Kommt 130 doch noch?E-Autos liefern neue Argumente fürs Tempolimit

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Bislang gibt es nur abschnittweise Geschwindigkeitsbeschränkungen auf deutschen Autobahnen. Ein allgemeines Tempolimit ist seit Langem Streitthema - die Zustimmung in der Bevölkerung wächst aber.

Bislang gibt es nur abschnittweise Geschwindigkeitsbeschränkungen auf deutschen Autobahnen. Ein allgemeines Tempolimit ist seit Langem Streitthema - die Zustimmung in der Bevölkerung wächst aber.

Die Polizeigewerkschaft befürchtet durch E-Autos ein wachsendes Unfallrisiko auf Autobahnen und fordert ein Tempolimit.

Die Mehrheit der Bevölkerung ist inzwischen für ein Tempolimit auf Autobahnen, Umweltverbände sind es sowieso. In der Ampel-Koalition hat die FDP ein Tempolimit verhindert und pocht auf freie Fahrt für freie Bürger. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen bringt nun mit einem neuen und etwas überraschenden Argument Schwung in die Debatte, nämlich dem wachsenden Anteil von E-Autos.

E-Autofahrer setzen auf Reichweite statt Geschwindigkeit

Elektrofahrzeuge lassen sich nicht ohne dramatische Verkürzung der Reichweite mit Geschwindigkeiten über 130 km/h bewegen“, konstatiert GdP-Landeschef Michael Mertens in einer gemeinsamen Mitteilung mit mehreren Umwelt- und Verkehrsverbänden. „Dadurch verändert sich der Verkehrsfluss auf den Autobahnen, und einzelne deutlich schnellere Fahrzeuge stellen ein immer größeres Unfallrisiko dar.“

Je höher der Geschwindigkeitsunterschied zwischen Verkehrsteilnehmern sei, desto risikoreicher würden Spurwechsel, sagt Mertens im Gespräch mit unserer Redaktion. Und dass E-Autofahrer auf Autobahnen eine entspanntere Fahrweise hätten und nicht eben zum Rasen neigten, ließe sich immer wieder beobachten: „Da geht es dann um Reichweite, nicht um Geschwindigkeit.“

E-Autofahrer fahren langsamer

Das sieht auch der Berliner Soziologe und Mobilitätsforscher Andreas Knie so: „E-Autofahrer fahren langsamer und vorausschauender und bauen weniger Unfälle.“ Allerdings sei die Datengrundlage bislang zu gering für entsprechende Untersuchungen oder Prognosen darüber, wie sich der E-Auto-Anteil auf Verkehrsflüsse auswirke. Denn noch sei die Zahl der Elektroautos eher klein, und „die Phase, in der Menschen mit dem E-Auto große Urlaubsreisen unternehmen, beginnt gerade erst“, sagt Knie.

Das Hauptproblem für gestörte Verkehrsflüsse auf Autobahnen sei aber durchaus, dass auf der linken Spur „viel zu viele Fahrzeuge viel zu schnell unterwegs“ seien. Dadurch würden etwa sehr große Abstände zwischen den Verkehrsteilnehmern entstehen.

Sofortiges Tempolimit gefordert

Gemeinsam mit der GdP-NRW fordern der BUND, Greenpeace, der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) „die sofortige Einführung eines bundesweiten, generellen Tempolimits“ und eine „Verschärfung der bestehenden Tempolimits“. Nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes, sondern auch der Verkehrssicherheit.

Sowohl der Polizeigewerkschafter Mertens als auch der Sozialwissenschaftler Knie gehen davon aus, dass spätestens die nächste Bundesregierung ein allgemeines Tempolimit einführen werde. „Irgendwann muss ja mal Vernunft einkehren“, sagt Mertens.

Knie bringt zudem noch einen anderen Punkt vor: die marode Infrastruktur. Der Großteil der Autobahnen sei im Wesentlichen zur selben Zeit gebaut worden, „in einem Generationsschub – und geht jetzt eben auch zur selben Zeit kaputt“. Kapazitäten zur Sanierung seien perspektivisch nicht verfügbar – schon allein deshalb werde die nächste Koalition nicht umhinkommen, ein Tempolimit einzuführen. Nicht, um das Klima zu schützen. Sondern weil die altersschwachen Autobahnen schlicht kein sehr hohes Tempo mehr zulassen.