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„Merz ist gescheitert“Bundestag lehnt Gesetz der Union zur Migrationsbegrenzung ab

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Friedrich Merz (l), CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, gibt bei der Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz der Union zur Eindämmung der Migration im Bundestag seine Stimmkarte ab.

Friedrich Merz (l), CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, gibt bei der Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz der Union zur Eindämmung der Migration im Bundestag seine Stimmkarte ab.

Lange debattiert der Bundestag über den Unions-Entwurf zur Migrationspolitik. SPD und AfD attackieren Merz nach der Abstimmung scharf.

Keine Mehrheit für Friedrich Merz: Der Bundestag hat den heftig diskutierten Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Begrenzung der Migration abgelehnt. Das teilte Sitzungsleiterin Petra Pau nach der Abstimmung in zweiter Lesung über das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz mit.

Die Abgeordneten verhinderten am Freitag mehrheitlich, dass es zu einer Schlussabstimmung über das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz kam. 350 Abgeordnete votierten dabei gegen die weitere Befassung des Parlaments, 338 dafür, fünf enthielten sich.

31.01.2025, Berlin: Die Mitglieder des Deutschen Bundestages stimmen über die Tagesordnung zur Zulassung der Abstimmung über das «Zustrombegrenzungsgesetz» der Union zur Eindämmung der Migration im Plenarsaal im Bundestag ab.

Die Abgeordneten stimmen im Bundestag über die Tagesordnung zur Zulassung der Abstimmung über das ´Zustrombegrenzungsgesetz» der Union zur Eindämmung der Migration ab.

Die Grünen haben erleichtert darauf reagiert, dass ein Entwurf der Union für ein umstrittenes Migrationsgesetz keine Mehrheit gefunden hat. Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte, nach einem sehr schwierigen Tag im Bundestag sei das eine gute Nachricht. Zugleich sagte sie, es seien „großen Risse“ in der demokratischen Mitte sichtbar geworden. Darüber kann niemand froh sein.“

Habeck wirft Merz Erpressungsversuch vor

Co-Fraktionschefin Katharina Dröge warf mit Blick auf Verhandlungen der Union einen Erpressungsversuch vor. Sie habe nach dem Motto gehandelt: „Stimmt zu, sonst stimmen wir mit den Nazis.“ Weiter sagte sie: „Man sieht schon jetzt, wie zersetzend es ist für die parlamentarische Demokratie, wenn demokratische Kräfte anfangen, mit Rechtsextremen Bündnissen zu schließen.“

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hat CDU-Chef Friedrich Merz im Streit um die Migrationspolitik attackiert. Der Wirtschaftsminister sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Friedrich Merz hat sein Versprechen, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, gebrochen. Er hat Erpressung als Mittel der Politik eingesetzt.“ Damit habe er der AfD den größten Erfolg beschert, nämlich die Spaltung der Demokraten.

31.01.2025, Berlin: Kanzlerkandidat Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender und Chef der Unions-Bundestagsfraktionund, spricht bei der Debatte um das Zustrombegrenzungsgesetz im Plenarsaal im Bundestag.

Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender und Chef der Unions-Bundestagsfraktion, spricht bei der Debatte um das Zustrombegrenzungsgesetz im Plenarsaal im Bundestag.

Eine dramatische, bittere Woche gehe zu Ende, sagte Habeck. „Wir haben alles versucht, zu einer Lösung unter den Demokraten zu kommen. Aber Merz war im Blindflug unterwegs gen Abgrund. Dank und Respekt gebührt jenen, die verhindert haben, dass erstmals im Deutschen Bundestag ein Gesetz durch eine gemeinsame Mehrheit mit der AfD zustande gekommen. Sie haben sich gegen ihre Fraktionslinien gestellt, das verdient Hochachtung.“

Mützenich: „Herr Merz ist heute zweimal gescheitert“

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht in der Ablehnung des sogenannten Zustrombegrenzungsgesetzes im Bundestag ein doppeltes Scheitern von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. „Herr Merz ist heute zweimal gescheitert“, sagte Mützenich in Berlin. „Gescheitert, den Weg zur AfD zu suchen. Gescheitert an der Mehrheit im Deutschen Bundestag, die er eigentlich hätte haben können.“

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht in der Ablehnung des sogenannten Zustrombegrenzungsgesetzes im Bundestag ein doppeltes Scheitern von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht in der Ablehnung des sogenannten Zustrombegrenzungsgesetzes im Bundestag ein doppeltes Scheitern von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz.

Die Wählerinnen und Wähler hätten nun am 23. Februar darüber zu entscheiden, „ob man einem solchen Kanzlerkandidaten das Schicksal unseres Landes in schweren Zeiten in die Hände legen darf“, sagte Mützenich. SPD und Grüne hätten bis zum Schluss alles dafür getan, „dass CDU, CSU, FDP und auch das BSW offensichtlich nicht mit der AfD“ abstimmen. Dies sei nicht gelungen.

Er sei den Unionsabgeordneten dankbar, „die die Größe, die auch gleichzeitig die Überzeugung und die Haltung hatten, Herrn Merz in dieser historischen Entscheidung, die er nicht zum Wohl des Landes treffen wollte, nicht zu folgen“.

