Köln – Der Vatikan hat dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki in einer umstrittenen Finanzfrage volle Rückendeckung gegeben. Es ging um die Finanzierung zweier Gutachten zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und um eine externe PR-Beratung.
Die Kosten beliefen sich insgesamt auf 2,8 Millionen Euro, wovon 820.000 auf die PR-Beratung entfielen. Woelki hatte das Geld einem Sondervermögen entnommen, das sich nicht aus Kirchensteuermitteln speist. Aus diesem Fonds kommen auch die Gelder, die das Erzbistum Köln an Opfer sexuellen Missbrauchs ausbezahlt.
Vorgehen völlig in Ordnung?
Der Vorsitzende der vatikanischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, bescheinigte Woelki in einem Brief, dass sein Vorgehen völlig in Ordnung gewesen sei. Woelki sei befugt, „frei über die Finanzmittel des Fonds zu verfügen”, teilte Ouellet in einem Brief mit, den die Deutsche Presse-Agentur einsehen konnte. Es sei auch nicht nötig gewesen, die Gremien des Erzbistums hinzuziehen. „Da folglich kein Vergehen vorliegt, gibt es auch keinen Anlass für kirchenrechtliche Konsequenzen”, folgert Ouellet, der als einer der mächtigsten Männer des Vatikans gilt.
„Das ist natürlich eine gute Nachricht aus Rom”, sagte Woelki am Dienstag. Sie trage hoffentlich ein wenig zur Beruhigung im Erzbistum bei. Während Woelkis mehrmonatiger Auszeit, die Anfang März zuende gegangen war, hatte sich sein Vertreter Rolf Steinhäuser an den Vatikan gewandt und um eine Überprüfung des Vorgehens gebeten.
„Vatikan hat Woelki einen 'Persilschein' ausgestellt”
Heftige Kritik an dem Freispruch aus Rom kommt von dem bekannten Kirchenrechtler Thomas Schüller aus Münster. Der Vatikan habe Woelki einen „Persilschein” ausgestellt, „der das Papier nicht wert ist, auf dem er gedruckt ist”, teilte Schüller der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Gelder aus dem Fonds hätten nie und nimmer für teure PR-Agenturen und überteuerte Kanzleien eingesetzt werden dürfen. Der Vatikan mache sich so „zum Handlanger des Kardinals und seiner Entourage”. Schüllers Schlussfolgerung: „Ein selten peinlicher Vorgang für die römische Kurie.”
Da Woelki nach Darstellung von Kardinal Ouellet frei über die Gelder aus dem erzbischöflichen Sondervermögen verfügen kann, dürfte er aus Sicht des Vatikans auch korrekt gehandelt haben, als er dem Fonds Mittel zur Begleichung von Schulden eines Priesters entnahm. Der Priester befand sich nach Woelkis Worten in einer „menschlich sehr angegriffenen Situation”. Es habe sich um eine extreme Notlage gehandelt. Heute würde sich ein solches Vorgehen sicher so nicht wiederholen.
Auf die Frage, ob er noch einmal 820.000 Euro für PR-Beratung ausgeben würde, sagte Woelki, nach seiner Entscheidung, das erste von ihm in Auftrag gegebene Missbrauchsgutachten nicht zu veröffentlichen, habe sich das Erzbistum in einer schwierigen Lage befunden. In dieser Situation habe man sich entschieden, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Ein Fehler sei sicher gewesen, damals keinen Pauschalvertrag abzuschließen. Außerdem habe die Krisensituation viel länger gedauert, als anfangs gedacht. Dadurch sei es dann letztlich zu den hohen Kosten gekommen.
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