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Frachter verlässt OdessaRussland hat das letzte Wort beim Getreide-Deal

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Schiff der Hoffnung: Die "Razoni" nimmt am Montagmorgen Kurs auf Istanbul - mit 26 000 Tonnen Getreide an Bord.

Istanbul/Odessa – Laut und lange tönte das Schiffshorn der „Razoni“, als sie am Montagmorgen von der Kaimauer im Hafen von Odessa ablegte. Der Frachter unter der Flagge von Sierra Leone sei das erste Schiff, das seit Kriegsbeginn aus Odessa auslaufe, erklärte der ukrainische Infrastruktur-Minister Oleksandr Kubrakow, der ein Video von der Abfahrt auf Twitter veröffentlichte. Die Fahrt der „Razoni“ mit 26 000 Tonnen Mais für Abnehmer im Libanon ist die erste Bewährungsprobe der Istanbuler Getreide-Vereinbarung von Türkei, UN, Russland und Ukraine. Mehr als ein Dutzend weitere Schiffe sollen in den kommenden Tagen folgen – wenn alles gutgeht.

Kubrakow, der den Istanbuler Vertrag am 22. Juli für die Ukraine unterzeichnet hatte, nannte die Reise der „Razoni“ einen Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in der Welt. Weil der Krieg bisher den Export von Getreide aus der Ukraine verhinderte und die Preise auf dem Weltmarkt in die Höhe trieb, kämpfen Länder wie der Libanon mit Versorgungsengpässen. Die Istanbuler Vereinbarung soll garantieren, dass genug Getreide zu den Abnehmern kommt.

Frachter muss durch einen Minengürtel

Die „Razoni“ nahm Kurs nach Süden in Richtung Istanbul, wo sie an diesem Dienstag erwartet wird. Vorher muss sie den Minengürtel passieren, mit der sich die Ukraine vor Angriffen der russischen Kriegsmarine auf die Küste schützt. Vertreter der vier Vertragsparteien, die in Istanbul in einem Gemeinsamen Koordinierungszentrum zusammenarbeiten, sollen das Schiff vor der Einfahrt in den Bosporus überprüfen, bevor er ins Mittelmeer weiterfahren darf. Frachter, die in umgekehrter Richtung in die Ukraine unterwegs sind, um Ladung aufzunehmen, werden ebenfalls in Istanbul kontrolliert; Russland will damit sicherstellen, dass keine Waffen transportiert werden.

Neben dem Hafen von Odessa sind die Häfen der Städte Tschornomorsk und Piwdennyj für die Transporte vorgesehen. Nach ukrainischen Angaben warten 17 Frachter mit zusammen mehr als einer halben Million Tonnen Ladung an Bord auf die Genehmigung zum Auslaufen. In der Ukraine, einem der wichtigsten Getreidelieferanten der Welt, lagern mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide der letztjährigen Ernte, die bisher nicht exportiert werden konnten. Außerdem haben die Bauern laut Minister Kubrakow bereits mehr als sechs Millionen Tonnen der neuen Ernte eingebracht. Für die Ukraine sind die Exporte lebenswichtig. Kubrakow schätzt, dass sein Land mit Exporten per Schiff rund eine Milliarde Dollar an Devisen einnehmen kann.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte zur Abfahrt der „Razoni“, er hoffe über die Getreide-Vereinbarung hinaus auf einen Waffenstillstand und einen dauerhaften Frieden. Auch die russische Regierung begrüßte den Beginn der Exporte als „sehr positiv“.

Trotz der optimistischen Kommentare gibt es viele Unwägbarkeiten. Nur einen Tag nach Unterzeichnung des Abkommens hatte Russland den Hafen von Odessa angegriffen; am Sonntag trafen russische Raketen die Hafenstadt Mykolajiw. Zudem wird erst nach der Fahrt der „Razoni“ klar sein, wie verlässlich die Passage durch den Minengürtel funktioniert. Die unsichere Lage verteuert Versicherungsprämien für Frachter, die Getreide aus der Ukraine bringen. Die Reise der „Razoni“ ist deshalb auch eine Testfahrt und wird mit Drohnen und Satelliten beobachtet.

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Der Erfolg der Vereinbarung hängt auch davon ab, ob Moskau seine Interessen gewahrt sieht. Russland hatte in Istanbul zusätzlich ein eigenes Abkommen mit den UN unterzeichnet. Es soll sicherstellen, dass der Seetransport von russischem Getreide und Dünger nicht durch die Folgen westlicher Sanktionen aufgehalten wird. Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte, sein Land sei bereit, auch beim Export der russischen Güter zu helfen.

Zu hundert Prozent will sich die Ukraine nicht auf den Getreide-Deal verlassen. Russland habe „das letzte Wort“, sagte Minister Kubrakow. Wenn es Probleme geben sollte, werde auf „Plan B“ umgestellt: Dann sollen die Transporte über die Donau und per Eisenbahn verstärkt werden. Allerdings könnte die Ukraine damit bei weitem nicht so viel Getreide exportieren.