Das Konzept klingt verlockend: Niedrige Einsätze, hohe Zinsen. Doch was steckt dahinter? Wir klären auf.
Top-Anlage oder Totalausfall?Was Anleger über Crowdinvesting in Immobilien wissen sollten
Schon mit 500 Euro kann es losgehen: Wer nicht genug Geld hat, sich die eigenen vier Wände zu leisten, kann per Crowdinvesting in Immobilien investieren. Zehntausende Anleger haben dies in den vergangenen Jahren probiert. Doch nun müssen viele um ihr Geld fürchten, weil der Immobilienmarkt von einer Pleitewelle erschüttert wird. Wie sich mit wenig Geld als Schwarmfinanzierer mit Immobilien Geld verdienen lässt – die Vor- und Nachteile.
Wie funktioniert Crowdinvesting?
Bei dieser Form der Geldanlage werden Renditen versprochen, von denen Tagesgeld- und Festgeld-Sparer nur träumen können: Wer mit eher geringen Einsätzen mit Immobilien Geld verdienen will, kann per Crowdinvesting (Schwarmfinanzierung) derzeit 7 bis zu 15 Prozent an Zinsen bekommen, meist für kurze Laufzeiten von bis zu drei Jahren. Vermittlungsplattformen im Internet wie Exporo, Genocrowd, Zinsbaustein, Bergfürst, DagobertInvest oder Engel & Völkers Digital Invest bringen dabei die Anleger als Kreditgeber und die Unternehmen als Kreditnehmer zusammen.
Egal ob es um eine Wohnanlage, ein Bürohaus, ein Pflegeheim oder ein Einzelhandelszentrum geht – Anleger müssen sich dafür bei der Plattform anmelden und sich dann für ein geplantes Projekt vormerken lassen. Dann bekommen sie eine Nachricht, zu welchem Termin die Zeichnung online erfolgen kann. Ist genug Geld vom Schwarm eingesammelt, wird das Projekt umgesetzt. Nach Bauende wird die Immobilie weiterverkauft, und klappt alles wie vorgesehen, erhalten die Anlegenden ihr eingezahltes Geld zurück inklusive aller Zinsen.
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Wie sicher sind solche Investments?
Die goldene Regel „Je höher der Zins, desto höher das Risiko“ gilt auch bei der Schwarmfinanzierung: „Es besteht immer das Risiko eines Totalausfalls, das heißt, die Anleger sehen ihre Einlage nicht wieder“, sagt Stefan Loipfinger vom Anlegerschutzportal Investmentcheck.de. Dieses Risiko hängt mit der Finanzierungsform zusammen. Anleger werden bislang überwiegend über Nachrangdarlehen an der Finanzierung der Immobilie beteiligt. „Geht der Projektanbieter pleite, wird vorrangig die Gläubigerbank aus dem Erlös einer Zwangsversteigerung bedient. Andere Gläubiger wie Kleinanleger gehen schlimmstenfalls leer aus“, sagt Experte Loipfinger. Mit dem Totalverlust sollten Anleger also stets rechnen.
Haben die Risiken zugenommen?
Vor der Zinswende und dem Ukraine-Krieg hat dieses Geschäftsmodell meist recht gut funktioniert. Inzwischen aber sind etliche Immobilienfirmen in eine Schieflage geraten. Das liegt vor allem an den gestiegenen Hypothekenzinsen, die die Finanzierung von Immobilien deutlich verteuert haben. Hinzu kommt: Die Baupreise sind kräftig gestiegen. Bürogebäude sind infolge des Trends zum Homeoffice nicht mehr so gefragt. Es gibt weniger Käufer, die die Immobilienpreise finanzieren können, trotz des Preisrutsches für Wohn- und Gewerbeimmobilien.
Experte Loipfinger hatte deshalb bereits 2020 gewarnt, dass mit dem Ende des Immobilienbooms die nachrangigen Darlehen „reihenweise wie Seifenblasen platzen“ könnten. Nun, sagt er, „ist das riesige Blutbad in vollem Gange“. Loipfinger hat Mitte Juli eine neue Analyse vorgelegt. Basis ist seine Datenbank mit etwa 4200 Vermögensanlagen. Demnach gibt es bei knapp 1000 Projekten Zahlungsausfälle bis hin zum Totalverlust. Ein Großteil dieser Vermögensanlagen sind dabei Crowdinvesting-Projekte, quer über alle Branchen. Davon dürften etwa 80 Prozent auf Immobilien-Projekte entfallen.
Worauf sollten Anleger achten?
Für private Anleger ist es äußerst schwierig zu beurteilen, ob ein Projekt wie geplant laufen wird oder nicht. Sie können aber laut Stiftung Warentest und den Verbraucherzentralen darauf achten: Crowdinvesting ist keine solide Altersvorsorge. Man sollte dafür nur Geld benutzen, dessen Verlust man verschmerzen kann. Selbst Exporo rät, „nicht mehr als zehn Prozent Ihres Reinvermögens in Schwarmfinanzierungsprojekten anzulegen“. Je nach Vermögen und Risikostruktur des Wertpapierportfolios darf dies auch deutlich weniger sein.
Anleger sind gut beraten, lieber in fünf Projekte jeweils 1000 Euro zu stecken, als in ein Projekt 5000 Euro, um das Risiko zu minimieren. Angebote mit ungeklärter Baugenehmigung, langen Laufzeiten sowie mit unerfahrenen Projektentwicklern sollten Interessenten meiden. Vor allem sollten sie stets damit rechnen, dass ein Totalverlust möglich ist. Selbst wenn die 5000 Euro auf fünf Projekte verteilt sind, muss nur eine 1000-Euro-Investition daneben gehen – und schon wird die Rendite negativ.