Das Wort zum SonntagDie Krebsgeschwulst „Missbrauch“ beschadet das Vertrauen
Quo vadis, Kirche: Wohin führt dich der Weg? Könnte man fragen angesichts der jüngsten Vorfälle und Hiobsbotschaften aus der katholischen Konfession. Ein vernichtender Untersuchungsbericht über Missbrauchsfälle in Erzbistum München, ein ehemaliger Bischof und Papst, dem vorgeworfen wird, er sage die Unwahrheit.
Und nun auch noch das „Outing“ von 125 kirchlichen Mitarbeitern, die zwar die kirchliche Morallehre in ihren Arbeitsverträgen akzeptieren (mussten), nun aber offen zugeben, dass sie ihr Privatleben nicht mehr den kirchlichen Vorgaben unterwerfen werden.
Die Krebsgeschwulst „Missbrauch“ zieht mittlerweile irreparable Konsequenzen nach sich. Nur noch 12 Prozent der Bundesbürger vertrauen der Kirche, gegenüber 28 Prozent im Jahre 2017 (Institut Forsa). Möglich ist auch, dass mit dem Outing der 125 erstmals die grundgesetzlich verbürgten Privilegien der Kirche, vor allem beim Arbeitsrecht, ernsthaft auf den Prüfstand kommen könnten, weil diese nur „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ (GG 137/3) zulässig sind: also unter Vorbehalt. Der EU-Gerichtshof für Menschenrechte dürfte in diesem Fall irgendwann wohl auch seine Sichtweise vortragen, was im schlimmsten Fall dazu führen könnte, dass die Kirche darüber auseinanderbricht.
Die Gefahr hat sich schon vor Jahrzehnten mit der Lefebvre-Bewegung gezeigt. Deren Nährboden war und ist bis heute die Radikalopposition gegen den vom letzten Konzil verordneten Messritus. Es tobe ein „ideologischer Krieg“ in der Kirche, meint dazu Roger Köppel, Herausgeber der „Weltwoche“ (Zürich). Es gehe, so der Schweizer Protestant, in der notwendigen Aufarbeitungsdiskussion der Skandalfälle letztlich um eine grundsätzliche „Ausrichtung der Katholischen Kirche“, die ihre alte Rolle als Bollwerk gegen den Zeitgeist wiederfinden sollte, meint Köppel. Also künftig doch Lefebvre?