Frage des TagesScharfe Auflagen für den Autoverkehr?
Berlin – Die Wahl des SPD-Führungsduos Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken bringt neue Dynamik in die Verhandlungen zum Klimapaket. Sie wollten Nachbesserungen am Klimapaket erreichen. Dies gilt etwa für die Erhöhung der Preise für Benzin, Diesel und Heizöl durch die Bepreisung von Treibhausgas. Auch der CO2-Preis werde im Vermittlungsverfahren von Bund und Ländern zum Klimapaket, das am Montag beginnt und bereits am 17. Dezember abgeschlossen sein soll, eine Rolle spielen, hieß es in Kreisen des Vermittlungsausschusses.
Neue Dynamik in Verhandlungen zu Klimapaket
Das Umweltbundesamt (UBA) hat gestern ein Papier aus dem Sommer veröffentlicht, in dem es sich Nachbesserungen bei weiteren Verkehrsthemen wünscht. Kritik gibt es allerdings von diversen Seiten (siehe Kästen). Ein Überblick über die Lage:
EmissionshandelDas Klimapaket der Bundesregierung sieht vor, den Ausstoß von CO2 durch Einführung eines Handels mit Verschmutzungsrechten im Verkehr und im Gebäudesektor zu verteuern. Gehandelt wird allerdings erst ab 2026, bis dahin gelten Festpreise, die von anfangs zehn Euro pro Tonne CO2 bis 2025 schrittweise auf 35 Euro ansteigen und Treibstoffe sowie Heizöl verteuern werden. Für 2026 soll eine Preisspanne von 35 bis 60 Euro gelten, für die Zeit danach wurden noch keine Festlegungen getroffen. Ziel ist es, mehr Anreize zu setzen, damit die Bürger auf klimaschonende Antriebsformen im Verkehr oder bessere Heizungen umsteigen.
Umweltexperten haben aber den geringen CO2-Einstiegspreis von zehn Euro als wirkungslos kritisiert, denn dadurch würde Benzin anfangs nur um drei Cent teurer. Die Bundesländer hatten den Steuerteil des Klimapakets, der unter anderem zur Kompensation der steigenden Benzinpreise eine Anhebung der Pendlerpauschale enthält, im Bundesrat gestoppt und den Vermittlungsausschuss angerufen. Sie begründeten dies überwiegend damit, dass ihnen durch die Maßnahmen Steuerausfälle entstünden.
Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein verlangen, dass auch über einen höheren CO2-Preis verhandelt wird. Denkbar ist, dass sich der Vermittlungsausschuss auf einen etwas höheren CO2-Preis und eine höhere Kompensation der Bürger etwa über die Senkung der Stromsteuer einigt, hieß es.
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TempolimitUBA und SPD fordern zudem die rasche Einführung eines Tempolimits von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen. „Derzeit stammen rund 30 Prozent der Treibhausgasemissionen von Pkw aus Fahrten auf Bundesautobahnen“, heißt es in einem UBA-Positionspapier.
Kraftstoffverbrauch und Emissionen „wachsen mit zunehmender Geschwindigkeit stark an, wogegen eine Verlangsamung und Verstetigung des Verkehrs den Ausstoß reduziert“, so das UBA. Ein Tempolimit auf Autobahnen fand in der großen Koalition in der Vergangenheit keine Mehrheit. Die Union ist strikt dagegen. Es ist aber bereits 2007 von der SPD beschlossen worden und dürfte auf dem Parteitag erneut diskutiert werden.
DieselsteuerprivilegDas UBA fordert ein Ende der steuerlichen Bevorzugung von Diesel gegenüber Benzin. „Bei der Verbrennung von einem Liter Dieselkraftstoff entstehen rund 13 Prozent mehr CO2-Emissionen“, so das Amt.
Mehr Vorteile durch Kauf von E-Autos
E-AutosDas Bonus-Malus-System für Elektro-Autos aus Anreizen und Belastungen soll im Kern ähnlich der UBA-Studie ohnehin umgesetzt werden. Prämien für den Kauf von E-Autos sollen im Gegenzug durch eine Kfz-Steuer finanziert werden, die sich stärker am CO2-Ausstoß orientiert und daher besonders Besitzer größerer Spritschlucker belastet.
DienstwagenAuch alle Steuerprivilegien für Dienstwagen müssten wegfallen, so das UBA. Insgesamt müsste die Steuer auf Diesel bis 2030 um gut 70 Cent auf 1,19 Euro je Liter und auf Benzin um 47 Cent steigen, damit die Klimaziele im Verkehr noch erreicht werden könnten. (mar/dpa)
Bislang keine ausreichenden Maßnahmen für den Klimaschutz
Politische ReaktionenDer BUND begrüßte den Vorstoß des Bundesumweltamtes. Die Regierung kündige Klimaschutz bislang nur an, leite aber keine ausreichenden Maßnahmen ein, hieß es. Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssten daher vom Klimakabinett aufgegriffen und umgesetzt werden. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreitersagte, besonders Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) müsse seine „Verweigerungshaltung aufgeben“.
Die FDP bezeichnete die Pläne als „sozialen Sprengstoff“. Wenn die Spritpreise drastisch erhöht und die Pendlerpauschale abgeschafft würden, dürften die gesellschaftlichen Folgen nicht ausgeblendet werden, erklärte der Verkehrsexperte Oliver Luksic. Millionen Deutsche seien täglich auf das eigene Auto angewiesen. Besser wären „Innovationen, Technologieoffenheit und eine Ausweitung des bestehenden Emissionshandels“.
Die Linke spricht sich gegen eine Abschaffung der Pendlerpauschale aus. Das bringe Probleme für alle Menschen, „die keinen Zugang zum gut ausgebauten Nahverkehrsnetz der Städte hätten“, sagte der Umweltpolitiker Ralph Lenkert dem SWR. Die Forderungen nach einem Tempolimit und dem Wegfall des Dienstwagensteuerprivilegs begrüßte er hingegen. (afp)
Man darf die Bürger nicht in Panik versetzen
BundesregierungBundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verweist darauf, dass das Klimapaket der Regierung ausgewogen sei: „Die Bürger erneut mit Verzicht, Verbot und Verteuerung à la Bundesumweltamt in Panik zu versetzen, ist der falsche Ansatz.“ (dpa)
Zitat„Deutschland ist das einzige Industrieland, in dem man unbeschränkt rasen kann. Damit brockt die Bundesregierung den Menschen völlig unnötige Gesundheitskosten, Klimaschäden und Staus ein.“Anton Hofreiter (Grünen-Fraktionschef)