Der US-Präsident attackiert Selenskyj frontal. Kanzler Scholz, Annalena Baerbock und die Vereinten Nationen stützen den Ukrainer.
Wutausbruch und DrohungTrump beschimpft Selenskyj als „Diktator“ – Scholz und Baerbock kontern

US-Präsident Donald Trump spricht in seinem Anwesen Mar-a-Lago.
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US-Präsident Donald Trump hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einer beispiellosen Attacke in den sozialen Netzwerken vorgeworfen, ein „Diktator ohne Wahlen“ zu sein. Trump bezeichnete den Ukrainer in seinem Beitrag außerdem als „mäßig erfolgreichen Comedian“, der lediglich darin gut gewesen sei, den ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden zu umgarnen.
Trump wiederholte in seiner Attacke erneut die Lüge über angebliche geringe Zustimmungswerte für Selenskyj in der Ukraine. Bereits am Dienstag hatte der US-Präsident diese Behauptung verbreitet. Eine Grundlage dafür gibt es nicht. Laut der jüngsten Erhebung des Kyiv International Institute of Sociology haben im Februar 57 Prozent der Befragten dem ukrainischen Präsidenten ihr Vertrauen ausgesprochen.
Donald Trump attackiert Wolodymyr Selenskyj
„Als Diktator ohne Wahlen sollte Selenskyj besser schnell handeln, sonst wird er kein Land mehr haben“, drohte Trump in Richtung Ukraine. „In der Zwischenzeit verhandeln wir erfolgreich über ein Ende des Krieges mit Russland, etwas, von dem alle zugeben, dass nur ‚TRUMP‘ und die Trump-Regierung dazu in der Lage sind“, hieß es weiter in Trumps Beitrag.
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Selenskyjs Amtszeit war im Mai 2024 offiziell zu Ende gegangen, wegen des Kriegsrechts dürfen in der Ukraine derzeit aber keine Wahlen abgehalten werden. In Deutschland wird das gesetzlich genauso gehandhabt.
Selenskyj auch ohne Neuwahlen legitimer Präsident der Ukraine
Auch der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson verwies am Mittwoch auf X auf Großbritannien während des 2. Weltkriegs. „Natürlich sollte ein Land, das einer gewaltsamen Invasion ausgesetzt ist, keine Wahlen abhalten. Von 1935 bis 1945 gab es in Großbritannien keine Parlamentswahlen“, erklärte Johnson.
„Ich liebe die Ukraine, aber Selenskyj hat einen schrecklichen Job gemacht, sein Land ist zerrüttet, und Millionen sind unnötig gestorben“, fügte Trump unterdessen an und verbreitete damit die nächste Unwahrheit. Jüngsten Berechnungen zufolge belaufen sich die Verluste beider Kriegsparteien auf rund eine Million Soldaten, die Mehrzahl dieser Kämpfer wurde jedoch verwundet und nicht getötet.
Reaktion aus Kiew: „Niemand kann die Ukraine zur Aufgabe zwingen“
Trump hatte Selenskyj bereits am Dienstagabend attackiert und damit international für Entsetzen gesorgt. Selenskyj hat die Behauptungen des US-Präsidenten am Mittwoch bereits zurückgewiesen. Moskau hingegen begrüßte die Worte des US-Präsidenten über die Ukraine.
Wenige Minuten nach der Veröffentlichung von Trumps Beitrag auf seiner Plattform Truth Social äußerte sich nun auch der ukrainische Außenminister, Andrii Sybiha, auf der Plattform X.
„Die Ukraine hat dem schrecklichsten Militärangriff in der modernen Geschichte Europas und drei Jahren totalen Krieges standgehalten“, schrieb Sybiha. Das ukrainische Volk und Präsident Selenskyj hätten sich geweigert, „Putins Druck nachzugeben“, führte der Außenminister, der Trump nicht direkt adressierte, aus. „Niemand kann die Ukraine zur Aufgabe zwingen. Wir werden unser Existenzrecht verteidigen“, fügte Sybiha an.
Kritik aus Deutschland an Trump: „Vollkommen absurd“
Unterstützung für Selenskyj kam am Mittwoch auch aus Deutschland: „Das ist vollkommen absurd. Wenn man nicht nur schnell twittert, sondern die wirkliche Welt sieht, dann weiß man, wer in Europa leider unter diktatorischen Verhältnissen leben muss: die Menschen in Russland, die Menschen in Belarus“, sagte Außenminister Annalena Baerbock (Grüne) im ZDF.
„Es ist schlicht falsch und gefährlich, Präsident Selenskyj die demokratische Legitimation abzusprechen“, erklärte unterdessen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegenüber dem „Spiegel“ und fügte an: „Richtig ist: Wolodymyr Selenskyj ist das gewählte Staatsoberhaupt der Ukraine. Dass mitten im Krieg keine ordentlichen Wahlen abgehalten werden können, entspricht den Vorgaben der ukrainischen Verfassung und den Wahlgesetzen. Niemand sollte etwas anderes behaupten.“
Dieser Auffassung stimmen auch die Vereinten Nationen zu. „Präsident Selenskyj ist nach den ordnungsgemäß abgehaltenen Wahlen im Amt“, sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, in New York.