Weidel: Merz ist als „Bettvorleger“ gelandet

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel geht davon aus, dass die Mehrheit bei der Abstimmung über das Migrationsgesetz wegen Abweichlern in der Unions-Fraktion nicht zustande gekommen ist. „Das ist die Demontage von Friedrich Merz als Kanzlerkandidat gewesen“, sagte sie nach der Abstimmungs-Niederlage. Seine eigene Fraktion habe ihn „abgesägt“. „Er kann kein Kanzler, er kann kein Kanzlerkandidat“, sagte Weidel.

31.01.2025, Berlin: Beatrix von Storch (AfD, l-r), Tino Chrupalla, Fraktionsvorsitzender der AfD, Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, nehmen an einer Sitzung im Plenarsaal des Bundestages teil. Es findet eine Abstimmung über das «Zustrombegrenzungsgesetz» der Union statt.

Beatrix von Storch (AfD, l-r), Tino Chrupalla, Fraktionsvorsitzender der AfD, und Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, nehmen an der Abstimmung über das ´Zustrombegrenzungsgesetz» der Union im Bundestag teil.

Was sich heute ereignet habe, sei „die Implosion einer konservativen Volkspartei“. Merz könne das Land nicht führen, er könne nicht einmal seine eigene Fraktion führen, sagte die AfD-Vorsitzende. „Friedrich Merz ist als Tiger gesprungen und endete als Bettvorleger.“

Weidel versicherte, dass die AfD-Fraktion geschlossen für das Gesetz gestimmt habe. „Es gibt keine Abweichler, die einem berechtigten Anliegen in den Rücken fallen.“

Merz bedauert Scheitern des Unions-Antrags

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hat das Scheitern eines von CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurfs zur Migration im Bundestag bedauert. „Ich hätte gerne ein anderes Ergebnis gesehen“, sagte der CDU-Chef in Berlin. Das Ergebnis schaffe aber auch Klarheit, wo Union, SPD und Grüne stünden. Nach Bundestags-Angaben gaben zwölf Abgeordnete der Union ihre Stimme nicht ab, es gab keine Nein-Stimmen oder Enthaltungen aus der Fraktion.

31.01.2025, Berlin: Friedrich Merz (l), CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, verlässt nach der Abstimmung über das «Zustrombegrenzungsgesetz» der Union zur Eindämmung der Migration im Bundestag das Reichstagsgebäude.

Friedrich Merz (l), CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, verlässt nach der Abstimmung über das ´Zustrombegrenzungsgesetz» der Union zur Eindämmung der Migration im Bundestag das Reichstagsgebäude. +++

Merz wies SPD und Grünen Verantwortung für die Ablehnung des Entwurfs in der Abstimmung zu: „Wenn die Koalition wenigstens in Teilen unserem Antrag zugestimmt hätte, wäre es heute zu einer Mehrheit in der politischen Mitte unseres Parlamentes gekommen. Die Asylwende, die wir heute versucht haben herbeizuführen, ist an den Sozialdemokraten und an den Grünen gescheitert.“

Bei der Abstimmung über das umstrittene Migrationsgesetz der Union hat ein Viertel der FDP-Abgeordneten im Bundestag nicht für den Entwurf von CDU und CSU gestimmt. Von den 90 Fraktionsmitgliedern der Liberalen enthielten sich laut Angaben des Bundestags am Freitag fünf bei der Abstimmung, zwei lehnten das Gesetz ab, 16 nahmen nicht an dem Votum teil. Aus der Unionsfraktion gaben zwölf Abgeordnete ihre Stimmen nicht ab.

12 Unionsabgeordnete gaben keine Stimme ab

Darunter sind unter anderem der ehemalige Kanzleramts-Minister Helge Braun (CDU), die ehemalige Kulturstaatssekretärin Monika Grütters (CDU), der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter (CDU), Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) und der ehemalige Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU). Bei der FDP blieben unter anderem Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel und der Abgeordnete Konstantin Kuhle der Abstimmung fern.

31.01.2025, Berlin: Sahra Wagenknecht, Bundesvorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), spricht während der Debatte im Plenarsaal im Bundestag. Im Bundestag soll unter anderem über das «Zustrombegrenzungsgesetz» der Union zur Eindämmung der Migration abgestimmt werden.

Sahra Wagenknecht, Bundesvorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), spricht während der Debatte im Plenarsaal im Bundestag.

Den Angaben zufolge votierten 349 der insgesamt 733 Abgeordneten gegen das Gesetz. Damit wurde die ursprüngliche Angabe von 350 Gegenstimmen leicht korrigiert. Die Zahl der Ja-Stimmen blieb bei 338. Es gab fünf Enthaltungen, die alle aus der FDP kamen. 41 Abgeordnete nahmen nicht an der Abstimmung teil.

Bei der SPD fehlten bei dem Votum insgesamt vier der 207 Parlamentarier, bei den Grünen zwei von 117. Beim BSW blieben drei von zehn Abgeordneten fern, bei der Linkspartei einer von 28. Auch in der AfD stimmte ein Fraktionsmitglied nicht ab. Von den fraktionslosen Abgeordneten stimmten fünf mit ja, zwei mit nein und zwei gar nicht ab.

Kern des Gesetzentwurfs war eine Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. Außerdem sollten die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie sollte, wenn sie etwa an Bahnhöfen Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können. Die Union drang in ihrem Entwurf überdies darauf, das Ziel einer „Begrenzung“ des Zuzugs von Ausländern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen. (red/afp/dpa)