Kardinal Woelki steht im Kreuzfeuer von Protesten und staatsanwaltlichen Ermittlungen. Wie sieht er selbst seine Lage? Ein Gespräch über Demut, Chaos im Bistum und eine Erkenntnis, die dem Erzbischof den Boden unter den Füßen wegzog.
Interview mit Erzbischof Woelki„Hier gibt es einen Kardinal, der im Feuer steht“
Herr Kardinal, von außen betrachtet wirkt es so, als hätten Sie sich zurückgezogen, ja, als sei es einsam um Sie geworden. Wie fühlen Sie sich?
Den Eindruck kann ich nicht bestätigen. Ich hatte viele Einladungen, war in vielen Gemeinden, auf vielen Konferenzen – einsam war ich bestimmt nicht.
Aber dass die ökumenische Adventsvesper nicht zustande kam oder seit vielen Jahren übliche Termine im Karneval ausfallen, das ist doch ungewöhnlich, oder?
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Bei der Vesper hatte Herr Präses Latzel in der Tat die Befürchtung, sie könnte instrumentalisiert werden und ihr Anliegen sei politisch überlagert. Ich teile das nicht, das habe ich ihm auch gesagt: Als Christen müssen wir doch zusammen beten können. Das ist ja die Basis jeder Ökumene. Davon dürfen wir uns nicht so schnell abbringen lassen. Aber er fand auch das Format nicht mehr ganz zeitgemäß und es wird nun zunächst einmal ein neues Format gesucht. Und mit dem Festkomitee habe ich keinen Kontakt gehabt, ich kann dazu nichts sagen.
Hat es Sie denn nicht getroffen, bei der Prinzenproklamation nicht eingeladen zu sein?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe von Dritten gehört, dass man die Einladungsliste neu zusammengestellt hat. Es wäre nett gewesen, darüber vorher zu sprechen. Aber es ist das gute Recht des Festkomitees, dies so zu tun.
Aber Sie waren doch gern da?
Wenn ich Zeit hatte, bin ich da gewesen. Ich wusste aber auch immer, wann es für mich als Bischof Zeit war, zu gehen.
Mal abgesehen von der Gefühlslage: Ständig gibt es Meldungen, wann Sie was über welchen Pfarrer wussten und was in der oder der eidesstattlichen Versicherung steht. Wie kommen Sie da raus?
Ist das wirklich noch für so viele Menschen interessant? Das sind oft alte, bereits geklärte Fälle, die nur neu verkauft werden sollen.
Sorry, aber es interessiert auch die Staatsanwaltschaft Köln. Wie ernst nehmen Sie das?
Das ist natürlich ein ernster Vorgang. Die Staatsanwaltschaft tut ihre Pflicht, sie wird ihre Gründe haben. Ich warte in vollkommener Gelassenheit das Ergebnis ab.
Sie hatten sich schon als Berliner Erzbischof intensiv mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt befasst. Listen mit Verdachtsfällen müssen für Sie doch hochrelevant gewesen sein, aber Sie können sich nicht daran erinnern, ob Ihnen eine bestimmte Liste vorlag und ob der prominente Pfarrer P. darauf stand. Das verstehen wir einfach nicht.
Beim besten Willen, an diese konkrete Liste aus Januar 2015, die in einer Zeitung abgedruckt war, an die habe ich wirklich keine Erinnerung. Seinerzeit ging es vorrangig darum, eine vernünftige und sachgerechte Aufarbeitung möglich zu machen. Es gab Akten, die man überall suchen musste –bei der Personalabteilung, im Offizialat, beim Leiter der Abteilung für Intervention und Prävention. Ich wollte, dass die Akten zusammen und sauber geführt werden, ich wollte wissen, welche Leistungen wir zahlen, und mir war wichtig, dass die noch lebenden Täter finanziell dafür herangezogen werden. Das Gercke Gutachten aus dem Jahr 2021 zeigte ja, welches Chaos herrschte und welche Fehler gemacht wurden. Da hatte ich massive Bretter zu bohren. Gegen den Widerstand so einiger im Erzbistum.
