AboAbonnieren

Krieg als Thema in BrüsselScholz im Telefonat mit Trump: Töten in der Ukraine muss enden

Lesezeit 4 Minuten
Olaf Scholz auf der Regierungsbank im Bundestag.

Olaf Scholz hat mit Donald Trump telefoniert. Er zeigt sich zuversichtlich.

Schon zum zweiten Mal nach Trumps Wahlsieg telefoniert Kanzler Scholz mit dem künftigen US-Präsidenten. Zentrales Thema: Die Ukraine.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich nach seinem Telefonat mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump zuversichtlich gezeigt, dass Europa und die USA bei ihrer Unterstützung der Ukraine weiter an einem Strang ziehen werden. „Aber natürlich mit einer klaren Perspektive, dass es einen fairen Frieden für die Ukraine gibt, die ihre Souveränität verteidigen kann, und dass das Töten endet“, fügte Scholz auf einer Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel in Brüssel hinzu. „Für mich ist es ganz klar, dass wir alles dafür tun müssen, dass das möglich wird.“ 

Es brauche auch mit einem Präsidenten Trump eine koordinierte Ukraine-Politik mit den USA. „Mein Eindruck: Das ist auch gut möglich.“ Es war das zweite Gespräch des Kanzlers mit Trump seit dessen Wahlsieg am 5. November. Am 20. Januar soll der Republikaner in Washington als Nachfolger von Joe Biden vereidigt werden, unter dessen Führung die USA zum wichtigsten Verbündeten und größten Waffenlieferanten der Ukraine geworden sind. Dass Scholz bereits vor dem Amtsantritt schon zum zweiten Mal mit dem künftigen Präsidenten telefoniert, ist eher unüblich.

Scholz: Bodentruppen „gar kein Thema“

Zu Gedankenspielen über eine Friedenstruppe in der Ukraine bei einem möglichen Waffenstillstand äußerte sich Scholz erneut ablehnend. Eine konkrete Ausgestaltung einer Sicherheitsarchitektur sei „gegenwärtig gar nicht wirklich vernünftig zu bereden“, sagte er. „Es muss aber etwas sein, das aus unserer Sicht auch transatlantisch strukturiert ist“, betonte er lediglich. Es habe aber „keine Diskussion über Bodentruppe oder ähnliches gegeben, weil das gar kein Thema ist“.

Selenskyj wünscht sich Truppenpräsenz

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der ebenfalls an dem EU-Gipfel teilnahm, hatte die europäischen Staats- und Regierungschefs zuvor allerdings aufgefordert, sich neuen französischen Plänen für eine internationale Truppenpräsenz in der Ukraine anzuschließen. Es sei entscheidend, dass Europa einen bedeutenden Beitrag zu Sicherheitsgarantien für sein Land leiste, sagte Selenskyj in einer Rede beim Gipfel. Die Ukraine unterstütze die Pariser Initiative für ein Militärkontingent in der Ukraine im Rahmen dieser Garantien und fordere andere Partner auf, sich diesem Einsatz anzuschließen. „Dies wird helfen, den Krieg zu beenden“, sagte Selenskyj.

Details zu der französischen Initiative nannte der ukrainische Präsident nicht. Als wahrscheinlich gilt, dass er sich auf Überlegungen für eine Friedenstruppe zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstandes bezieht. Denkbar ist aber auch eine Truppenpräsenz für militärische Ausbildungsprogramme für die ukrainischen Streitkräfte. Auch diese könnten eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine darstellen.

Was macht Trump nach der Amtseinführung?

Hintergrund für die aktuellen Diskussionen über eine mögliche Friedenstruppe für die Ukraine ist das Szenario, dass Trump als US-Präsident möglicherweise versuchen wird, die Ukraine und Russland zu Waffenstillstandsverhandlungen zu drängen. Dafür könnte er der Ukraine androhen, im Fall einer Weigerung die Militärhilfe zu stoppen.

Für den Fall, dass Trump die Unterstützung ganz einstellen sollte, zeichnete Selenskyj ein düsteres Bild: „Es ist sehr schwierig, die Ukraine ohne die Hilfe der USA zu unterstützen, und genau das werden wir mit Präsident Trump besprechen, wenn er im Weißen Haus ist.“

Kein Weihnachtsfrieden an der Front

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban erneuerte zum Abschluss des EU-Gipfels seinen Vorschlag einer Waffenruhe „wenigstens über die drei orthodoxen Weihnachtsfeiertage“. „Wir müssen Leben retten“, sagte er. Er verstehe auch nicht, warum Russland und die Ukraine zum Fest nicht 700 Gefangene austauschen könnten. 

Selenskyj hatte beides schon vorher abgelehnt. Der ungarische Vorschlag sei weihnachtlich, sagte er - aber Orban sei wegen seiner Nähe zu Moskau nicht als Vermittler geeignet. Die Ukraine habe in Verhandlungen mit Russland schon 3500 ihrer Gefangenen heimgeholt und werde dies fortsetzen. 

Viktor Orban gestikuliert bei einer Pressekonferenz nach der jüngsten EU-Ratssitzung.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban weicht weiter vom Kurs der übrigen EU ab.

Ungarn hatte mit diesem Austausch bislang nur am Rande zu tun, wichtige Akteure sind Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei. Eine Waffenruhe scheitert daran, dass beide Seiten befürchten, die andere Seite könnte in der Zeit ihre Stellung verbessern.

Seine Zustimmung zur Verlängerung der Ende Januar auslaufenden Russland-Sanktionen hat Orban beim EU-Gipfel verweigert. Wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Teilnehmern des Spitzentreffens in Brüssel erfuhr, sagte der Ungar den anderen Staats- und Regierungschefs, er müsse über die Sache noch nachdenken. Eine Entscheidung will er demnach erst nach Trumps Amtseinführung treffen. Orban hatte die Sanktionen wiederholt als nutzlos und schlecht für die europäische Wirtschaft kritisiert.

Russen rücken im Donbass weiter vor

Unterdessen meldete das ukrainische Militär weiter schwere Gefechte aus dem Osten des Landes. Russische Soldaten hätten das Dorf Trudowe südlich von Kurachowe im Gebiet Donezk erobert, berichtete der ukrainische Militärblog „DeepState“. Der Generalstab in Kiew nannte am Donnerstagabend Kurachowe und Pokrowsk als Schwerpunkte der Kämpfe.

Unter Druck sind ukrainische Truppen auch in dem Brückenkopf, den sie immer noch im russischen Gebiet Kursk halten. Allein dort habe es am Donnerstag 48 russische Sturmangriffe gegeben, teilte der Generalstab mit. Die russische Armee setzt bei Kursk auch nordkoreanische Soldaten ein. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums sagte am Donnerstag, im Pentagon gehe man davon aus, dass mehrere Hundert Nordkoreaner verletzt oder getötet worden seien. (dpa)