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Kommentar zur Thüringen-WahlRegierung Ramelow – wie auch immer

Lesezeit 2 Minuten
Bodo Ramelow dpa 271019

Ministerpräsident Bodo Ramelow ist mit den Linken in Thüringen stärkste Kraft. Die Regierungsbildung wird dennoch schwierig.

  1. Die Linke ist unter Bodo Ramelow stärkste Kraft in Thüringen geworden.
  2. Auch die AfD unter Björn Höcke erreicht ein historisch gutes Ergebnis.
  3. Die Regierungsbildung gestaltet sich schwierig – und dennoch geht sie nur über Ramelow. Ein Kommentar.

Erfurt – Nun also auch Thüringen: Die AfD hat sich bei den drei Landtagswahlen im Osten in diesem Jahr verdoppelt bis verdreifacht. Auch unter Björn Höcke, den Unionspolitikern einen Nazi nennen, hat die Partei bei der Landtagswahl am Sonntag so stark hinzugewonnen, dass man nicht mehr von Protestwahl sprechen kann.

Die Anhänger wissen inzwischen um gezielte Aufwiegelung und Angstmacherei von AfD-Funktionären. Trotzdem gab wieder mehr als jeder fünfte Wähler seine Stimme dieser Partei, die in Thüringen auch noch vom völkisch-rechtsnationalen Flügel geprägt ist. Die AfD behauptet, sie wolle eine lebendige Demokratie. Das ist eine Mär. Sie will einen anderen Staat. Die lebendige Demokratie gibt es ja schon.

Die Beruhigungspille, dass doch rund 80 Prozent der Bürger eben nicht der AfD nachliefen, wirkt nicht, wenn diese schöne große Mehrheit politisch nicht zusammen kommt. In Erfurt zumindest könnte daran die Bildung einer neuen Koalition scheitern. Wenn weder der schwarz-rot-grüne Kraftakt namens Kenia wie in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg noch die erprobte rot-rot-grüne Thüringer Variante ausreichen und es einen vierten Partner braucht, ist die Lage schlicht fragil. Die jetzt auch in Thüringen abgestürzten Volksparteien CDU und SPD kommen nicht aus ihrem tiefen Tal heraus und die Grünen im Osten nicht wirklich an.

Vor allem der Verdienst von Bodo Ramelow

Die Christdemokraten könnten es noch einmal bedauern, dass sie ihren Unvereinbarkeitsbeschluss für Koalitionen kategorisch sowohl für die AfD als auch für die Linke gefasst hat. Denn in Erfurt hat deren Ministerpräsident Bodo Ramelow nach fünf Jahren Amtszeit die Partei mit Abstand zur stärksten Kraft gemacht und das Land keineswegs wirtschaftlich ruiniert oder gespalten. Im Gegenteil. Skandale, große Krisen gab es keine. Ramelow hat umarmt. Auch Gegner.

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Die Linke weiß, dass sie ihr sensationelles Wahlergebnis um die 30 Prozent dem aus dem Westen stammenden 63-Jährigen zu verdanken hat. Es ist vor allem sein Verdienst. Umso eher könnte Ramelow das Dilemma, dass er möglicherweise keine mehrheitsfähige Koalition schmieden kann, einfach aussitzen. Laut Landesverfassung darf er so lange geschäftsführend im Amt bleiben, bis wieder ein neuer (oder der alte) Ministerpräsident gewählt ist. Das kann dauern. Bis dahin wird er bei möglichst vielen Politikern um Unterstützung werben. Er genießt Anerkennung bis in die CDU.

Politik hängt oft von der Fähigkeit, der Klugheit, dem Charisma und dem Anstand Einzelner ab. Parteiprogramme liest keiner. Bodo Ramelow hat den Regierungsauftrag bekommen. Angesichts der Schwäche der anderen ist sein Name jetzt Programm: Regierung Ramelow.