Es gibt ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln. Aber wem ist das zu verdanken?
„Ist das ein Witz?“Sowohl Biden als auch Trump beanspruchen Erfolg bei Nahost-Abkommen
Wer hat den entscheidenden Anteil an der Aushandlung des Abkommens im Nahen Osten? Über diese Frage herrscht in den USA Uneinigkeit. Sowohl der designierte Präsident Donald Trump als auch sein scheidender Vorgänger Joe Biden reklamieren den Erfolg für sich, wie am Mittwoch deutlich wurde. Wer hat es geschafft, vor allem Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu so unter Druck zu setzen, dass er nach monatelangen Verhandlungen dem Deal endlich zustimmte?
Bezeichnend ist möglicherweise eine Äußerung von Netanjahu selber. Dessen Büro bestätige am Abend das Abkommen, über das Medien zuvor berichtet und das Trump verkündet hatte. Netanjahu dankte auf der Plattform X, ehemals Twitter, dann sowohl Trump als auch Biden. An erster Stelle erscheint bei ihm der designierte Präsident.
Netanjahu berichtet von einem Telefonat mit dem 78-Jährigen und bedankt sich ausführlich. Netanjahu habe „mit dem gewählten US-Präsidenten Donald Trump gesprochen und ihm für seine Hilfe beim Vorantreiben der Geiselfreilassung gedankt“, heißt es. Erst danach rief Netanjahu offenbar bei Biden an.
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Trump war auch der erste gewesen, der von dem Abkommen über die Geiselfreilassung berichtet und den Deal entsprechend für sich verbucht hatte. „Diese epische Waffenruhe-Vereinbarung konnte nur als Ergebnis unseres historischen Siegs im November zustande kommen“, schrieb Trump in seinem Onlinedienst Truth Social mit Blick auf seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl. „Wir haben einen Deal für die Geiseln im Nahen Osten. Sie werden bald freigelassen. Danke!“, erklärte Trump. Die Reihenfolge der Danksagung von Netanjahu dürfte ihm in die Karten spielen.
Biden wehrt sich dagegen, dass Trump Deal für sich verbucht
Später äußere sich dann Joe Biden ausführlich bei einer Pressekonferenz zu dem Abkommen. Er betonte, er habe mit Trumps Team zusammengearbeitet und seine Mitarbeiter angewiesen, sich eng mit diesem abzustimmen. „Denn das ist es, was amerikanische Präsidenten tun“, so Biden diplomatisch. Dann wurde er allerdings deutlicher. Auf die Frage einer Journalistin, ob die Geschichtsbücher die Waffenruhe Trump oder Biden zuschreiben werden, sagte Biden mit einem Lächeln: „Ist das ein Witz?“
Der Noch-Präsident betonte, das Abkommen sei „unter den genauen Rahmenbedingungen“ des Plans zustande gekommen, den er Ende Mai dargelegt hatte. Es sei Ergebnis der „hartnäckigen amerikanischen Diplomatie“, so Biden.
Beobachter wie der Nahost-Experte Jonathan Panikoff, der sich gegenüber der Nachrichtenagentur ap äußerte, sehen einen Anteil sowohl von Biden als auch von Trump beim Abkommen. Biden verdiene Lob dafür, dass er immer wieder auf die Gespräche drang. Aber auch Trumps Drohungen gegenüber der Hamas und seine Bemühungen durch seinen Sonderbeauftragten Steve Witkoff, Netanjahu zu überzeugen, verdienten Anerkennung, sagte er.
Trump erhöhte Druck auf Hamas und Netanjahu
Trump hatte kürzlich den Druck auch öffentlich erhöht und gesagt, im Nahen Osten werde „die Hölle losbrechen“, wenn die Geiseln bis zu seiner Amtsübernahme nicht wieder zuhause sein sollten. „Und das wird nicht gut für die Hamas sein, und es wird – offen gesagt – für niemanden gut sein“, so der Republikaner. Offenbar hatte Witkoff am Wochenende aber auch massiv Druck auf Netanjahu ausgeübt, dem Deal endlich zuzustimmen. Trump ist als enger Verbündeter Netanjahus bekannt und ließ so vermutlich seinen Einfluss spielen.
Von der israelischen Regierung hatte es kurz nach der Bekanntgabe des Abkommens geheißen, dass noch einzelne Punkte geklärt werden müssten. Das Büro Netanjahu erklärte, dass „mehrere Klauseln des Rahmens“ noch offen seien. Die verbleibenden zu klärenden Punkte des Abkommen würden voraussichtlich im Laufe des Abends geklärt werden, fügte das Büro hinzu. (mit dpa und afp)