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Fragen und AntwortenWie NRW die Priesterausbildung in Köln stoppen will

Lesezeit 4 Minuten
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Die Kölner Hochschule für katholische Theologie in Köln-Lindenthal 

Köln/Düsseldorf – Noch schärfer geht es kaum: Die NRW-Landesregierung mit Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) hat nicht nur der Kölner Hochschule für Katholische Theologie, einer vom Erzbistum getragenen Einrichtung, die Ausbildung weiterer Priester untersagt, sondern sie droht wegen der Priesterausbildung auch offen mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens beim Heiligen Stuhl. Das ist das schärfste Schwert, das eine demokratische Regierung bei Meinungsverschiedenheiten mit Vertretern der katholischen Kirche hat. „In Düsseldorf stehen die Lichter wirklich auf Rot“, sagt der in Münster lehrende Kirchenrechtler Thomas Schüller der Rundschau.

Wie argumentiert das Ministerium?

Gegen eine Hochschule in Trägerschaft des Erzbistums hat das Land ausdrücklich nichts einzuwenden. Ein solches Angebot zu machen stehe „nichtstaatlichen Anbietern frei“, heißt es in einem Bericht von Brandes für den Wissenschaftsausschuss des Landtages, der der Rundschau vorliegt. Dagegen hält Brandes eine Priesterausbildung durch die KHKT nicht für statthaft.

Die KHKT

Die Kölner Hochschule für Katholische Theologie ist keine Neugründung, sondern aus der früheren Ordenshochschule der Steyler Missionare in Sankt Augustin hervorgegangen. Der Orden konnte sie nicht mehr finanzieren, 2019 verkündete das Erzbistum die Übernahme, die dann 2020 wirksam wurde. 2021 zog die Hochschule nach Köln um. Für das laufende Jahr 2022 wird sie mit 3,2 Millionen Euro aus einem bischöflichen Sondervermögen finanziert, langfristig schließt Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki die Verwendung von Kirchensteuermitteln nicht aus. (rn)

Brandes verweist auf das 1929 geschlossene Konkordat (Vertrag) zwischen dem damaligen Land Preußen und dem Heiligen Stuhl. Es gilt für NRW als Nachfolgestaat Preußens fort. Artikel 12 des Konkordats legt für die „wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen“ die Universitäten Bonn, Breslau und Münster sowie die damalige Akademie Braunsberg fest. Weitere Bischöfe, darunter der Erzbischof von Paderborn, auf deren Gebiet damals keine staatliche Theologische Fakultät bestand, dürfen „in ihren Bistümern ein Seminar zur wissenschaftlichen Vorbildung von Geistlichen besitzen“. Daraus schließt Brandes, diese Erlaubnis gelte nicht für Bischöfe, „in deren Bistum eine Fakultät besteht“. Im Klartext: Nicht für den Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

Ist die Auffassung der Ministerin unumstritten?

Schüller sagt: „Das Konkordat ist eindeutig und ein völkerrechtlicher Vertrag, gehört also zur höchsten Rechtsebene überhaupt.“ Wenn Woelki alle seine Priester in Köln statt in Bonn studieren lassen würde, wäre das ein klarer Konkordatsbruch. Der Bonner Staatskirchenrechtler Christian Hillgruber vertrat allerdings im Juli die Meinung, das Preußenkonkordat und das Reichskonkordat von 1933 gäben der Kirche das Recht, eigene Hochschulen für die Klerikerausbildung zu errichten. „Der Bestandsschutz des Konkordats wirkt zugunsten der Kirche, nicht zugunsten des Staates.“ Also: Das Land muss die Bonner Fakultät erhalten, aber das sei eine „einseitige Begünstigung“. Allerdings meinte auch Hillgruber, eine völlige Verlagerung der Priesterausbildung nach Köln wäre ein Konkordatsbruch.

Was sind laut Ministerium die Konsequenzen?

Brandes geht aber viel weiter: Sie untersagt den Kölnern nicht etwa eine mögliche völlige Verlagerung, sondern überhaupt die Ausbildung neuer Priesteramtsbewerber an der KHKT. Die staatliche Anerkennung der KHKT 2020 sollte es bisher schon in Sankt Augustin studierenden Priesteramtskandidaten ermöglichen, ihr Studium in Köln abzuschließen. „Die Hochschule wurde nochmals darauf hingewiesen, dass die Neueinschreibung von Priesteramtskandidaten … nicht von dieser Anerkennung erfasst ist.“ Die Hochschule solle diesen Studenten einen Wechsel nach Bonn nahelegen – und nun die Drohung: „Zudem wurde bei einer weiteren und fortgesetzten Einschreibung von Priesteramtskandidaten … die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens beim Heiligen Stuhl in Aussicht gestellt.“

Warum droht das Land mit einem Verfahren?

Das Schreiben von Brandes baue eine Drohkulisse auf, meint Schüller: Das Konkordat sei eindeutig und ein völkerrechtlicher Vertrag, gehöre also zur höchsten Rechtsebene überhaupt. Schüller: „Dass Brandes nun im Gegenzug Woelki die Priesterausbildung in Köln insgesamt untersagt, der ganze raue Ton ihres Schreibens zeigt, dass man in Düsseldorf politisch indigniert ist über das Vorgehen des Kölner Kardinals“. Der Vorgang werde auch im vatikanischen Staatssekretariat für Alarm sorgen: „Nichts fürchtet der Vatikan so sehr wie eine Störung seiner völkerrechtlichen und partnerschaftlichen Beziehungen zu den Staaten der Welt.“

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Der äußere Ablauf und das Schreiben selbst lassen in der Tat tief blicken. Erst im August 2022 hatte das Ministerium immerhin einen „Austausch“ hinsichtlich der schon 2020 übernommenen Hochschule bestätigt. Auf diesen „Dialog“ mit der Hochschule bezieht Brandes sich nun – er führte zu der Anweisung, die Priesterausbildung einzustellen. Aber: „Zwischen den Vertragsparteien“ – also Land und Heiliger Stuhl – habe es „bisher keinen Austausch zur Auslegung des Konkordats“ mit Blick auf die KHKT gegeben. Genau das aber, eine „freundschaftliche“ Klärung von Auslegungsfragen, gehört zu den im Konkordat vereinbarten Grundsätzen.