Mit einer Rekordzahl von Dekreten hat Donald Trump seine zweite Amtszeit begonnen. Die Anordnungen sorgen für Chaos in einigen US-Behörden. Doch manche könnten nur von kurzer Dauer sein. Auch Kommentare von Elon Musk lassen aufhorchen.
Rundschau-Debatte des TagesWas bezweckt Donald Trump mit seiner Politik?

US-Präsident Donald Trump
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Tech-Milliardär Elon Musk, der gerade den US-Regierungsapparat aufmischt, ist bei einem Auftritt im Weißen Haus mit seinen Falschangaben zu amerikanischen Staatsausgaben konfrontiert worden. „Einige der Dinge, die ich sage, werden nicht korrekt sein und sollten korrigiert werden“, sagte Musk danach. Musk war von US-Präsident Donald Trump damit beauftragt worden, die Regierungsausgaben auf den Prüfstand zu stellen und zu kürzen. Beide behaupten seit Tagen, dass dabei neben Milliarden an Geldverschwendung auch Betrug festgestellt worden sei. Bisher wurden jedoch keine Beweise dafür veröffentlicht. Die ungeheure Flut an Nachrichten und Maßnahmen, die die US-Regierung derzeit an die Öffentlichkeit bringt, hat allerdings System.
Was genau hat Musk bei dem Auftritt im Weißen Haus gesagt?
Als Beispiel für unnötige Ausgaben, die von Musks Kostensenkungs-Gremium Doge aufgedeckt worden seien, hatte das Weiße Haus eine angebliche Lieferung von Kondomen im Wert von 50 Millionen Dollar in den Gazastreifen genannt. Musk spekulierte, dass das Geld bei der islamistischen Hamas gelandet sei. Trump sprach einmal sogar von einer Kondomlieferung im Wert von 100 Millionen Dollar. Bei einem Auftritt mit Trump im Oval Office wurde Musk jedoch von einer Journalistin darauf hingewiesen, dass die Kondome im Rahmen der US-Entwicklungshilfe in die gleichnamige Provinz Gaza in Mosambik geliefert worden seien, um gegen die Verbreitung von HIV anzukämpfen. Zu den Kondomlieferungen nach Mosambik sagte er: „Okay, das ist nicht ganz so schlimm – aber trotzdem (...), warum machen wir das?“ Es war der erste Auftritt Musks seit Monaten, bei dem Journalisten ihm Fragen stellen konnten. Erräumte ein: „Wir werden Fehler machen.“ Aber man werde diese auch schnell korrigieren.
Was hat der Tech-Milliardär zu seiner Rolle in der US-Regierung gesagt?
Musk versicherte auch, das Vorgehen seines Gremiums „Department for Government Efficiency“ (Doge) sei transparent und nachvollziehbar. Alle Aktivitäten würden auf der Plattform X und auf der Doge-Webseite veröffentlicht. „Alle unsere Aktionen sind maximal transparent“, sagte Musk. Er spreche sich täglich mit Trump ab und gehe nur auf Geheiß des Präsidenten vor. Bisher wurden von Doge keine Unterlagen zu der angeblichen Geldverschwendung oder Einsparungen veröffentlicht, sondern nur Behauptungen Musks. Das von ihm geleitete Gremium hat keinen Auftrag des US-Parlaments, das Staatsausgaben bewilligt. Mehrere Justizminister der Bundesstaaten sowie Gewerkschaften klagten gegen die Doge-Aktionen und konnten einstweilige Verfügungen durchsetzen. Trump unterschrieb am Dienstag einen Erlass, der die Behörden zu mehr Kooperation mit Doge verpflichten soll.
Musk wurde auch auf die Beteuerung des Weißen Hauses angesprochen, dass er schon selbst auf mögliche Interessenkonflikte bei seiner Tätigkeit achten werde. Der nach Schätzungen reichste Mann der Welt führt unter anderem den Elektroauto-Hersteller Tesla und die Raumfahrtfirma SpaceX, die auch Raketen im Auftrag der US-Regierung ins All schießt. Er hat also geschäftliche Interessen im Umgang mit Behörden wie dem Verteidigungsministerium, dessen Ausgaben er zugleich überprüfen soll. Er sagte dazu, er sei schließlich nicht derjenige, der einen Vertrag abschließe, sondern „Leute bei SpaceX“.
Wie stellt sich die Politik Trumps bisher dar?
