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„Weil die Geflüchteten Menschen sind wie wir“Kölner Ehrenamtspreis wird dem AK Politik verliehen

Lesezeit 4 Minuten
Beharrlich, kooperativ und gerne auch mal unbequem: Klaus Roth, Angelika Wuttke und Marianne Arndt (v.l.) haben sich einen festen Platz in Entscheidungsgremien der Stadt erkämpft. Alle drei stehen nebeneinander und blicken so freundlich wie entschieden.

Beharrlich, kooperativ und gerne auch mal unbequem: Klaus Roth, Angelika Wuttke und Marianne Arndt (v.l.) haben sich einen festen Platz in Entscheidungsgremien der Stadt erkämpft.

Wir stellen beeindruckende Menschen vor, die für ihr Engagement im September mit dem Ehrenamtspreis der Stadt Köln geehrt werden.

Wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden. Seit 2015 ist der AK Politik der Kölner Willkommensinitiativen ein Bindeglied zwischen geflüchteten Menschen, die in Köln leben, und den städtischen Ämtern, die für ihre Belange zuständig sind. Im September werden die Aktiven des Arbeitskreises für ihren großen Einsatz für Geflüchtete und ihre beharrliche Suche nach Lösungen mit dem Kölner Ehrenamtspreis geehrt.

In den acht Jahren seit einer Gründung hat der AK beachtliche Netzwerke aufgebaut – zwischen den Ehrenamtlichen in ganz Köln ebenso wie mit den Ämtern und politischen Gremien der Stadt. „Durch unseren direkten Kontakt zu den geflüchteten Menschen wissen wir, wie es ihnen geht und können ihre Schwierigkeiten den Ämtern gegenüber konkret benennen“, sagt Klaus Roth.

Er unterstützt geflüchtete Ortskräfte aus Afghanistan, die im Kölner Norden untergebracht sind und ist für Die Linke Bezirksvertreter in Chorweiler. „Mittlerweile wird in der Verwaltung anerkannt, dass wir in diesem Bereich Fachleute sind und dass es sich lohnt, mit uns zusammenzuarbeiten“, sagen er und Gemeindereferentin Marianne Arndt, ebenso wie Roth AK-Gründungsmitglied.

Darauf wartete kein Vermieter, die Wohnung war dann immer weg.
ngelika Wuttke, Mitglied des AK Politik, zur früheren Reaktionszeit von Jobcenter und Wohnungsamt

„Wie geht das?“ Mit der Frage habe alles angefangen, erinnert sich Angelika Wuttke. Die heute 66-jährige Psychotherapeutin wollte 2016 eine Familie in einer Wohnung unterbringen und musste sich das Wissen dazu mühsam erarbeiten. „Damit nicht jede der damals 70 Willkommensgruppen das Rad neu erfinden musste, habe ich einen Leitfaden geschrieben und an alle Gruppen verschickt.“ Eine große Hilfe. Doch bei der Wohnungssuche trat ein neues, gravierendes Problem zutage. Wer Leistungen vom Jobcenter bezieht, muss dessen Zustimmung und die des Wohnungsamtes haben – und das dauerte oft Wochen.

„Darauf wartete kein Vermieter, die Wohnung war dann immer weg“, so Wuttke. „Und ohne eigene Wohnung ist es viel schwerer, sich zu integrieren.“ Der AK weist die Verantwortlichen in zahlreichen Gesprächen auf das drängende Problem hin. Und erreicht die Absprache, dass Jobcenter und Wohnungsamt innerhalb von 24 Stunden reagieren müssen. „Und das klappt!“, freuen sich Wuttke, Arndt und Roth.

Wir erreichen ganz schön viel für eine Graswurzelbewegung.
Marianne Arndt, Gemeindereferentin und Mitglied des AK Politik

Beharrlichkeit, klare Ziele und viel Zeit, für deren Umsetzung in zahlreichen Gesprächen zu streiten – das eint die rund 15 Aktiven des AK, die die Willkommensinitiativen in den Stadtteilen repräsentieren und ihr Wissen an die Ehrenamtlichen dort weitergeben. Wegzudenken ist der AK Politik nicht mehr aus der Stadtgesellschaft.

Mit zwei Sitzen am Runden Tisch für Flüchtlingsfragen, von Anfang an mit wesentlicher Stimme im AK „Mindeststandards der Geflüchtetenunterbringung“ dabei und als Mitglied des AK „Umgestaltung des Ausländeramtes zu einer Willkommensbehörde“ ist er wirkmächtig. Auch an anderer Stelle: „Auf unsere Anregung hin gibt es in jedem Bezirk zwei Ehrenamtskoordinatoren mit Teilzeitstellen“, freut sich Roth. Und den Integration Point. Einmal im Monat können sich alle, die in der Geflüchtetenhilfe aktiv sind, in diesem Online-Treffen zu einem Thema mit Mitarbeitenden des zuständigen Amtes direkt austauschen.

Die kooperieren ihrerseits gerne mit dem AK, etwa bei der Vorbereitung einer Online-Infoveranstaltung nach den Erdbeben in der Türkei und Syrien. „Wir erreichen ganz schön viel für eine Graswurzelbewegung. Die weder Geld hat noch eine Geschäftsordnung oder einen Verein im Hintergrund“, sagt Marianne Arndt schmunzelnd.

Die Motivation der drei Ehrenamtlichen: christlich, humanistisch, „weil die Geflüchteten Menschen sind wie wir. Auch wenn manche das nicht so sehen“, sagt Roth. Damit sich die geflüchteten Frauen, Kinder und Männer nach oft traumatischen Erfahrungen in ihrer neuen Heimat ein eigenständiges Leben aufbauen können, brauchen sie Beratung und Unterstützung bei Ämtergängen, der Wohnungssuche oder in schulischen Belangen. Dabei können sie auf hunderte von ehrenamtlichen Kölnerinnen und Kölnern zählen. Eine davon hat den AK Politik für den Ehrenamtspreis vorgeschlagen. Warum, hat sie Marianne Arndt verraten. Viele Ehrenamtliche der Willkommensinitiativen seien bei Ämtern und bei ihren Versuchen, drängende Problem zu lösen, anfangs „sehr oft vor die Pumpe gelaufen“, gibt Arndt wieder. Und: „Ohne die große Hilfe und Unterstützung durch den AK wären viele von uns schon lange nicht mehr dabei.“