Alltags-RechtsfragenDarf man bei „All-you-can eat“ echt so viel essen, wie man will?
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Köln – Im Alltag gibt es andauernd Rechtsfragen zu klären, auf die man nicht immer sofort eine Antwort hat. Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke liefert mit seinem Buch „Der Taschenanwalt“ Antworten auf fast alle Probleme des Lebens, angefangen von der Schwangerschaft bis hin zum Tod. Im Buch beackert er nahezu jeden Bereich und beantwortet Fragen zu den Themen Kinder, Jugendliche, Internet, Einkauf, Polizei, Auto, Wohnung, Studium, Arbeit, Selbstständigkeit, Restaurantbesuch, Urlaub, Ehe, Eigenheim, Elternschaft und Tod. Wir haben sieben Fragen und Antworten ausgesucht, zum Beispiel die, ob man in Flip-Flops Autofahren darf, wer eine Beerdigung zahlen muss und ob man am „All-you-can-eat“-Büfett wirklich so viel essen darf, wie man will.
Dürfen Kinder mit ihrem Taschengeld kaufen, was sie wollen?
Um Kinder zu schützen, gibt es je nach Altersstufe Regeln, nach denen sie Dinge kaufen können. Sind die Kinder jünger als sieben Jahre, können sie noch nicht auf eigene Faust ins Geschäft gehen, um dort Sachen für sich selbst zu kaufen. Einzige Ausnahme: Sie kaufen etwas für die Eltern (z.B. Brötchen), bekommen dafür auch das Geld und geben der Verkäuferin (mündlich) eine entsprechende Erklärung ab. Kinder zwischen sieben und 17 Jahren sind beschränkt geschäftsfähig. Das bedeutet, dass sie mit vorheriger oder nachträglicher Zustimmung der Eltern Dinge für sich selbst kaufen können. Falls die Eltern später nicht einverstanden sind, muss der Verkäufer die Sache wieder zurücknehmen und das Geld auszahlen.
Zur Person
Christian Solmecke gehört zu den bekanntesten Rechtsanwälten in Deutschland. Er studierte Jura in Köln und Bochum, absolvierte anschließend einen Master of Law und spezialisierte sich als Rechtsanwalt auf die Beratung der Internet- und IT-Branche. Seit 2010 ist er Partner der Kölner Medienrechtskanzlei „Wilde Beuger Solmecke“. Außerdem betreibt er den YouTube-Kanal „Kanzlei WBS“ mit knapp 850.000 Abonnenten, auf dem er über aktuelle Rechtsthemen informiert.
Eine Ausnahme von dieser Regel ist der sogenannte Taschengeldparagraf (§110 BGB). Mit dem Taschengeld geben Eltern ihren Kindern eine Art Generaleinwilligung für bestimmte Geschäfte, mit denen sie grundsätzlich einverstanden wären – etwa Essen, neue Klamotten oder Bücher. Alkohol, Pornos oder Tätowierungen sind ebenso verboten wie gewaltvolle Games. Auch besonders teure Anschaffungen wie das neue iPhone sind von diesem Paragrafen nicht mehr gedeckt.
Darf man im Supermarkt naschen?
Juristisch gibt es darauf eine klare Antwort: nein. Dieses Vorgehen stellt tatsächlich einen Diebstahl dar (§ 242 StGB), wenn auch einen Diebstahl geringwertiger Sachen. Der wird vom Strafermittler nur verfolgt, wenn der Supermarktbetreiber Anzeige erstattet. Dagegen kann man rechtlich nichts einwenden, wenn ein Kunde beginnt, im Supermarkt eine Zeitschrift zu lesen, ohne sie später zu kaufen. Denn im Gegensatz zum Obst nimmt man die Zeitung ja nicht endgültig weg, es liegt also kein Diebstahl vor und auch keine Sachbeschädigung, so lange man keinen Knick hinein macht. Jedoch kann der Supermarktleiter von seinem Hausrecht Gebrauch machen und besonders dreiste Kundinnen oder Kunden aus dem Laden werfen oder sie zumindest auffordern, ihr Verhalten einzustellen.
Kann man sich beim „All-you-can-eat“-Büfett so viel nehmen, wie man will?
Grundsätzlich gilt: Heißt ein Angebot „All you can eat“ und der Wirt weist seine Gäste nicht vor der Bestellung ausdrücklich auf Einschränkungen hin, so kann ein Gast tatsächlich so viel essen, wie er will – auch, wenn er es schafft, das halbe Büfett leer zu futtern. Wer einmal einen mündlichen Vertrag über das „All you can eat“-Büfett abgeschlossen hat, den darf der Wirt später nicht mehr rauswerfen. Möglich ist allerdings die Aussprache eines auf die Zukunft gerichteten Hausverbots. Denn der Restaurantbesitzer entscheidet, mit wem er künftig noch Verträge eingehen will. Besonders ärgerlich ist es, wenn die Gäste sich die Teller vollladen, aber nicht aufessen. In diesem Fall sind Einschränkungen erlaubt, zum Beispiel zeitliche Begrenzungen der Bestellung oder dass man erst etwas Neues nehmen darf, wenn die Teller leer sind. Allerdings müssen diese Einschränkungen vorher auf der Speisekarte oder anderswo deutlich sichtbar angekündigt werden.
Darf man mit Flip-Flops Auto fahren?
