Berlin – Es sind nur wenige Minuten in der Sendung von Sandra Maischberger, die für reichlich Aufsehen sorgen: Von Wirtschaftsminister Robert Habeck will die Talkmasterin am Dienstagabend wissen, ob er am Ende dieses Winters in Deutschland mit einer Insolvenzwelle rechne. Die Antwort des Grünen-Politikers: „Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produzieren.“
Als Beispiel nennt Habeck Blumenläden, Bioläden und Bäckereien, weil diese Läden „darauf angewiesen sind, dass die Menschen Geld ausgeben“. Solche Betriebe hätten dann wirkliche Probleme, weil es eine Kaufzurückhaltung gebe. „Dann sind die nicht insolvent automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen“, sagt Habeck – und sorgt damit insbesondere bei der Opposition für eine Mischung aus Häme, Verwirrung und Empörung.
Vorwürfe aus der Opposition
Unionspolitiker unterstellen ihm, nichts von seinem Fach zu verstehen. CDU-Chef Friedrich Merz lässt es sich nicht nehmen, die „Maischberger“-Szenen im Bundestag zu kommentieren: „Man kann nur hoffen, dass ein Großteil der deutschen mittelständischen Unternehmer und vor allem der Bäckerinnen und Bäcker um diese Uhrzeit schon im Bett gelegen haben und geschlafen haben und das nicht mit ansehen mussten“, sagt Merz, der dem Wirtschaftsminister insgesamt Hilflosigkeit in der aktuellen Krise bescheinigt.
Richtigstellung vom Ministerium
Habecks Ministerium will die Vorwürfe so nicht stehen lassen. In einer längeren Erklärung heißt es, Habeck habe darlegen wollen, dass die Gefahr von „stillen Betriebsaufgaben“, also Betriebsaufgaben ohne Insolvenz-Anmeldung, ein Problem für eine Volkswirtschaft darstelle und die Regierung beides im Blick haben müsse. „Der Blick auf die Insolvenzen allein“ greife zu kurz. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen seien drohende Aufgaben aufgrund der hohen Energiekosten ein „ernstes Problem“. Die Bundesregierung habe das auf dem Schirm.
Habeck betont bereits bei „Maischberger“: „Es kann sein, wenn wir keine Abhilfe schaffen, dass Betriebe, Bäckereien, Handwerksbetriebe, Reinigungsfirmen und so weiter über dieses Jahr dann die wirtschaftliche Betätigung einstellen. Das ist eine Gefahr und der müssen wir begegnen.“ Die Bundesregierung arbeite „mit Hochdruck“ an Unterstützungsprogrammen. Der Vizekanzler räumt aber auch ein: „Bei Corona hat sich die Politik entschieden, alle Kosten zu übernehmen. Das war enorm teuer. Diese politische Entscheidung haben wir noch nicht gefällt.“
Fehler im Krisenmodus
Habeck steht seit Wochen und Monaten unter enormem Druck. Mit dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die Energiefrage wie kaum ein anderes Thema in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Der zuständige Minister: im Dauerkrisenmodus. Erst kürzlich begeht er seinen ersten großen offensichtlichen Fehler: die unter Zeitdruck gestrickte Gasumlage. Schnell wird klar, dass von der Abgabe für Privathaushalte und Industrie auch wirtschaftlich stabile Gasimporteure profitieren könnten. Ein Konstruktionsfehler, der Habeck viel Häme beschert und ihn zur Zusage drängt, die Umlage zu korrigieren. Doch juristisch ist das kompliziert. Hat sich der zuletzt so beliebte Minister in der Krisenschleife verheddert?
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Auch sein erst zu Wochenbeginn verkündeter Plan, zwei Atomkraftwerke noch bis zum Frühjahr 2023 im Reservebetrieb zu halten, stößt auf wenig Gegenliebe. Ganz im Gegenteil: Union, AfD und auch der eigene Koalitionspartner FDP üben harsche Kritik – fordern einen Kurswechsel. Merz warnte erneut vor einem drohenden Engpass von Strom in Deutschland, der seinen Worten zufolge besonders die Unternehmen treffen würde. Der Unionschef warnte in diesem Zusammenhang bereits vor möglicherweise einschneidenden Folgen für die deutsche Wirtschaft. (dpa)