Die Nato bestätigt die Entsendung von Kims Soldaten – und sieht Putin in Bedrängnis. An der Wirksamkeit der Nordkoreaner werden Zweifel laut.
Nato sieht „erhebliche Eskalation“Extreme Verluste, „schmächtige“ Soldaten – Kims „Kanonenfutter“ zeigt Putins Probleme
Klare Worte von der Nato: Russlands Präsident Wladimir Putin ist für eine Fortsetzung seines Angriffskriegs gegen die Ukraine nach Ansicht des Verteidigungsbündnisses mittlerweile auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. „Mehr als 600.000 russische Soldaten wurden in Putins Krieg getötet oder verwundet, und er ist nicht in der Lage, seinen Angriff auf die Ukraine ohne ausländische Unterstützung aufrechtzuerhalten“, sagte Generalsekretär Mark Rutte in Brüssel.
Die von der Nato genannte Opferzahl hat sich damit innerhalb von rund einem Jahr verdoppelt. Der Nato-Chef bestätigte außerdem die jüngsten Berichte über nordkoreanischen Militäreinheiten in Russland. Kims Truppen seien in der grenznahen Region Kursk stationiert, erklärte Rutte. Aus Sicht der Nato stelle dies eine erhebliche Eskalation und eine gefährliche Ausweitung von Russlands Krieg dar.
Nato: „Gefährliche Ausweitung“ von Russlands Krieg durch Kims Truppen
„Die vertiefte militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea ist eine Bedrohung sowohl für die Sicherheit im Indopazifik als auch im euro-atlantischen Raum“, sagte Rutte. Er verwies darauf, dass Nordkorea Russland bereits zuvor mit Millionen Schuss Munition und ballistischen Raketen versorgt habe. Diese heizten einen schweren Konflikt im Herzen Europas weiter an.
Rutte und Vertreter der 32 Nato-Staaten hatten sich zuvor mit Experten aus Südkorea über jüngste Geheimdiensterkenntnisse ausgetauscht. Laut dem südkoreanischen Geheimdienst soll Nordkorea bereits Tausende Soldaten nach Russland geschickt haben und den Einsatz von insgesamt rund 12.000 Soldaten planen. Russland und Nordkorea wiesen die Absicht eines Kampfeinsatzes im russisch-ukrainischen Krieg bis zuletzt als Spekulation zurück.
Zweifel an Leistungsfähigkeit von Kim Jong-uns Soldaten werden laut
Zuvor hatte es Berichte aus den USA, Südkorea und von offiziellen Stellen in der Ukraine über einen bevorstehenden Einsatz nordkoreanischer Truppen gegeben. Welche Auswirkung ein möglicher Kampfeinsatz der Soldaten von Diktator Kim Jong-un haben könnte, ist umstritten.
Das „Wall Street Journal“ berichtete am Sonntag, dass es sich bei den aus Nordkorea entsandten Einheiten hauptsächlich um „Teenager“ und Truppen, die „Anfang 20“ seien, handeln soll. Die US-Zeitung beruft sich dabei auf Geheimdienstberichte und die Analyse von Videoaufnahmen. Kim Jong-un habe „nicht die Creme de la Creme“ seiner Armee nach Russland geschickt, hieß es weiter.
„Die Soldaten wirken relativ klein und schmächtig, was auf die weit verbreitete Unterernährung im verarmten Nordkorea hinweist“, zitierte das Blatt Militäranalysten. Es sei jedoch möglich, dass auf diese ersten Einheiten kampfstärkere Truppen folgen könnten. Auch Seoul hatte die nordkoreanischen Einheiten zuvor als „bloßes Kanonenfutter“ bezeichnet.
Südkorea spricht von „Kanonenfutter“ aus Nordkorea
Die Stationierung in Kursk, und damit innerhalb Russlands, könnte ein Versuch sein, den Einsatz von Kims Truppen als bloße „Verteidigungsmaßnahme“ darzustellen, erklärte der Experte Samuel Cranny-Evans dem „Wall Street Journal“ zudem. „Eine ausschließliche Stationierung in Russland würde es Pjöngjang ermöglichen, zu behaupten, es helfe bei der Wiederherstellung des Territoriums eines Verbündeten.“
Bis Dezember könnte Nordkorea rund 12.000 Soldaten nach Russland schicken, hieß es derweil bereits in der Vorwoche aus Südkorea, Seoul beobachtet die nordkoreanische Truppentsendung genau und behält sich angesichts von Kims Beteiligung an Russlands Krieg direkte Waffenlieferungen an die Ukraine vor.
Wladimir Putin droht erneut dem Westen
Kremlchef Putin drohte unterdessen am Wochenende erneut dem Westen. „Sie haben mir nichts dazu gesagt, aber ich hoffe, sie haben es gehört“, sagte Putin am Sonntag auf die Frage eines Journalisten im russischen Staatsfernsehen, ob der Westen auf seine Warnung vor einer Freigabe für Raketenangriffe tief in russischem Territorium reagiert habe.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei den westlichen Verbündeten lange darauf gedrängt, weitreichendere westliche Raketen in Russland einsetzen zu dürfen. Mitte September hatte Putin erklärt, eine Zustimmung des Westens dazu würde die Natur des Konflikts erheblich verändern. Es würde bedeuten, „dass Nato-Staaten im Krieg mit Russland sind“, sagte der Kremlchef. Im Westen wurde eine Entscheidung über die mögliche Freigabe daraufhin zunächst vertagt.
Ukraine fordert internationale Reaktion auf Nordkoreas Truppen
Selenskyj forderte zuletzt angesichts eines möglichen Einsatzes nordkoreanischer Soldaten auf der Seite Russlands eine internationale Reaktion. „Die Ukraine wird faktisch gezwungen sein, in Europa gegen Nordkorea zu kämpfen“, konstatierte der Staatschef. Ohne entschlossene Schritte der Verbündeten werde Putin nur zu weiterem „Terror“ ermutigt, warnte Selenskyj.
Die Botschaften aus Moskau blieben zuletzt derweil ungebrochen radikal. Eine diplomatische Lösung für den Krieg gegen die Ukraine lehnt der Kreml weiterhin ab, solange nicht restlos alle russischen Bedingungen dabei erfüllt werden. Diese kommen jedoch einer ukrainischen Kapitulation gleich.
Radikale Kreml-Botschaften: „Der russische Bär wacht gerade erst auf“
Moskau macht unterdessen weiterhin deutlich, dass es die Vernichtung des ukrainischen Staates anstrebt. In den russischen Staatsmedien ist regelmäßig von einer „Säuberung“ der Ukraine die Rede. Auch das russische Verteidigungsministerium verbreitet weiterhin kriegerische Botschaften – und versucht so offenbar, die Bevölkerung in Russland auf einen andauernden Krieg einzustimmen.
So berichtete die ARD-Korrespondentin Ina Ruck am Wochenende auf der Plattform X über eine Plakatausstellung in Moskau mit martialischen Botschaften. „Russland ist (…) ein Militärstaat“, dessen Berufung es sei, eine „Bedrohung für die Welt zu sein“, hieß es dort. „Der russische Bär wacht gerade erst auf, das ist erst der Anfang“, lautete die Beschriftung eines anderen Plakats. (mit dpa)