US-Vizepräsident J.D. Vance spielt auch am zweiten Tag der Sicherheitskonferenz eine wesentliche Rolle.
Pistorius hält Trump den Spiegel vor„Entscheiden wir selbst“ – Olaf Scholz kontert Wutrede von J.D. Vance
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Bundeskanzler Olaf Scholz hat auf die Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance reagiert.
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Bundeskanzler Olaf Scholz hat Äußerungen von US-Vizepräsident J.D. Vance zugunsten der AfD scharf zurückgewiesen und sich jede Einmischung in den deutschen Wahlkampf verbeten. Aus den Reihen der AfD würden der Nationalsozialismus und dessen monströse Verbrechen verharmlost, sagte der SPD-Politiker bei der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).
Ein Bekenntnis zum „Nie wieder“, wie Vance dies am Donnerstag beim Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau abgelegt habe, sei nicht mit der Unterstützung für die AfD in Einklang zu bringen, fügte Scholz hinzu.
Olaf Scholz erinnert J.D. Vance an seinen Besuch in Dachau
„Deshalb werden wir es nicht akzeptieren, wenn Außenstehende zugunsten dieser Partei in unsere Demokratie, in unsere Wahlen, in die demokratische Meinungsbildung eingreifen“, sagte Scholz. „Das gehört sich nicht – erst recht nicht unter Freunden und Verbündeten und das weisen wir entschieden zurück“, erklärte der Kanzler und ergänzte: „Wie es mit unserer Demokratie weitergeht, das entscheiden wir selbst.“
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Vance hatte die europäischen Verbündeten am Freitag in seiner Rede bei der MSC scharf attackiert und vor einer Gefährdung der Demokratie gewarnt. Er nahm dabei indirekt Bezug auf die deutsche Debatte über eine Abgrenzung von der AfD: „Es gibt keinen Platz für Brandmauern“, erklärte der US-Vizepräsident, der bereits vor Wochen mit falschen Thesen über die AfD für Wirbel gesorgt hatte. Vance deutete zudem an, in manchen europäischen Ländern gehe es zu wie in Autokratien.
Olaf Scholz: „Ich weise ausdrücklich zurück, was Vance gesagt hat“
Ein Treffen zischen Scholz und Vance gab es in München nicht. Der Bundeskanzler hatte unterdessen bereits vor seiner Rede mit einer Wortmeldung auf der Plattform X auf den Auftritt des Amerikaners reagiert. „Ich weise ausdrücklich zurück, was US-Vizepräsident Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt hat“, hatte Scholz dort am Freitagabend geschrieben. „Aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus haben die demokratischen Parteien in Deutschland einen gemeinsamen Konsens: Das ist die Brandmauer gegen extrem rechte Parteien.“
Bei der Sicherheitskonferenz schlägt heute unterdessen die Stunde der Wahlkämpfer: Nach Scholz (SPD) werden Friedrich Merz (CDU) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) auf der Hauptbühne des Hotels Bayerischer Hof auftreten. Alle ziehen als Kanzlerkandidaten ihrer Partei in die Bundestagswahl am 23. Februar.
J.D. Vance trifft sich mit AfD-Chefin Alice Weidel
Die Kanzlerkandidatin der AfD, Alice Weidel, ist auf der Sicherheitskonferenz nicht erwünscht, nach München kam sie aber trotzdem. Und traf sich dort am Freitag mit US-Vizepräsident J.D. Vance. Zuvor hatte sie die Rede des Amerikaners überschwänglich gelobt. Auch FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner hat sich in München angekündigt – hat aber keinen Auftritt auf der großen Bühne.
Vor Scholz hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) der Rede von Vance bereits deutlich widersprochen. „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst“, das sei das Selbstverständnis der Bundeswehr und das stehe auch für unsere Demokratie. „Diese Demokratie wurde vom US-Vizepräsidenten für ganz Europa vorhin infrage gestellt“, hatte Pistorius in einer Erwiderung bereits am Freitag erklärt.
Boris Pistorius verweist auf Trumps Maßnahmen gegen die freie Presse
„Wenn ich ihn richtig verstanden habe, vergleicht er Zustände in Teilen Europas mit denen in autoritären Regimen.“ Pistorius betonte: „Das ist nicht akzeptabel und das ist nicht das Europa und nicht die Demokratie, in der ich lebe und der ich gerade Wahlkampf mache.“
Pistorius legte bei seinen Worten ähnlich den Finger in die Wunde wie Scholz mit seinen Worten zu Vance’ Besuch im Konzentrationslager Dachau. In hiesigen Pressekonferenzen würden auch Medien zugelassen, die russische Propaganda verbreiteten, und die Vertreter der Bundesregierung müssten ihnen Rede und Antwort stehen. „Ausgeschlossen wird niemand, nur weil er unser Wording nicht teilt“, betonte Pistorius.
Trump schließt Nachrichtenagentur wegen „Golf of Mexico“ aus
Zuvor war bekannt geworden, dass US-Präsident Trump die Nachrichtenagentur AP von der Berichterstattung aus dem Weißen Haus und aus der Air Force One ausgeschlossen hat. Grund dafür sei die Weigerung von AP gewesen, der Wortwahl des Weißen Hauses zu folgen, welches den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umbenannt hatte.
Für seine spontanen Konter erhielt Pistorius nach seinem Auftritt viel Zuspruch, mitunter auch aus den Reihen der politischen Konkurrenz. „Ich konnte nicht unwidersprochen lassen, was er wirklich an grob Falschem über die Demokratien in Europa und in Deutschland gesagt hat“, erklärte der SPD-Politiker später im Interview mit der ARD. „Es war eine Rede, die ich so nicht erwartet hatte, die auch eigentlich dorthin nicht gepasst hat, um es deutlich zu sagen“, führte Pistorius aus. „Das war weder nötig noch hilfreich.“
J.D. Vance bekommt Unterstützung von Donald Trump und Elon Musk
US-Vize Vance scheint das derweil anders zu sehen als Pistorius. Zwar äußerte er sich bisher nicht öffentlich zur scharfen Kritik an seinem Auftritt, verbreitete auf X jedoch einen Beitrag von Tech-Milliardär Elon Musk weiter, der zuletzt mit Hitlergrüßen bei der Amtseinführung und seiner weltweiten Unterstützung für Rechtspopulisten aufgefallen ist. Vance habe eine „großartige Rede“ gehalten, hatte Musk dort zuvor erklärt.
Auch Donald Trump gab es Unterstützung für Vance. „In Europa verlieren sie gerade ihr wunderbares Recht auf freie Meinungsäußerung“, sagte der US-Präsident am Freitag vor Journalisten. Er habe die Rede seines Vizes zur Meinungsfreiheit in Europa verfolgt, erklärte Trump und fügte an: „Ich denke, es stimmt“. (mit dpa)