Michael Kretschmer sympathisiert mit einer Lockerung der Russland-Sanktionen. Nicht nur bei den Grünen zeigt man sich entsetzt.
Scharfe Kritik an CDU-Vize Kretschmer„Ich erwärme mich langsam für diese Idee: Sachsen für Putin“

Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, spricht während eines Interviews. (Archivbild)
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Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat mit Äußerungen über Russland für Empörung gesorgt. Die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann hat die Aussagen des CDU-Politikers zu Lockerungen der Russland-Sanktionen nun scharf kritisiert.
„Während Putin weiter Bomben auf die Ukraine wirft, biedert sich Ministerpräsident Kretschmer dem Kriegstreiber wieder an“, sagt Haßelmann. Den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz forderte Haßelmann auf, „die Moskau-Connection in seiner Partei schnellstens abzuwickeln“.
Kretschmer: Sanktionsregime „völlig aus der Zeit gefallen“
Der stellvertretende CDU-Chef Kretschmer hatte das kategorische Nein Deutschlands und anderer europäischer Länder zu einer Lockerung der Sanktionen gegen Russland zuvor kritisiert. „Das ist völlig aus der Zeit gefallen und passt ja auch gar nicht zu dem, was die Amerikaner gerade machen“, sagte er. „Wenn man merkt, dass man sich selber mehr schwächt als das Gegenüber, dann muss man darüber nachdenken, ob das alles so richtig ist“, hatte Kretschmer gesagt.
Haßelmann sagte, eine Lockerung der als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine verhängten Strafmaßnahmen wäre ein schwerer Fehler: „Damit würden wir auch aus dem gemeinsamen Vorgehen Europas ausscheren.“
Haßelmann nennt Kretschmer „Putin-Freund“
Von der CDU-Führung verlangte die Grünen-Fraktionschefin eine Distanzierung von Äußerungen wie der von Kretschmer. „Putin-Freunde“ wie der sächsische Ministerpräsident, der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß oder der stellvertretende CDU-Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen, Jan Heinisch, und ihr Russland-Kurs dürften in den Koalitionsverhandlungen keine Rolle spielen.
„Friedrich Merz und die Spitze der CDU können sich nicht länger wegducken und müssen zum Aufleben der Moskau-Connection endlich klar Stellung beziehen. Die Zeit, das Thema totzuschweigen, ist vorbei“, sagte die Grünen-Fraktionschefin.
Parteikollege kritisiert Kretschmer: „Dafür stehen wir als CDU“
Kritik an Kretschmer, der sich perspektivisch vorstellen kann, dass Merz als Kanzler mit Kremlchef Wladimir Putin sprechen wird, kam unterdessen auch aus den eigenen Reihen. „Es gibt bei den Sanktionen vor allem zwei Probleme: Sie sind zu löchrig und die Durchsetzung ist mangelhaft“, schrieb der Europapolitiker Dennis Radtke auf der Plattform X.
„Da müssen wir ansetzen und nicht über ein Ende diskutieren. Die CDU muss da klar sein. Wir stehen auf der Seite der Freiheit.“ Die Union müsse deutlich machen, „was auf dem Spiel steht und warum wir die Entscheidung Sondervermögen getroffen haben“, führte Radtke aus.
Kretschmer: „Was hat Deutschland zu bieten?“
„Wir wollen, dass unsere Kinder nicht irgendwann Russisch lernen müssen und in Frieden und Freiheit und in einer liberalen Gesellschaft aufwachsen“, fügte Radtke an. „Dafür stehen wir als CDU“, tadelte der Europapolitiker seinen Parteikollegen.
Besonderen Ärger gab es derweil über weitere Sätze des sächsischen Ministerpräsidenten, der auch gefragt hatte: „Warum sollte eigentlich der russische Präsident mit uns sprechen? Was hat Deutschland zu bieten? Was kann Deutschland bewegen?“ Diese Position müsse man sich erst mal wieder „erarbeiten“, hatte der CDU-Politiker erklärt.
„Er möchte, dass wir als Bittsteller auftreten“
„Kretschmer fragt allen Ernstes, was wir Russland bieten könne. Er möchte, dass wir als Bittsteller auftreten“, kommentierte der Historiker Bert Hopp diese Worte. Der Ökonom Rüdiger Bachmann wählte derweil einen spöttischen Ton: „Ich erwärme mich langsam für diese Idee: Sachsen für Putin“, lautete sein Kommentar zu den Zitaten Kretschmers.
Kretschmer gehört wie Merz zu den zehn Unions-Mitgliedern in der zentralen Verhandlungsgruppe der Koalitionsgespräche mit der SPD. Bareiß und Heinisch sind in Fach-Arbeitsgruppen – Bareiß in der für Infrastruktur, Heinisch in der für Energie. Beide waren während der Verhandlungen mit Äußerungen zu Russland aufgefallen. (mit dpa)