AboAbonnieren

„Wahl wird keine Wende bringen“Ob Trump oder Harris – Putin bleibt laut Kreml-Insider auf Kriegskurs

Lesezeit 4 Minuten
Laut einem Insider wird Kremlchef Putin an seinem Kriegskurs festhalten – egal, wer die US-Wahl gewinnt. (Archivbild)

Laut einem Insider wird Kremlchef Putin an seinem Kriegskurs festhalten – egal, wer die US-Wahl gewinnt. (Archivbild)

Die US-Wahlen gelten auch für den russischen Krieg gegen die Ukraine als richtungsweisend. Im Kreml scheint man das anders zu sehen.

Auch ein Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl in den USA am Dienstag wird Russland offenbar nicht von seinem Kriegskurs abbringen. „Natürlich wollen sie Trump – das ist klar – aber das Ergebnis dieser Wahl wird für Russland keine Wende bringen“, zitierte die „Washington Post“ am Wochenende eine Quelle in russischen Regierungskreisen. „Die Situation ist wirklich schrecklich geworden. Die russisch-amerikanischen Beziehungen stecken in einer Sackgasse“, zitierte die US-Zeitung die Quelle weiter. „Jeder ist eine Geisel davon – sogar Putin.“

Tatsächlich fällt Moskaus Unterstützung für Donald Trump in diesem Wahljahr geringer aus, als das bei vorherigen US-Wahlen zu beobachten war. „Sie scheinen nicht dieselben Illusionen zu haben wie 2016“, zitierte die US-Zeitung Francis Scarr, Russland-Experte, der für die BBC die russischen Medien analysiert. „Die unterschwellige Botschaft an die russischen Zuschauer ist, dass Trump vorteilhaft ist, aber die Fernsehsender halten sich damit zurück, ihn zu loben oder zu fördern“, so Scarr.

„Jeder ist eine Geisel davon – sogar Putin“

Gleichzeitig ist Trumps Kontrahentin Kamala Harris immer wieder Ziel der Attacken von Putins Propagandisten in den Staatsmedien. Vor allem versucht Moskau zuletzt jedoch mit Desinformationskampagnen Zweifel an den Wahlergebnissen in den USA zu säen – was Trump für sich nutzen könnte. Dennoch hat der Republikaner in der Vergangenheit bereits intensivere Unterstützung aus Moskau bekommen.

Dafür sprechen auch die Worte von Kremlchef Wladimir Putin, der im Sommer noch darüber gewitzelt hatte, dass Kamala Harris die von Moskau bevorzugte Wahlsiegerin sei. Dennoch dürfte Trump im Weißen Haus dem Kreml deutlich lieber sein, da er mehrfach die Bereitschaft signalisiert hat, die Unterstützung der Ukraine zu reduzieren oder sogar einzustellen. Den Krieg beenden werde das jedoch trotzdem nicht, heißt es nun aber nicht nur aus Moskauer Regierungskreisen.

Könnte Donald Trump entscheidende Veränderungen bewirken?

Wer daran glaube, dass Trumps Rückkehr ins Weiße Haus gravierende Veränderungen mit sich bringen werde, sei ein „naiver Narr“, sagte Mikhail Zvinchuk der „Washington Post“. Zvinchuk ist Gründer eines der reichweitenstärksten russischen Telegram-Kanäle – das US-Außenministerium wirft ihm Wahlbeeinflussung vor. Bei den russischen Kriegsbloggern sei man sich bewusst, „dass es weder Demokraten noch Republikaner gibt“, erklärte der Propagandist. Hinter verschlossenen Türen sei das „eine geeinte Partei“, maximal die Rhetorik werde sich ändern, „aber das Wesentliche nicht.“

„Ohne die Einigkeit des Westens, ohne eine klare Demonstration, dass der Westen und die Ukraine eine gemeinsame Vision von dem haben, was sie zu erreichen versuchen … hat Putin keinen Grund, sein Handeln in der Ukraine zu überdenken“, sagte auch Thomas Graham, Experte für russische Außenpolitik von der Denkfabrik Council on Foreign Relations, gegenüber dem US-Sender CNN.

„Für Putin ist die Ukraine nur ein Mittel zum Zweck“

Das Ausmaß des Krieges sei bereits zu groß für einfache Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew. Mittlerweile handele es sich um einen umfassenden Konflikt zwischen Russland und dem Westen. „Für Putin ist die Ukraine nur ein Mittel zum Zweck, und der Zweck besteht darin, den Einfluss der USA in internationalen Angelegenheiten weiter einzuschränken“, bekräftigte der britische Experte John Lough von Londoner Denkfabrik Chatham House im Gespräch mit dem US-Sender.

Dimitri Medwedew und Wladimir Putin.

Dimitri Medwedew und Wladimir Putin.

Ins Bild passen dabei auch die jüngsten Statements aus Moskau. Von Verhandlungsbereitschaft ist dort nicht die Rede – Donald Trump hin oder Kamala Harris her. So sprach auch der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew zuletzt von einem direkten Konflikt mit dem Westen.

Deutliche Worte aus Moskau: „Er kann den Krieg nicht stoppen“

Es sei Moskaus Absicht, „Massenunruhen in den Großstädten der Nato-Staaten“ herbeizuführen. Das Leben der Amerikaner und Europäer solle sich in einen „völlig verrückten Alptraum verwandeln, in dem sie nicht mehr in der Lage sein werden, wilde Fiktion von der Realität zu unterscheiden“, erklärte der nunmehrige Vizechef des russischen Sicherheitsrats und amtierende Chef von Putins Partei. Es handele sich nicht mehr bloß um einen Stellvertreterkrieg, so der Ex-Präsident.

Auch für Trump hatte Medwedew kurz vor der Wahl noch einige Worte übrig. „Er kann den Krieg nicht stoppen. Nicht an einem Tag, nicht in drei Tagen, nicht in drei Monaten“, stellte Medwedew klar – und drohte dem Republikaner schließlich offen: „Wenn er es wirklich versucht, könnte er der neue JFK werden.“ Medwedew spielte damit auf die Erschießung des früheren US-Präsidenten John F. Kennedy an.

Der „beste Weg“ für die Kandidaten in den USA den 5. November „angenehm zu gestalten“, sei es daher, „das Kiewer Nazi-Regime weiter zu zerschlagen“, so der Putin-Vertraute. Medwedew ließ jedoch auch durchblicken, dass ein Wahlsieg von Trump dem Kreml im Zweifel dann doch lieber wäre. Es sei „der Weg zur Hölle, zum Dritten Weltkrieg“, wenn der nächste Chef im Weißen Haus der Ukraine weiterhin Waffen liefern würde, stellte der Kreml-Lautsprecher klar.