Gab es Absprachen zwischen Donald Trumps Wahlkampfteam und Russland? Haben Trumps Angestellte, Vertraute oder gar er selbst versucht, mit russischer Hilfe Einfluss auf die US-Wahl 2016 zu nehmen, die Trump schließlich gewann? Die Kreise, die der Sonderermittler Robert Mueller in Sachen Russland um den US-Präsidenten zieht, werden immer enger. Doch Trump hält dagegen, mit Vorliebe auf Twitter. „Ich habe das absolute Recht, mich selbst zu begnadigen“, behauptete der US-Präsident dort diese Woche. Doch stimmt das? Kann die Justiz dem US-Präsidenten wirklich nichts anhaben?
Was ist das Recht zu Begnadigungen?
Artikel 2 der Verfassung spricht dem US-Präsidenten das Recht zu, Straferlass oder Strafminderung zu gewähren. Vereinfacht heißt das: Der Präsident darf nach eigenem Ermessen Milde in Fällen von Verbrechen auf Bundesebene walten lassen. Ein Beispiel: Der 44. US-Präsident Barack Obama begnadigte die US-Soldatin Chelsea Manning, die als Whistleblowerin zu 35 Jahren Haft verurteilt im Gefängnis saß. Seitdem ist Manning wieder auf freiem Fuß.
Die Entscheidung des US-Präsidenten hebt in solchen Fällen die Strafe auf und kann weder von US-Gerichten noch vom Kongress gekippt werden. Begnadigungen sind aber auch vor einem Urteil möglich: Ein US-Präsident kann mit seinem Erlass eine strafrechtliche Verfolgung stoppen oder verhindern.
Immer wieder wenden sich Inhaftierte in den USA mit Gnadengesuchen an US-Präsidenten. Und immer wieder machen Präsidenten von ihrem Recht Gebrauch. Donald Trump hat seit Amtsantritt fünf Mal eine Begnadigung ausgesprochen. Barack Obama wendete sein Recht von 2010 bis 2016 in knapp 2000 Fällen an.
Gibt es Einschränkungen?
Ja, wenn auch explizit nur wenige. Die Macht, Strafen aufzuheben oder jemanden vor Strafverfolgung zu schützen, gilt nur im Rahmen des Bundesgesetzes, nicht aber auf Landesebene. Außerdem gibt es ein Verfahren, das die Begnadigungsmacht des Präsidenten kaltstellt. Wörtlich heißt es in der Verfassung, der US-Präsident hat die Macht, Begnadigungen auszusprechen, „außer in Amtsenthebungsfällen des Kongresses“. Leitet das Parlament also ein Verfahren ein, um den Präsidenten seines Amtes zu entheben, gilt in diesem Fall die Begnadigungsbefugnis nicht.
Präsident Richard Nixon kam nach der Watergate-Affäre einer möglichen Amtsenthebung mit einem Rücktritt zuvor. Sein Nachfolger, Präsident Gerald Ford, begnadigte ihn dann.
Was hieße es, wenn Trump sich selbst begnadigt?
Das hieße, dass Trump, solang er im Amt ist, eine strafrechtliche Verfolgung oder Verurteilung gegen sich selbst stoppen könnte.
Hat Trump die Macht dazu?
Das ist unter Experten umstritten. Bisher hat noch kein US-Präsident versucht, sich selbst zu begnadigen, der Oberste Gerichtshof der USA musste sich also noch nicht tiefgehend mit der Möglichkeit befassen.
Trumps Anwälte sagen, dass Trump aufgrund seiner präsidialen Befugnisse im Zuge der Russland-Ermittlungen nicht vorgeladen, angeklagt oder verurteilt werden könne. Das mag zunächst einmal stimmen. Ein US-Präsident, der sich zum Richter im eigenen Fall erhebt, ist jedoch ebenso wenig denkbar. Viele Experten gehen davon aus, dass im Falle einer Selbstbegnadigung oder des Versuchs einer Selbstbegnadigung der Kongress reagieren und ein Amtsenthebungsverfahren einleiten würde.
Gesichert ist all das nicht. Im Ernstfall muss der Oberste Gerichtshof der USA in dieser Frage entscheiden.
Der Vizepräsident: Begnadigung auf Umwegen
Es gibt rechtlich sicherere Wege, wie Trump einer Strafverfolgung entgehen kann. Die „New York Times“ weist auf ein Schlupfloch hin: Der Vizepräsident, in diesem Fall Mike Pence, könnte vorübergehend zum amtierenden Präsidenten ernannt werden. Auch die Begnadigungsbefugnis würde dann auf ihn übergehen. Er könnte somit den Präsidenten begnadigen, bevor dieser das Amt wieder übernimmt.