Seit seiner Amtseinführung am 20. Januar hat der 47. Präsident der Vereinigten Staaten rund 60 Dekrete erlassen, wie eine Zählung des US-Senders NBC ergab. Und das ist längst nicht alles, womit er sein Land und die Welt in Aufregung versetzt. Trump ist derzeit omnipräsent, spricht in jedes Mikrofon, hat fast täglich Journalisten im Oval Office zu Gast. Seine Social-Media-Plattform Truth Social läuft nebenbei mit Nachrichten aus dem Weißen Haus heiß, sein Haussender Fox News funkt, dass die Drähte nur so glühen und findet für beinahe jede Aussage des Präsidenten stützende Argumente.
Die Zahl der bisher unterschriebenen Dekrete – viele davon nach Auffassung von Kritikern ohne rechtliche Grundlage – bedeutet nicht nur einen einsamen Rekord unter allen Präsidenten der jüngeren Geschichte. Trump übertrifft sich auch selbst. In seiner ersten Amtszeit hatte er bis zum selben Zeitpunkt nur etwas mehr als 30 dieser „Executive Orders“ herausgegeben.
Welche Strategie verfolgt der US-Präsident mit seiner Politik?
Schon Steve Bannon, Trumps etwas zwielichtiger und später geschasster Berater, hatte zu Beginn von dessen erster Amtszeit als Präsident den Satz geprägt: „Flooding the Zone with Shit“ - man müsse also die Szene mit „Mist“ zumüllen - Journalisten, Opposition und Öffentlichkeit so beschäftigen, dass sie nicht mehr aus den Augen sehen und sich mit den einzelnen Politikvorschlägen gar nicht näher beschäftigen können. „Es gibt eine überwältigende Reizüberflutung“, sagte der demokratische Kongressabgeordnete Jamie Raskin der „New York Times“. Zuständig im Weißen Haus ist inzwischen Stephen Miller, stellvertretender Stabschef, konservativer Hardliner und ebenfalls ein Weggefährte aus Trumps erster Amtszeit – einer der wenigen, der alle vier Jahre mit Trump im Weißen Haus verbrachte und jetzt wieder an Bord ist. Miller gilt im Trump-Umfeld als besonders mächtig und absolut loyal. Laut CNN hat er Jahre damit verbracht, genau diese Strategie für Trump zu ersinnen. Vieles von dem, was von Trump und aus dem Weißen Haus derzeit kommt, ist so wenig konkret, dass es juristisch zweifelhaft und politisch geradezu töricht erscheint.
Könnten einige Maßnahmen durch die Justiz wieder kassiert werden?
„Die Annexion Gazas durch Amerika wird nicht passieren“, schreibt etwa die renommierte Denkfabrik Brookings Institution. Besonders die nach innen gerichtete Politik des Aufräumens in den Behörden des eigenen Landes, ausgeführt von einem Trupp junger Computer-Nerds unter Anleitung des Milliardärs Elon Musk, könnte eine zu harte Nuss selbst für Trump werden. Die Justizminister der von Demokraten regierten US-Bundesstaaten tun sich zusammen und laufen Sturm gegen das sogenannte „Department of Government Efficiency“, kurz „Doge“, die ersten Gerichtsentscheide stoppten Teile der Aktivitäten.
21 Justizminister gehen etwa gemeinsam gegen den Versuch vor, möglichst viele Staatsdiener per Goldenem Handschlag vorzeitig aus ihren Ämtern zu holen – die sogenannte „Weggabelung-Direktive“ (Fork in the Road). Trump und Musk hätten den Bediensteten die Wahl zwischen einem freiwilligen Jobverzicht nach nur wenigen Tagen Bedenkzeit und einer möglichen Entlassung gegeben, sagte der Justizminister von Maryland, Anthony Brown. Eine Koalition aus Justizministern von 19 Bundesstaaten verhinderte in der vergangenen Woche in letzter Minute, dass Musk und sein Doge den vom Finanzministerium gewährten Zugriff auf das zentrale Zahlungssystem des Ministeriums erhielten. Laut Trump sollen Musks Leute nun das Bildungsministerium und sogar das Militär durchforsten – angeblich auf der Suche nach Korruption und Geldverschwendung. Stephen Miller verteidigt, was viele als Verfassungsbruch beurteilen. Die Mehrheit der Amerikaner habe Trump dafür gewählt, dass er sein Versprechen wahrmache und große Veränderungen voranbringe. „Dafür braucht er die Kontrolle über die Regierung“, sagte Miller jüngst dem Sender CNN. (dpa)