Auch das Gercke-Gutachten erwähnt eine Liste...
Ja, sie wurde später aus Datenschutzgründen vernichtet; die zugrundeliegenden Informationen existieren aber noch alle in den Akten. Auf dieser Liste stand der Name des Pfarrers O. Ihm stand ich nahe. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Das war für mich eine der schlimmsten Erfahrungen. P. mag bekannt gewesen sein, aber das waren andere auch. Ich habe mit ihm nie groß persönlich zu tun gehabt. Ich weiß nicht, ob er auch draufstand. Es gibt viele, bei denen man erschrickt. Und wer da im Einzelnen wo auf welcher Liste stand, kann ich Ihnen nun wirklich nach so langer Zeit beim besten Willen nicht mehr sagen. Das ändert aber gar nichts an meinem Willen, unbedingt aufzuarbeiten.
Aber es waren Entscheidungen zu treffen, etwa als es um seinen Nachruf ging. Hätten Sie das anders machen müssen?
Als ich nach Köln kam, war die Akte P. geschlossen. Kardinal Meisner hatte den Vorgang zugemacht, für mich war in dieser Hinsicht nichts mehr zu tun. Auch wenn P. auf der Liste gestanden hätte, gab es für mich keinen Grund, die Akte wieder aufzumachen. Nur dann hätte ich ja sehen können, dass der Fall damals nicht nach Dresden gemeldet worden wäre. Als er verstorben ist, war ich verreist. Es gab und gibt zur Unterrichtung aller einen formal festgelegten Totenbrief, den die Personalabteilung mit meiner eingescannten Unterschrift erstellt. In dem Fall hat sich dann aber der Personalchef geäußert, weil er einer der Nachfolger von P. als Diözesanjugendseelsorger gewesen war.
Bis in den Klerus hinein sind die einen für Sie, die anderen gegen Sie. Es wirkt, als liege eine bleierne Schwere über dem Erzbistum, bis hin zur Lähmung.
Wir machen massive Fortschritte bei der Gestaltung unserer pastoralen Räume, bei der Suche nach Rechtsformen dafür. Wir sind dabei, das Generalvikariat transparent neu zu strukturieren, flexibler und agiler zu machen. Wir sind in der Flüchtlingsarbeit sehr aktiv. Und wir haben bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt große Fortschritte gemacht und sind dabei, die Forderungen des Gercke-Gutachtens umzusetzen. Den Eindruck der Lähmung kann ich nicht nachvollziehen. Das ist auch keine Gefühlsfrage. Natürlich kann ich als Bischof nicht ohne meine Priester und das Gottesvolk sein. Das will ich auch nicht. Als Kirche sind wir Leib Christi. Dieses biblische Bild des Apostels Paulus weist auf die tiefe Einheit unserer Gemeinschaft hin. Diese sehr enge Verbindung im Glauben an Christus darf man nicht vergessen und nicht aus den Augen verlieren. Über unterschiedliche Auffassungen in anderen Fragen kann und sollte man sich dann austauschen. Wenn es schwierig wird, am besten persönlich, wie es in der Heiligen Schrift beschrieben wird.
Aber wird es wieder so sein wie 2015, als sie wirklich direkt zu den Menschen vordrangen? Damals flogen Ihnen doch die Herzen zu.
Das wäre auf gewisse Weise sicher wünschenswert, aber nicht um jeden Preis. Davor warnt schon der heilige Chrysostomus, ein besonders begabter Kirchenvater, dem man eben genau solch eine begabte Rede zu den Herzen zuschreibt. Ich versuche mich da in Demut zu üben. Ich habe nach meiner Auszeit versprochen, in die Gemeinden zu gehen. Das tue ich.
Was erfahren Sie dabei?
