan vor, er führe einen Krieg gegen Autofahrer. Ob der Plan des Bürgermeisters für die Oxford Street Wirklichkeit wird, hängt nun insbesondere von der Labour-Regierung ab. Das Vorhaben wird von ihr „unterstützt“, versicherte eine Pressesprecherin des Londoner Rathauses.