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Chinesischer VerhandlungsvorschlagPeking ist Moskaus Sachwalter – und das könnte interessant werden

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Xi Jinping, Präsident von China, hört zu während einer Sitzung des Apec-Gipfels. +++ dpa-Bildfunk +++

Chinas Präsident Xi Jinping: Gewiss kein neutraler Vermittler.

China ist kein neutraler Vermittler im russisch-ukrainischen Krieg. Warum Peking gerade deswegen eine interessante Adresse ist.

Nun ist sie also da – und sie hat einen doppelten Boden: die chinesische Verhandlungsinitiative zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Uneingeschränkt zu begrüßen ist es, dass sich Peking erneut klar gegen die russischen Atomdrohungen positioniert. Das löbliche Bekenntnis zur territorialen Integrität wird dagegen nicht von einer Forderung nach einem russischen Rückzug zumindest auf die Positionen vom 23. Februar 2022 begleitet. Vielmehr soll die Ukraine einen Waffenstillstand mit offensichtlich anhaltender Besetzung großer Teile ihres Territoriums hinnehmen. Das ist für sie unvorstellbar angesichts der Massenmorde und anderer Verbrechen in den besetzen Gebieten, an denen sich wiederum das Regime in Peking kaum stören wird.

Und die Sanktionen gegen Moskau sollen fallen – her mit den Mikrochips für russische Marschflugkörper! Zudem der wolkige Hinweis auf die Sicherheitsinteressen aller Staaten und auf eine verfehlte Mentalität des Kalten Krieges. Im Klartext: China widerspricht der souveränen Entscheidung der Ukraine für einen prowestlichen Kurs samt den unentbehrlichen westlichen Sicherheitsgarantien.

Atom-Popanz vom Tisch genommen

Man darf dieses Papier also keineswegs als neutralen Vorschlag lesen, sondern eher wie den Schriftsatz eines Rechtsanwalts, der eine Entgleisung seines Mandanten korrigiert – also den Atom-Popanz platzen lässt – und unrealistische Ideen wie die Annexionen stillschweigend übergeht, ansonsten aber knallhart dessen Interessen vertritt. Das macht den Vorstoß wiederum interessant. Wenn einmal verhandelt wird, wohl diskret und parallel zum Kampfgeschehen, dann ist es gut, in Peking eine zusätzliche Kontaktadresse zu haben. Eben die eines Advokaten.

Sorge vor chinesischen Waffenlieferungen

Der Westen sollte China aber deutlich machen, dass er eine noch weitergehende Beihilfe zum russischen Angriffskrieg, als sie sie jetzt schon erfolgt, nicht dulden wird. Die Hinweise auf geplante Waffenlieferungen, etwa Drohnen zum Terrorisieren der ukrainischen Zivilbevölkerung, sind alarmierend. In so einem Fall müsste sich auch China auf Sanktionen einstellen – was dort aktive Unternehmen wie VW und BASF bedenken sollten.

Und sicher sollte es keine einseitigen Vorleistungen geben, ob die Aufhebung von Russland-Sanktionen oder die Erklärung, eine weitere Besetzung der Krim zu dulden. So kann das Geschäft mit den Kriegsverbrechern in Moskau doch nicht laufen. Wenn überhaupt, dann lässt sich Kiew so etwas in Verhandlungen teuer bezahlen.