Russland soll gegen ukrainische Truppen Erstickungsmittel eingesetzt und damit gegen das Chemiewaffenverbot verstoßen haben.
Gas bereits im ersten Weltkrieg eingesetztUSA überzeugt: Russland hat chemische Waffe in der Ukraine eingesetzt
Die USA haben Russland den Einsatz einer Chemiewaffe in der Ukraine vorgeworfen. Russland habe „die chemische Waffe Chlorpikrin gegen ukrainische Streitkräfte“ unter Verletzung der Chemiewaffenkonvention eingesetzt, erklärte das US-Außenministerium am Mittwoch (Ortszeit). Russland habe außerdem Reizstoffe als Mittel der Kriegsführung in der Ukraine verwendet. Dabei handele es sich ebenfalls um einen Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention (CWK).
Das Außenministerium fügte hinzu, dass Russland während des Krieges auch „Schädlingsbekämpfungsmittel“ oder Tränengas unter Verletzung des CWK eingesetzt habe. Das CWK ist ein internationales Übereinkommen von Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, das Entwicklung, Herstellung, Besitz, Weitergabe und Einsatz chemischer Waffen verbietet.
Russland soll „Erstickungsmittel“ eingesetzt und damit gegen das Chemiewaffenverbot verstoßen haben
Der Einsatz solcher Chemikalien sei kein Einzelfall, ist das US-Außenministerium überzeugt. Die russischen Truppen wollten damit vermutlich die ukrainischen Streitkräfte aus befestigten Positionen verdrängen und taktische Fortschritte auf dem Schlachtfeld erzielen, erklärte das US-Außenministerium weiter.
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Der Bericht der USA deckt sich mit Aussagen ukrainischer Truppen, die sagen, dass sie in den letzten Monaten an Teilen ihrer Frontlinie mit den russischen Streitkräften vermehrt mit Gas und anderen chemischen Reizstoffen konfrontiert waren.
Auch desertierte russische Soldaten hatten über den Einsatz von chemischen Waffen in Russlands Krieg gegen die Ukraine berichtet. „Es sind antike Substanzen aus dem Ersten Weltkrieg“, erklärte der Soldat im Gespräch mit der russischen Exil-Zeitung Nowaja Gaseta Europa im November 2023. „Hauptsächlich wird Chlorpikrin eingesetzt“, erklärte der Soldat, dessen Identität von der Zeitung aus Sicherheitsgründen geheim gehalten wird.
Russland bestreitet Einsatz von chemischen Waffen trotz anhaltender Vorwürfe
Russland hat in der Vergangenheit erklärt, kein militärisches Chemiearsenal mehr zu besitzen. „Es gibt keine chemischen Waffen in den Beständen der russischen Armee, wie internationale Untersuchungen bestätigen“, schrieb die russische Botschaft in den Niederlanden auf ihrer X-Seite (früher bekannt als Twitter), wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass im Januar berichtete. Tatsächlich allerdings steht das Land steht unter Druck, mehr Transparenz über den vorgeworfenen Einsatz von giftigen Waffen zu schaffen.
Russland wies die Anschuldigungen der USA zurück. Die Vorwürfe seien „vollkommen unbegründet“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Russland komme seinen „völkerrechtlichen Verpflichtungen“ in diesem Bereich nach.
Der US-Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) zufolge wird Chlorpikrin als Kampfstoff und als Pestizid eingesetzt. Beim Einatmen besteht demnach ein Gesundheitsrisiko. Das Gas reizt Lunge, Augen und Haut, es kann außerdem wochenlang Übelkeit, Erbrechen und Durchfall hervorrufen. Chlorpikrin wurde im Ersten Weltkrieg in großem Umfang als chemischer Kampfstoff eingesetzt, ist aber für den militärischen Einsatz nicht mehr zugelassen.
Mutmaßlicher Einsatz von Chemiewaffen: Muss Wladimir Putin „schwerwiegende Konsequenzen“ fürchten?
Die USA hatten Russland bereits kurz nach Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges im Februar 2022 vor dem Einsatz chemischer Waffen in der Ukraine gewarnt. Damals erklärte US-Präsident Joe Biden, dass die NATO reagieren würde, wenn Russland in der Ukraine chemische Waffen einsetzen würde.
Im April letzten Jahres erklärten die Außenminister der G7-Staaten in einer gemeinsamen Erklärung, dass jeder Einsatz chemischer, biologischer oder nuklearer Waffen für Russland „schwerwiegende Konsequenzen“ haben würde.
USA reagiert mit neuem Sanktionspaket
Eine erste Reaktion der USA gibt es bereits, allerdings dürfte sie den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht unbedingt ins Mark treffen. Auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 1991 gegen den Einsatz chemischer und biologischer Kampfstoffe verhängt das US-Außenministerium „erneut Beschränkungen für ausländische Militärfinanzierung, Kreditlinien der US-Regierung und Ausfuhrlizenzen für Verteidigungsartikel und national sicherheitsempfindliche Güter, die nach Russland geliefert werden“, teilte es am Mittwoch mit.
Washington setzt demnach ein neues Sanktionspaket gegen Unterstützer des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durch. Wie das US-Finanzministerium mitteilte, richten sich die Strafmaßnahmen gegen rund 300 Menschen und Unternehmen. Betroffen sind Firmen aus Russland, China und anderen Staaten, denen vorgeworfen wird, Moskau bei der Beschaffung von Waffen und Rüstungsgütern für den Ukraine-Krieg zu helfen.
Eine Reaktion von russischer Seite ließ nicht lange auf sich warten. Die Sanktionen verstärkten die Zweifel an der Konstruktivität der Rolle Washingtons in der Welt, sagte der russische Botschafter in den Vereinigten Staaten, Anatoli Antonow gegenüber Tass. Antonow nannte die Sanktionen „russophobe Maßnahmen“. (mit afp)