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„Gebe Ihnen mal einen Rat“Ampel-Politiker liefern sich Wortgefecht auf Twitter

Lesezeit 3 Minuten
Strack-Zimmermann dpa 190722

FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Archivbild)

Köln – Dass die politischen Talkshows in der Sommerpause sind, hält die Politik nicht von hitzigen Diskussionen ab: Am Montagabend lieferten sich mit Ralf Stegner (SPD) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) dabei ausgerechnet zwei Mitglieder der Regierungskoalition einen Schlagabtausch über die Ukraine-Politik der Bundesregierung – öffentlich sichtbar für jeden auf Twitter.

Stegner dpa 190722

SPD-Politiker Ralf Stegner (Archivbild)

Hintergrund war ein Brief der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Strack-Zimmermann an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vom Samstag. Die FDP-Politikerin hatte darin verlangt, „die Karten auf den Tisch“ zu legen und zu klären, was Deutschland aktuell für die von Russland angegriffene Ukraine leiste und was in den kommenden Wochen noch getan werden könne. Sie plädierte für ein Treffen, bei dem Vertreter aus Politik und dem Bundeskanzleramt, der Rüstungsindustrie, den Gewerkschaften und der Bundeswehr weitere Schritte abstimmen.

Bundesregierung lehnt Vorschlag von Strack-Zimmermann ab

Das lehnte die Bundesregierung am Montag jedoch ab. Auf den Brief werde man nicht reagieren, erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann zum Missfallen Strack-Zimmermanns. Die FDP-Politikerin reagierte umgehend mit einer Wortmeldung beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Ich hoffe nicht, dass im Bundeskanzleramt in diesem Stil auf die monatelangen Bitten der Ukraine regiert [sic!] wurde bzw. reagiert wird.“

Am Abend mischte sich dann SPD-Politiker Ralf Stegner ein und kommentierte einen Tweet des ARD-Journalisten Kai Küstner zum Thema provokant. „Offene ‚Briefe‘ von Abgeordneten an die Bundesregierung“, seien „in Wirklichkeit Presseerklärungen“, führte Stegner aus – „erfahrene Abgeordnete“ wüssten das, so der SPD-Politiker. „Presseerklärungen beantworten stv. Regierungssprecherinnen routinemäßig“, hieß es weiter.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Ach Herr Stegner“

Das lies Koalitionskollegin Strack-Zimmermann allerdings nicht auf sich sitzen – ein Schlagabtausch der Ampel-Partner entwickelte sich. „Ach Herr Stegner“, entgegnete die FDP-Politikerin. „Wenn wir nur auf neue, unerfahrene Abgeordnete wie Sie hören würden, auch wenn Sie noch nicht so ‚lang und erfahren‘ wie ich im Bundestag sind, dann hätte die Ukraine jetzt weder eine eigene Regierung noch eine Chance auf Selbstverteidigung.“

„Wie immer forsch retourniert – aber leider wie allzu oft haarscharf an den Fakten vorbei“, lautete Stegners Replik. Er begegne täglich vielen Bürgerinnen und Bürgern, die „zum aller größten Teil meine Auffassung ausdrücklich teilen“, führte der SPD-Politiker aus. Auch die „Besonnenheit des Kanzlers“, würde von den Bürgern geschätzt.

Strack-Zimmermann: „Weniger Arroganz und mehr konstruktive Sacharbeit“

Der erneute Konter von Strack-Zimmermann folgte prompt. „Ich gebe Ihnen mal einen erfahrenen Rat“, holte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses aus und legte Stegner „weniger Arroganz und mehr konstruktive Sacharbeit“ nahe. „Sie haben schließlich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu führen.“ Zudem solle Stegner „weniger La Paloma pfeifen“, da er selbst immer an exekutiven Ämtern und Verantwortung gescheitert sei. „Touché“, entgegnete Stegner. „Bei so viel konstruktiver Sachlichkeit strecke ich die Waffen“.

Ralf Stegner: „Bei so viel konstruktiver Sachlichkeit strecke ich die Waffen“

Während die Mitlesenden auf Twitter sich angesichts der Zustimmungsraten für die jeweiligen Wortmeldungen der beiden Ampel-Politiker mit großer Mehrheit auf Strack-Zimmermanns Seite positionierten, ist das Meinungsbild außerhalb der Kurznachrichtendienstes nicht ganz so eindeutig.

Zuletzt hatten Zahlen des ZDF-„Politbarometers“ jedoch nahegelegt, dass die Deutschen die Ukraine trotz hoher Energiepreise mehrheitlich bereit sind die Ukraine weiterhin zu unterstützen – 70 Prozent der Befragten hatten sich dafür ausgesprochen. Kritiker der Waffenlieferungen an Kiew hatten in den letzten Wochen oft behauptet, das Land sei in dieser Frage gespalten, die Zurückhaltung des Kanzlers sei daher angemessen.

„Wie sähe die Zustimmung wohl erst aus, wenn die Bundesregierung klar, konsistent und ohne permanente Beschreibung möglicher Horrorszenarien kommunizieren würde?“, hatte Oppositionspolitiker Norbert Röttgen (CDU) die Umfragewerte bereits in der letzten Woche kommentiert. „Die Menschen in Deutschland sind jedenfalls bereit, für Frieden und Freiheit einen Preis zu zahlen.“