Die Türkei hat beantragt, den Döner als "garantiert traditionelle Spezialität" in der EU zu registrieren. Würde dies durchgesetzt, könnte es das Ende der Dönervielfalt bedeuten und den Preis für den Snack erhöhen.
Streit um die Spezialität DönerIst es bald vorbei mit der Drehspießvielfalt?
Es soll Zeiten gegeben haben, da war ein Döner einfach nur ein Döner, aber die sind vorbei. Heute muss er im politischen Betrieb wahlweise als Symbol für gelungene Integration, Volksnähe oder die Sorge vor Inflation herhalten. Vielleicht kochen deshalb zurzeit die Emotionen zwischen Berlin und Ankara hoch. Die Frage lautet im weitesten Sinne: Wem gehört der Döner? Die Antwort könnte am Ende ausgerechnet die EU geben müssen.
Im Frühjahr hatte der internationale Dönerverband mit Sitz in Istanbul beantragt, den Namen Döner als „garantiert traditionelle Spezialität“ in ganz Europa zu registrieren. Die Organisation, zu der sich eine Reihe türkischer Produzenten zusammengeschlossen hat, will, dass das Gericht mit einem EU-Schutzsiegel versehen wird wie etwa die Pizza Napoletana oder die Heumilch. Das Etikett weist nach, dass ein Lebensmittel auf „traditionelle“ Weise hergestellt oder verarbeitet wurde oder es aus „traditionellen“ Zutaten besteht. Ein Gesuch nach Schutz und Eintragung von Produktbezeichnungen können auch Staaten stellen, die nicht Mitglied der EU sind.
Streit auf höchster Ebene: Umbenennung könnte vor strengen Vorgaben schützen
Hätten die Türken mit ihrem Vorstoß Erfolg, müssten Fleischspieße künftig in der gesamten Gemeinschaft nach einheitlichen Regeln fabriziert werden. Wer die Vorgaben ignoriert, dürfte nicht mehr vom Döner sprechen. Es wäre das Ende der deutschen Dönervielfalt und der mögliche Beginn von Drehspießbuden. Denn in der Bundesrepublik packen die Macher gerne Kalb- und Jungrindfleisch oder auch Pute ins Fladenbrot.
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Um die beliebte Speise vor der Initiative zu retten, legte deshalb im Sommer unter anderem das Bundeslandwirtschaftsministerium Einspruch in Brüssel gegen den Antrag ein mit dem Hinweis, ein Gütesiegel würde zu großen bürokratischen Hürden führen und den Preis für den Imbiss in die Höhe treiben.
Konsultationen zwischen Europa, Ministerium und der Türkei
Wie der Döner in Deutschland zubereitet und gegessen werde, „sollte jeder selbst entscheiden dürfen“, schrieb Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) damals auf der Plattform X. Da brauche es keine Vorgaben aus Ankara. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die sinnvolle Regelung der geschützten Ursprungsbezeichnungen instrumentalisiert oder sogar gegen uns genutzt wird“, sagte die Europaabgeordnete Christine Schneider (CDU) unserer Redaktion. Vielmehr versuchten türkische Geschäftsleute, „EU-Gesetzgebung zu ihrem Vorteil zu manipulieren und mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen“.
Nachdem die Brüsseler Behörde in den vergangenen Wochen die Einsprüche prüfte und als zulässig bewertete, habe man nun beide Seiten „zu Konsultationen eingeladen“, wie ein Sprecher gegenüber unserer Redaktion bestätigte. Drei Monate bleiben der Türkei und Deutschland zunächst Zeit, um sich zu einigen. Aus Özdemirs Ministerium hieß es, dass der Prozess zwar angelaufen sei, es aber noch keinen Termin für Konsultationen gebe. Finden die beiden Seiten keinen Kompromiss, liegt die Entscheidung über die Eintragung ins Spezialitätenregister bei der EU-Kommission. Von dieser erwartet Schneider, „dass der Döner weiterhin Döner heißen darf“.
Freie Wahl nur bei Soße und Salat
Fiele sie jedoch im Sinne der türkischen Kebabhersteller aus, käme einiges auf die Deutschen zu. Zu den Forderungen des Verbands gehört etwa, dass lediglich das Keulen- oder Rückenfleisch von mindestens sechs Monate alten Schafen oder von Rindern ab 16 Monaten verwendet wird. Genau geregelt werden soll auch, welche Gewürze für die Marinade erlaubt sind, wie lange gegart werden muss und wie dick die Fleischscheiben zu sein haben: zwei bis fünf Millimeter.
In dem Antrag wird sogar ausgeführt, dass das Fleisch von oben nach unten vom Spieß abgeschnitten werden muss – mit einem etwa 55 Zentimeter langen Messer. Immerhin das Beiwerk wollen die Türken nicht antasten. Es bliebe weiterhin den Imbiss-Verkäufern überlassen, welches Brot und welchen Salat sie verwenden und ob sie eine Trüffel- oder Cocktailsoße anbieten.
Trotzdem, die Fast-Food-Gastronomen bangen ums Geschäft. Herstellung und Verkauf des Snacks bescheren der Branche in Deutschland dem Portal Statista zufolge einen jährlichen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro. Einen „teureren, standardisierten „Norm-Döner“ braucht niemand“, findet auch die CDU-Politikerin Schneider. „Der Döner steht für Vielfalt, und er muss so vielfältig bleiben, wie er ist.“