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Wunsch nach mehr Härte gegen PutinWarum Joe Biden derart zurückhaltend auftritt

Lesezeit 3 Minuten
Joe Biden schaut traurig

Joe Biden 

Washington – Nur Stunden vor dem Einrücken von Wladimir Putins Sturmtruppen in die ukrainische Metropole Kiew stellte sich US-Präsident Joe Biden nach seiner TV-Ansprache an die Nation dem Pressekorps des Weißen Hauses. Obwohl die Fragesteller zuvor sorgfältig ausgewählt worden waren, prasselten dann doch jede Menge unbequeme Fragen auf Biden nieder.

Fragen wie: Warum er nach der Ankündigung empfindlicher Sanktionen immer noch nicht Putin persönlich mit Sanktionen belege – ein Schritt, von dem Biden noch vor Wochen explizit gesprochen hatte. Und: Was denn noch geschehen müsse, damit Washington und die Verbündeten Russland vom Finanztransfer-System Swift abschneiden. Gleich mehrfach riefen Reporter dem Präsidenten die Frage nach Konsequenzen für Putin zu – doch ernteten nur Schweigen. Stattdessen gab es Strafmaßnahmen vor allem gegen einzelne russische Banken – Aktionen, die von vielen Kommentatoren in den USA als unzureichend bewertet wurden.

Was aber sind die Gründe für die relativ moderate Reaktion des US-Präsidenten angesichts einer historischen Aggression des Kreml? Hier drängen sich vor allem drei verschiedene Aspekte auf:

Biden scheut Konflikte

Der US-Präsident hört bei außenpolitischen Herausforderungen vor allem auf seinen Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan. Und der handelte in seiner gesamten Regierungskarriere immer nach der alles überlagernden Devise: Bloß den Gegner nicht provozieren und immer auf Diplomatie setzen. Sullivan gilt als „Architekt“ des von Donald Trump aufgekündigten Atomabkommens mit dem Iran, das Barack Obama unbedingt als großes Vermächtnis feiern wollte – und das deshalb, mit heißer Nadel gestrickt, jede Menge Schlupflöcher für Teheran aufwies. So wurden beispielsweise Militäranlagen von Inspektionen ausgenommen. Beim Afghanistan-Abzugsfiasko war Sullivan ebenfalls federführend.

Rücksicht auf die Europäer

Während der Iran einst vier Jahre lang vom globalen Swift-Transaktionsprogramm ausgesperrt wurde, weil die Mullahs weiter heimlich an ihrem Nuklearprogramm gearbeitet hatten, kann Moskau vorerst weiter Swift nutzen. Vor allem die Bundesregierung in Berlin und Italien hätten einen Ausschluss blockiert, heißt es in Washington.

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Der US-Präsident wollte dies so detailliert nicht einräumen und stellte lediglich fest, die europäischen Verbündeten hätten dies für „keine gute Idee“ gehalten. Am Ende fügte sich deshalb auch Biden. Der Hintergrund dürfte sein, dass er unbedingt vermeiden wollte, dass Trennlinien zwischen Nato-Verbündeten nach außen dringen – was nach Ansicht der US-Regierung Putin in die Hände spielen würde.

Blick in die Zukunft

Daleep Singh, Vize-Sicherheitsberater des Präsidenten, erklärte auf die Frage, warum die Invasion eines Nato-Nachbarlandes nicht schon die schärfsten Strafen hervorrufe: Man wolle noch etwas in der Hinterhand haben. Zudem machte Biden deutlich, dass die Sanktionen auch darauf ausgelegt seien, die Märkte für Öl und Erdgas nicht zu erschüttern. Biden selbst steht derzeit wegen der ohnehin schon hohen Treibstoffpreise in den USA unter Druck. Und auch Länder wie Deutschland sind abhängig von russischem Erdgas. Aus diesem Grund will Washington zunächst keine allzu großen negativen Auswirkungen riskieren.