Ich predige, spreche mit den Menschen, und erlebe Begegnungen, die von Herzen kommen und mir sehr zu Herzen gehen. Das tue ich und das tue ich sehr gerne. Allerdings: Ich wusste auch immer, dass ich mich vielen neuen Herausforderungen zu stellen habe. Kardinal Meisner hat schon vor vielen Jahren als Erzbischof gesagt, er komme ja noch gut durch, aber sein armer Nachfolger werde sehr einschneidende Entscheidungen treffen müssen. Ja, manche meiner Entscheidungen lösen Ängste aus. Leute fürchten zum Beispiel, durch neue pastorale Räume ihre geistliche Heimat zu verlieren. Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt ist wie ein Moor, in das man mit hineingezogen wird. Unser Bistum ist vorangegangen, wir haben Lehrgeld bezahlt. Aber wir haben die Namen der Verantwortungsträger genannt und nicht wie anderswo 400 Seiten geschwärzt. Ja, wir haben ein erstes Gutachten nicht veröffentlichen können, aber alle können es einsehen, während andere Gutachten unter Verschluss bleiben oder auch nur unter Auflagen einsehbar sind. Ich finde es merkwürdig, dass immer nur Köln im Fokus steht.
Was glauben Sie denn, warum das so ist?
Klar: hier gibt es einen Kardinal, der im Feuer steht, also schütten wir noch ein Kännchen Benzin dazu, dann brennt es einfach noch heftiger. Das ist nicht schön, aber es wird mich nicht beeinflussen, alles auch weiter zu versuchen, Verbrechen, die in unserem Erzbistum geschehen sind, auch rigoros aufzuklären.
Aber warum sprach Stephan Rixen, der frühere Vorsitzende der Köln Aufarbeitungskommission, von einem massiven Störgefühl, als er seine Aufgabe niederlegte?
Ich bedaure seine Entscheidung, aber ich akzeptiere sie. Es tut mir sehr leid, dass er sich verabschiedet hat, weil er uns mit seiner Kompetenz sehr geholfen hätte, die Aufarbeitung voranzutreiben. Gleichzeitig habe ich Verständnis dafür, da diese Arbeit in der Öffentlichkeit sehr genau verfolgt wird und damit großer Druck entsteht.
Sie haben in einem Schadenersatzprozess eines Betroffenen gegen das Erzbistum darauf verzichtet, Verjährung geltend zu machen. Ist das eine grundsätzliche Wende?
Wir hatten uns als Bischofskonferenz für ein Anerkennungsverfahren entschieden, in dem die Betroffenen eben nicht gezwungen werden, erneut ihre Geschichte darzulegen oder gar wie vor Gericht Nachweise erbringen zu müssen. Wir glauben ihnen und orientieren uns an den staatlichen Schmerzensgeldzahlungen, die bei schwerem Missbrauch seinerzeit bei 50 000 Euro lagern, heute vielleicht teilweise auch höher. Das war für uns auch ein Gebot der christlichen Nächstenliebe. Der Kläger nun führt dagegen vor Gericht einen Prozess, bei dem es um die juristische Problematik der sogenannten Amtshaftung eines Bistums für seine Geistlichen geht. Das Erzbistum trägt dabei die Schuld des Täters mit, ohne dass es sich selbst etwas hat zuschulden kommen lassen, so wie es beim Staat auch ist. Meine Entscheidung, über unser Verhalten in diesem Prozess, ist eine Einzelfallentscheidung. Wir müssen abwarten, ob andere Kläger folgen und wie ihre jeweilige Situation aussieht.
Aber hinter Ihre Entscheidung wird kein deutscher Bischof mehr zurückkönnen, oder?
Es ist eine Einzelfallentscheidung in einem besonderen Fall. Wir müssen sehen, wie sich Folgefälle darstellen.
Haben Sie Reaktionen zum Beispiel von anderen Bischöfen darauf bekommen?
Bei mir hat sich keiner persönlich gemeldet. Über Dritte habe ich gehört, dass die Entscheidung als gut und richtig bewertet wird, und dass ich der Linie treu geblieben sei, die Interessen der Betroffenen in den Vordergrund zu stellen.
Was sagt der Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat des Erzbistums dazu?
Er hat die Entscheidung als Vermögensrat mitgetragen. Das hat mir sehr den Rücken gestärkt.
