Wer fürchtet, betrogen zu werden, ist voller Panik. Doch das Thema anzusprechen, lohnt in jedem Fall, findet Psychologin Elisabeth Raffauf.
In Sachen LiebeIch glaube, mein Mann betrügt mich – wie spreche ich das an?
Ich habe das Gefühl, dass mein Mann mich betrügt. Ich möchte ihm aber nicht hinterherspionieren. Wie spreche ich das an? (Ruth, 42 Jahre)
Dass Sie Ihrem Mann nicht hinterherspionieren möchten, ist schon mal eine gute Idee. Das wäre nämlich entwürdigend für Sie. Dass Sie das Thema ansprechen möchten, ist auch gut. Es ist ja ständig in Ihrem Kopf und sorgt dort für Misstrauen.
Vielleicht ist es gut, wenn Sie sich zunächst selbst fragen: Was ist Ihre Angst? – Dass es stimmt? Dass Ihr Mann ärgerlich wird, wenn Sie ihm so etwas „unterstellen“? Dass er Sie lächerlich macht, weil Sie so eifersüchtig sind? Und: Was wäre dann, wenn es stimmt oder er ungehalten reagiert?
Manche Menschen stellen sich vor, wie sie sich verhalten würden, wenn ihr Partner oder ihre Partnerin sie betrügt. Manche sagen dann, sie würden es davon abhängig machen, wie „schwerwiegend“ der Betrug sei. Geht es schon über einen längeren Zeitraum? Hat es viele Lügen gegeben? Kennen Sie die Person, mit der er oder sie fremdgegangen ist? Wie man sich letztendlich verhält, ist aber sehr schwer vorauszusagen. Klar ist: Wenn der andere fremd geht, macht das große Angst. Man fühlt sich klein, abgelehnt, wertlos. Und es hämmern einem Fragen im Kopf: Gibt es für meinen Mann/meine Frau jemanden, der oder die besser, schöner, humorvoller, erotischer ist als ich? Natürlich ist da auch die Angst vor einer Trennung und vor dem Alleinsein.
Darüber hinaus fragen Sie sich vielleicht, ob die Beziehung je wieder so leicht und unbeschwert sein würde, wie sie einmal war. Selbst wenn Ihr Partner eine andere Person hatte und er versichert, dass es für ihn vorbei ist, lässt sich die Frage: „Stimmt das wirklich?“ erstmal nicht so leicht aus dem Kopf vertreiben. Und es kommen noch mehr Fragen hinzu: Werde ich ihm je wieder vertrauen können? Oder muss ich ständig in Angst leben, dass es wieder passiert? Dass die Neben-Beziehung womöglich nicht wirklich zu Ende ist? Werde ich ihn verlieren? Kann ich verzeihen? Und würde ich allein jemals wieder glücklich sein?
Wie könnte ein Gespräch aussehen? Für Paar-Dialoge gibt es Vorschläge, die auf jeden Fall die Chance erhöhen, dass es ruhiger verläuft, dass das Gegenüber sich nicht angegriffen fühlt und niemand „dicht“ macht. Einige Empfehlungen lauten zum Beispiel, dass man nur von sich redet, keine Vorwürfe macht, dem anderen die Chance lässt, sein Gesicht zu wahren. Bei einem so emotionalen Thema, bei dem man so verletzlich ist, ist man natürlich aufgeregt und sicher auch nicht immer ruhig und sachlich. Jedenfalls innerlich nicht. Also, meine Antwort auf Ihre Frage: Wie spreche ich das an? Ganz direkt! Sagen Sie ruhig, dass es Ihnen schwer fällt, was jetzt kommt, aber dass Sie sich viele Gedanken machen und dass es für Sie wichtig ist, die Dinge zu klären. Und dann geht es nur klar und geradeheraus: „Ich habe das Gefühl, dass es da noch jemand anderen gibt. Ich bitte dich um eine ehrliche Antwort.“
Für Sie selbst wird Klarheit besser sein als Nebel. Auch wenn diese Klarheit erstmal niederschmetternd und traurig sein kann, können Sie dann damit umgehen, sich dazu stellen und schauen, ob Sie nach einer Zeit des „Wunden leckens“ bereit sind, wieder zu vertrauen; und ob Ihr Mann bereit ist, sich neu einzulassen und mit Ihnen gemeinsam zu schauen, was in Ihrer Beziehung bearbeitet werden kann, damit es zwischen Ihnen wieder vertrauensvoll wird.
Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung. Die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sind versiert in der Beratung rund um Liebe, Beziehung und Partnerschaft. Der Urologe Volker Wittkamp kennt sich mit allem aus, was Liebe mit unserem Körper macht – und umgekehrt. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt! Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de.