Frage des TagesIst der Koalitionsbruch vom Tisch?
Berlin – CDU-Vize Volker Bouffier sieht Anlass für verhaltenden Optimismus. „Das ist jedenfalls nicht das, was Kevin Kühnert immer gewollt hat“, sagte der hessische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, nachdem er Kühnerts Interview mit unserer Redaktion zur Kenntnis genommen hatte: Die Gespräche mit der Union dürfe man nicht mit dem Ziel eines Koalitionsbruchs führen, hatte Kühnert gesagt, und: „Wir wollen den Koalitionsvertrag nicht neu verhandeln, niemand hat das je gefordert.“ Man müsse nun schauen, „was tatsächlich dabei herauskommt“, meinte Bouffier. Für die CDU kämen Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags nicht in Frage. Was heißt das für die Koalition?
Was will die künftige SPD-Spitze auf dem Parteitag erreichen?
Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, die nach dem Ergebnis der Mitgliederbefragung beim Parteitag am kommenden Wochenende zu neuen Parteichefs gewählt werden sollen, äußern sich mäßigend. Die SPD-Führung will im Leitantrag für den Parteitag keine Forderungen aufnehmen, die für die Union unerfüllbar sind und damit auf einen Bruch hinauslaufen, wie eine sofortige Aufgabe der „Schwarzen Null“, also des ausgeglichenen Haushalts.Walter-Borjans sagte der SPD-Zeitung „Vorwärts“: „Wir wollen nicht Hals über Kopf aus der großen Koalition raus.“ Esken sekundierte: „Wir wollen, dass die Themen, die durch die veränderte Lage seit dem Koalitionsvertrag hinzugekommen sind, wirklich angegangen werden.“ Als Beispiele nannten beide Klimaschutz, Digitalisierung und Infrastruktur.
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Wie reagiert die SPD-Linke auf den gemäßigten Kurs?
Solche Versuche, die Delegierten des bevorstehenden SPD-Bundesparteitags mehr auf Debatten über Sacharbeit als über Koalitionsbruch einzustimmen, wurden von Groko-Gegnern in der Partei kritisch aufgenommen. Ebenso Kühnerts Warnung vor einem Kontrollverlust in Folge eines Koalitionsbruchs.„Ein ,Weiter so!’ will die Partei nicht“, sagte etwa die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis. Sonst hätten sich die SPD-Mitglieder nicht für Walter-Borjans und Esken entschieden. Die beiden hatten während ihrer Kampagne die große Koalition scharf kritisiert, die explizite Forderung nach einem Koalitionsbruch aber vermieden.
Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange, die sich selbst um den SPD-Vorsitz beworben hatte, warnte vor zu großen Kompromissen. Sollten viel größere Investitionen, ein höherer Mindestlohn und eine Verschärfung des Klimaschutzpakets mit der Union nicht machbar sein, dürfe die neue Parteispitze einen Koalitionsbruch nicht scheuen. „Vor Neuwahlen sollten wir nie Angst haben, wir sollten sie als Chance begreifen, in einer anderen Koalition regieren zu können.“
Kühnert selbst bemühte sich auf Twitter, seine Anhänger zu beruhigen. An seiner kritischen Haltung zu dem Bündnis mit der Union habe sich nichts geändert. Er habe auch keine Angst vor einem Bundestagswahlkampf „in den nächsten drei Monaten, wenn es sein muss“.
Würde die Union der SPD entgegenkommen?
Bleibt die Frage, was die Union tun könnte, um der neuen SPD-Führung einen Achtungserfolg zu ermöglichen und sie bei der Stange zu halten. Beim Mindestlohn blockt der Chef der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales in der Unionsfraktion, Peter Weiß, ab.
Die SPD kenne die Gesetzeslage nicht, die Regierung könnte der für den Mindestlohn zuständigen Kommission keine Vorgaben machen, sagte er unserer Redaktion. „Daher wundert es mich, dass die neue SPD-Führung den Eindruck vermittelt, die Regierung könne einfach den Mindestlohn auf zwölf Euro anheben.“ Die Mindestlohnkommission hat eine Erhöhung von 9,19 auf 9,35 Euro vom 1. Januar vorgesehen.Die Minimalerwartung formulierte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU): „Es muss schnell Klarheit geben, wohin es geht.“