Es gibt keine genaue gesetzliche Regelung, welcher Schuh geeignet zum Autofahren ist und welcher nicht. Auch das Barfußfahren ist nicht verboten. Deshalb lässt sich festhalten, dass bei vermeintlich falschem Schuhwerk keine unmittelbare Strafe oder ein Bußgeld drohen. Dies zeigt die Grundsatzentscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 15. November 2006, in der es um die Zulässigkeit eines Bußgeldes für einen Fahrer in Socken ging. Die Richter stellten fest, dass ein Autofahrer in Socken zwar ein erhöhtes Verkehrsrisiko darstellt und damit seine Sorgfaltspflicht verletzt, aber ein Bußgeld nur fällig sei, wenn es zu einem Unfall kommt.
Gesetzlich ist vorgesehen, dass man ein Auto im Straßenverkehr nur führen darf, wenn man dazu in der Lage ist, das Fahrzeug bestmöglich und sicher zu steuern. Das lässt sich zum einen auf die körperliche Verfassung, aber auch auf die Kleidung beziehen. Und die meisten werden zustimmen, dass der Halt auf den Pedalen mit festem Schuhwerk besser funktioniert. Kommt es tatsächlich zum Unfall, kann auch die Versicherung Ärger machen. Wenn das falsche Schuhwerk nachweislich der Grund für den Unfall war, übernehmen die Versicherer im Zweifel nicht oder nur zum Teil die eigenen Kosten.
Sind Liebschaften unter Kollegen tabu?
Aus amerikanischen Filmen kennt man das Gerücht: Liebe unter Kollegen ist verbotene Liebe. Tatsächlich scheinen andere Länder das so zu handhaben. Vor einigen Jahren versuchte ein amerikanisches Unternehmen, das in Deutschland Filialen eröffnete, für seine Angestellten das Verbot durchzusetzen, mit Arbeitskollegen auszugehen oder eine Liebesbeziehung anzufangen. Aus Sicht des Arbeitgebers steht wahrscheinlich die Sorge dahinter, dass im Fall einer Trennung möglicherweise der Betrieb gestört würde, weil die Betroffenen nicht mehr miteinander arbeiten möchten. Fakt ist aber, dass eine Beziehung nicht verboten werden kann. Das Landesarbeitsgericht kippte das Verbot des US-Unternehmens 2005 recht schnell, denn in Deutschland ist eine solche Regelung unvereinbar mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Das private Liebesleben zählt zu den wichtigsten Schutzbereichen dieses Grundrechts und der Arbeitgeber hat sich dort schlichtweg nicht einzumischen. Ausschließlich während der Arbeitszeit muss man sich Anweisungen des Arbeitgebers gefallen lassen. Vorschläge des Arbeitgebers zu einem möglichen Abteilungswechsel der Verliebten können deshalb zulässig sein. Zumindest dann, wenn der Betriebsfrieden gestört wird oder die Arbeitsleistung eins frisch verliebten oder frisch getrennten Paares tatsächlich zu wünschen übrig lässt.
Kann man auch freiwillig ins Gefängnis gehen?
Diese Frage ist schwer nachzuvollziehen, wird Christian Solmecke aber tatsächlich nach eigener Aussage immer wieder gestellt. Die Antwort: Nein, das geht so einfach nicht. Die Gefängnisse erfüllen den Zweck der Durchsetzung von justiziellen Strafen. Dafür werden öffentliche Gelder bereitgestellt. Ein Gefangener kostet in Deutschland mehr als 130 Euro am Tag. Aus diesem Grunde kann man ein Gefängnis nicht wie ein Hotel behandeln. Absichtlich eine Straftat begehen, um ins Gefängnis zu kommen, ist zudem gar nicht so einfach. Um eine Haftstrafe zu bekommen, muss man schon schwerwiegende Delikte begehen. Ein Trick: Wer eine Geldstrafe bekommt, diese aber partout nicht begleicht, kann in Ordnungshaft kommen.
Müssen die Hinterbliebenen die Beerdigung bezahlen?
Dieser letzte Prozess im Leben eines Menschen ist rechtlich klar geregelt. Nach dem gesetzlichen Grundsatz sollen die Erben für die Beerdigung des Verstorbenen aufkommen (§1968 BGB). Wenn nach einem Todesfall die Erbenstellung noch unklar ist und jemand zahlt, der eigentlich nicht Erbe ist, kann dieser von den Erben später die Kosten zurück verlangen. Wenn jemand in der Pflicht ist, für die Beerdigung aufzukommen, aber nicht genug Geld dafür hat, kann er beim Sozialamt eine Sozialbestattung beantragen. Fühlt sich zunächst niemand für die Beisetzung verantwortlich und schlagen alle Angehörigen das Erbe aus, wird diese von der Gemeinde oder Stadt organisiert, da es gesetzlich vorgeschrieben ist, Tote zeitnah zu beerdigen. Hat die Gemeinde oder Stadt alle Kosten bezahlt, darf sie diese dann allerdings von den Unterhaltspflichtigen des Verstorbenen zurück verlangen. Die Unterhaltspflichtigen müssen nicht zwangsläufig die Erben sein, insbesondere dann nicht, wenn der Verstorbene testamentarische Regelungen getroffen hat. Meist sind es die nächsten Angehörigen, also Ehegatte, Kinder, Eltern und weitere Verwandte.