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Vorgaben aus der TürkeiZoff um den „richtigen“ Döner entbrannt

Lesezeit 4 Minuten
PRODUKTION - 07.08.2024, Baden-Württemberg, Heilbronn: Ein Mitarbeiter einer Dönerbude legt Fleisch in einen Döner. (zu dpa: «Obergrenze für Dönerbuden? Das steckt hinter der CDU-Idee») Foto: Christoph Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

PRODUKTION - 07.08.2024, Baden-Württemberg, Heilbronn: Ein Mitarbeiter einer Dönerbude legt Fleisch in einen Döner. (zu dpa: ´Obergrenze für Dönerbuden? Das steckt hinter der CDU-Idee») Foto: Christoph Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Was kommt in den Döner? Die türkische Lobby kritisiert die Fleischauswahl, bei der EU in Brüssel läuft ein Prüfverfahren – kommen bald strengere Regeln?

Sollte es für die Herstellung von Dönerfleisch europaweit einheitliche Regeln geben? Und wenn ja, wie sollten diese aussehen? Über diese Fragen bahnt sich ein unappetitlicher Streit zwischen der deutschen und türkischen Dönerlobby an. Hintergrund ist ein Vorstoß des Internationalen Dönerverbands (Udofed). Er hat bei der Europäischen Union beantragt, Döner auf die EU-Liste mit „garantiert traditionellen Spezialitäten“ aufzunehmen.

Sollte dem Begehren stattgegeben werden, müssten Dönerspieße künftig in der gesamten EU nach einheitlichen Regeln hergestellt werden. In Deutschland sind Gastronomie und Fleischproduzenten alarmiert und gehen mit Unterstützung der Bundesregierung gegen den Vorstoß vor. Ein Kritikpunkt: Sollte der Antrag angenommen werden, würde die in der Bundesrepublik übliche Verwendung von Kalb- und Jungrindfleisch sowie von Putenfleisch für die Dönerproduktion illegal werden.

Döner-Streit: Vorgaben zu Fleisch und Marinade

Nach dem Antrag aus der Türkei hat Döner nämlich aus Fleisch von mindestens sechzehn Monate alten Rindern oder Keulen- und/oder Rückenfleisch von mindestens sechs Monate alten Schafen zu bestehen. Einzige Alternative wäre demnach Döner aus Hähnchenfleisch, der aus Hähnchenbrust und/oder Hähnchenschenkeln hergestellt werden müsste. Genau geregelt würde zum Beispiel auch, welche Zutaten für die Marinade zulässig sind, wie dick die Fleischscheiben zu sein haben und wie lange mariniert werden muss.

Wie der Streit ausgeht, könnte schon bald entschieden werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat in dem Prüfverfahren zu dem bereits 2022 eingereichten Antrag jüngst die heiße Phase begonnen. Demnach prüft die EU-Kommission seit einigen Tagen als zuständige Behörde die Einsprüche. Wenn sie als zulässig beurteilt werden, würde sie Konsultationen zur Streitbeilegung anordnen. Sollte in diesen keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, müsste sich ein Ausschuss aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten mit dem Fall beschäftigen. Dieser könnte der Kommission dann per Mehrheitsbeschluss vorgeben, ob sie dem Antrag stattgeben soll oder nicht.

Özdemir: „Der Döner gehört zu Deutschland“

Zu den prominenten deutschen Gegnern des türkischen Vorstoßes zählt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. „Der Döner gehört zu Deutschland. Wie er hier zubereitet und gegessen wird, sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara“, kritisiert der Grünen-Politiker im sozialen Netzwerk X. Von einem Ministeriumssprecher heißt es zudem, im Fall einer Annahme des Antrags sei mit spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen für Hersteller und Verkaufsstellen zu rechnen.

Neben dem Ministerium haben auch der Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) bei der EU Einspruch gegen den Antrag auf Eintragung von Döner als traditionelle Spezialität eingelegt.

Der Dehoga argumentiert ähnlich wie das Ministerium. Wenn dem Antrag stattgegeben würde, hätte dies gravierende Konsequenzen für gastronomische Betriebe wie Verbraucher: „Die Folgen wären notwendigerweise neue Bezeichnungen für Dönergerichte, damit verbundene Unklarheiten und Intransparenz, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten.“ Klar ist etwa, dass es keine Gemüsedöner mehr geben dürfte.

Gleichzeitig gilt: Die Fortsetzung der Produktion in Deutschland wäre kein Problem. Im Gegensatz zum EU-Siegel „geschützte Ursprungsbezeichnung“, das zum Beispiel dafür sorgt, dass Champagner nur in der französischen Weinbauregion Champagne hergestellt werden darf, ist das EU-Siegel „garantiert traditionelle Spezialität“ deutlich schwächer.

So ist nach Angaben der Bundesregierung der Produktionsprozess an kein Gebiet gebunden und entscheidend ist allein, dass dem traditionellen Rezept oder Herstellungsverfahren gefolgt wird. Zu dieser Kategorie zählen bislang etwa Heumilch oder Pizza Napoletana. Nicht betroffen vom Antrag ist zudem die Zubereitung von Dönergerichten. So würde beispielsweise nicht geregelt, was für Salat und welche Soße in eine Dönertasche kommen.

Völlig unklar ist bislang, warum der Internationale Dönerverband einen Antrag eingereicht hat, der selbst dem Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa nicht passt. Auf Anfragen gab es zu dem Thema keine klare Antwort und auch aus dem Antrag selbst ist nicht ersichtlich, warum seit Jahrzehnten in Deutschland verbreitete Herstellungsmethoden künftig nicht mehr genutzt werden sollten. Dort wird sogar darauf verwiesen, dass Döner zu einem kulturellen Symbol der türkischen Einwanderung nach Deutschland geworden sei – vor allem die Variante, bei der Döner mit Salat, Zwiebeln, Tomatenscheiben und Soße im Fladenbrot serviert wird.

Die Antragsteller rudern mittlerweile schon ein wenig zurück. Man wolle mit dem Antrag niemandem schaden, schon gar nicht dem deutschen Markt, sagt Huriye Özener, Beraterin des Internationalen Dönerverbands in der Türkei. Es gehe lediglich darum, die Tradition und die Zubereitung des Fleisches zu schützen. (dpa)