Wir haben danach gefragt, weil der Bistumshaushalt bis 2030 um etwa zehn Prozent schrumpfen wird.
Wir waren uns einig, dass darunter nicht der Betroffene leiden soll. Wir haben die Entscheidung in vollem Bewusstsein darüber getroffen, dass das auch weitere Konsequenzen nach sich ziehen und dass das auch Auswirkungen auf Haushalt und Vermögen des Erzbistums haben kann.
Eines der ersten Themen, das Sie als Erzbischof von Köln in den Vordergrund gestellt haben, war die Hilfe für Flüchtlinge …
Wir sind als Erzbistum da nach wie vor sehr engagiert. Schwachen, Armen und Bedürftigen hat schließlich unsere Aufmerksamkeit und uneigennützige Hilfe als Christen zu gelten. So lese ich das Handeln Jesu. So lebt auch Papst Franziskus das vor. Von Januar bis November sind nun 980 000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen und 214 000 weitere aus anderen Ländern wie Irak, Iran und Syrien. Ich bin äußerst dankbar dafür, dass unsere Gemeinden die engagierte Flüchtlingsarbeit, die 2015 begonnen hat, weiter leisten. Es ist wirklich hervorragend, was in der „Aktion neue Nachbarn“ geschieht, in der Bildungsarbeit, der schulischen Begleitung, der therapeutischen Begleitung, bei der Wohnungsvermittlung. Ich kann den vielen Helferinnen und Helfern in den Gemeinden da nur ein großes Danke aussprechen.
Die dramatische Entwicklung in der Ukraine, der anhaltende Syrien-Krieg, die Lage in Afrika – das könnte auch zu Konflikten führen, welchen Geflüchteten zuerst geholfen wird. Überfordert uns das?
Das hoffe ich nicht. Natürlich ist die Not des Krieges auch bei uns zu spüren, da öffnet sich zum Beispiel die Schere zwischen denen, die Energie einfach weiter verbrauchen können wie bisher, und denen, die Energie nicht mehr bezahlen können und darunter zu leiden haben. Dennoch ist Deutschland eines der reichsten Länder dieser Welt. Es hat als Rechtsstaat die Aufgabe, Menschen gleich welcher Nation und Religion aufzunehmen und ihnen Sicherheit und Schutz zu geben. Und wir brauchen doch in vielen Berufen dringend Menschen, die arbeiten wollen. Ohne Einwanderung können wir gar nicht weitermachen. Umso mehr haben wir dann auch eine Verpflichtung, denen zu helfen, die vor Terror und Krieg fliehen und bei uns Schutz suchen. Sie befähigen, unsere Sprache zu lernen, an unserem Arbeitsmarkt teilzunehmen. Um das so zu sehen, muss man noch nicht einmal das christliche Menschenbild bemühen.
Gibt es da auch Grenzen? Da wird zum Beispiel nach einer Gruppenvergewaltigung ein Täter nicht nach Afghanistan abgeschoben, um seines eigenen Schutzes willen. Haben Sie dafür Verständnis?
Ich habe vor allem dafür Verständnis, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Jeder, der hier leben will, muss sich im Rahmen dieser Gesetze verhalten. Über Straftäter und deren Abschiebungen entscheidet das Gericht.
Wie bewerten Sie die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine?
Waffen sind immer die letzte, die schlechteste Option. Wir stehen vor einem ungerechten, aggressiven Krieg, der von Russland ausgegangen ist. Die Ukraine hat das Recht, sich zu wehren, auch mit Waffen. Aber es ist die schlechteste Option. Ich würde mir wünschen, dass Russland zur Einsicht käme und den Krieg beendet, und wenn die europäische Politik dazu beitragen könnte, dass dieser ungerechte Krieg bald ein Ende findet, wäre ich dafür sehr, sehr dankbar.
Es gibt Stimmen, die fordern, die Ukraine solle Land für Frieden hergeben, um den Krieg zu beenden. Im Wissen natürlich, was in besetzten Gebieten passiert. Müsste sie das trotzdem hinnehmen?
Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist völkerrechtswidrig, und ich finde es problematisch, dann von außen zu sagen, sie müsse auf Gebiete verzichten. Ich finde es sogar sehr gefährlich, so eine völkerrechtswidrige Aneignung von Land sozusagen salonfähig zu machen, denn das könnte neue Begehrlichkeiten auch in anderen Ländern wecken.
Letztes Thema, uns würde interessieren, wie Sie den Besuch der deutschen Bischöfe beim Papst erlebt haben. Da ging es um den Synodalen Weg, und viele Beobachter haben es so empfunden, als habe es eine Zurechtweisung gegeben, manche sagen, eine Watschn. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagt, nein, eine Watschn sei das nicht gewesen, man habe Vorträge dreier Kurienkardinäle gehört, aber keinen Beschluss des Papstes vernommen. Was war Ihr Eindruck?
Diese gemeinsame Begegnung mit den Leitern mehrerer römischer Spitzenbehörden war eine ganz neue Form. Ich habe es so erlebt, dass sehr enge Mitarbeiter des Papstes versucht haben, deutlich zu machen, wo Möglichkeiten und Grenzen des Synodalen Weges sind. Dessen Themen berühren ja große theologische Probleme, die im Geist des Evangeliums – der Bibel und der Tradition, des Lehramtes, das sie interpretiert, und auch im Gebet – immer wieder betrachtet und beurteilt werden müssen. Da ist es gut, diese Stimmen aus dem Herzen der Weltkirche zu hören und direkt miteinander ins Gespräch zu kommen. Der Papst hatte zudem selbst wiederholt betont, wir sollten den Brief, den er vor zwei Jahren an uns gerichtet hat, gut studieren, und dass es ihm wichtig ist, dass wir unseren Weg nur im Kontext der Weltkirche gehen könnten. Das haben auch die drei unsere Versammlung präsidierenden Kardinäle sehr deutlich gemacht. Das war keine Watschn, aber das waren klare Positionierungen.
Teilen Sie die Sorgen der drei Kardinäle?
Ich fühle mich durch ihre Äußerungen bestätigt, ich hatte solche Sorgen ja schon früher geäußert.
Einer Ihrer Amtsbrüder, ein alter Kölner, Peter Kohlgraf in Mainz, hat dagegen gesagt, manche Reaktionen machten ihn wütend. Man möge sich doch bitte fragen, worin die katholische Identität liege. Wirklich darin, dass man nur gelebte Heterosexualität akzeptiert oder Weiheämter für Frauen ablehnt? Also lauter Neins, ist das katholisch?
Zum spezifisch Katholischen gehört für mich die Einheit mit dem Papst und mit der Weltkirche. Die Einheit in Fragen des Glaubens. Das ist für mich ein wichtiges Kriterium katholischer Identität. Und ich habe es so wahrgenommen, dass man uns genau die Sorge um diese Identität mit nach Hause gegeben hat. Dass wir in unserer Sorge, wie das Evangelium heute verkündet werden kann, diese Frage der Einheit mit zu bedenken haben.
Vorher, im Gespräch mit dem Papst, hat sich ja einer der Teilnehmer ein Herz gefasst und nach der Lage in Köln gefragt. Immer noch liegt Ihr Rücktrittsgesuch beim Papst, immer noch hat er nicht entschieden. Haben Sie denn aus Rom etwas dazu mitgenommen? Wie lange halten Sie und Ihr Bistum das aus?
Ich bin kein Politiker, der jederzeit vor ein Mikrofon treten und seinen Rücktritt erklären kann. Ich bin Priester, ich bin Bischof, vom Papst ernannt. Das ist mit einer Weihe verbunden und nicht mit einer Kommunal- oder Bundestagswahl. Ich kann diese Weihe nicht einfach abschütteln wie eine lästige Fluse am Bischofsrock. Über dieses Amt, wie lange es dauert, entscheidet der Papst. Ganz alleine. Und das respektiere ich selbstverständlich und empfehle anderen, dies auch zu tun.
Das Gespräch führten: Raimund Neuß, Ingo Schmitz, Cordula von Wysocki