Das BSW hat bei Wolodymyr Selenskyjs Rede den Bundestag verlassen. Es hagelt scharfe Kritik – aus nahezu allen Richtungen.
„Eine neue Stufe der Niedertracht“Wagenknecht-Partei boykottiert Selenskyj-Rede – und erntet Sturm der Entrüstung
Die Bundestagsabgeordneten des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) und der AfD haben die Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Bundestag boykottiert. Wie in einer zuvor verbreiteten Erklärung des BSW angekündigt, verließ die Gruppe den Saal. Zur Begründung heißt es, dass Selenskyj dazu beitrage, „eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern“.
In der Erklärung schreibt das als prorussisch geltende BSW weiter, dass das Bündnis zwar „den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands in der Ukraine“ verurteile. Selenskyj setze aus Sicht des BSW jedoch „auf eine offene Eskalation des Krieges und einen unmittelbaren Kriegseintritt der Nato“. Damit nehme er auch das Risiko eines atomaren Konflikts in Kauf, heißt es laut t-online in dem Text.
Kritik von allen Seiten für Bündnis Sahra Wagenknecht: „Pfui Deibel!“
Bereits der Bericht sorgte in kürzester Zeit für enorme Empörung über das BSW und Wagenknecht. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann reagierte scharf auf den vom BSW geplanten Eklat: „Das sind dann die Menschen, die sonst immer darauf pochen, man müsse miteinander reden“, schrieb sie bei X. „Mit dem BSW hat Putin nun schon die zweite Partei in Deutschland, die ihm unreflektiert folgt.“
Scharfe Kritik kam auch aus der CDU: „Pfui Deibel! Russlands fünfte Kolonne. Alles andere als eine Friedenspartei“, schrieb der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz bei X. Auch bei der CSU wurde man deutlich: „Abgesehen davon, dass das Selenskyj herzlich egal sein dürfte, zeigt Sahra Wagenknecht einmal mehr, auf welcher Seite sie steht – auf der des Kriegsverbrechers Wladimir Putin“, schrieb der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn.
CSU: Sahra Wagenknecht steht auf der Seite von Kriegsverbrecher Putin
Der Grünen-Politiker Till Steffen kommentierte das geplante Fernbleiben des BSW ebenfalls. „Es ist überhaupt gar keine Meldung, dass BSW und Sahra Wagenknecht nicht im Bundestag sind, wenn Selenskyj redet, weil die sind eh nie da“, schrieb Steffen bei X und spielte damit offenbar auf Berichte über die hohen Fehlzeiten Wagenknechts an, die TV-Auftritte oftmals ihrer parlamentarischen Arbeit vorzieht. Die Wagenknecht-Partei sei „nicht im Plenum, nicht im Ausschuss, nirgendwo“ zu finden, schrieb Steffen.
„Ukrainer*innen nicht zuhören, aber unser Recht auf Selbstverteidigung bei jeder Gelegenheit absprechen und behaupten, man setze sich für Ukrainer*innen ein“, schrieb die Sprecherin von Vitsche, einer Vereinigung von Ukrainern in Deutschland. Wagenknechts Vorgehen sei „schamlos“, fügte Krista-Marija Läbe an.
Empörung bei Ukrainerinnen und Ukrainern in Deutschland: „Schamlos“
Von einer „neuen Stufe der Niedertracht“ sprach unterdessen der Historiker Matthäus Wehowski. „Die Ukraine verteidigt sich gegen den Angriffskrieg einer imperialen, völkisch-nationalistischen Macht und die Putinisten des BSW/Wagenknecht werfen dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj ‚Eskalation‘ vor“, schrieb der Russland-Experte bei X.
Der ukrainische Präsident nimmt in Berlin an der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine teil. Das BSW kritisiert schon lange die westliche Unterstützung für die Ukraine gegen die russische Aggression. Dabei wirft das Bündnis den westlichen Regierungen fehlende Verhandlungsbereitschaft gegenüber Russland vor. Die Rede Selenskyjs im Bundestag wertet BSW demnach als Symbol einer „kritiklosen Zustimmung zu seiner Politik“.
Moskau dürfte BSW-Boykott nutzen, um Propaganda-Lüge über Selenskyj weiterzuspinnen
Wagenknecht und BSW richten ihre Appelle zur Deeskalation bislang ausschließlich an die Ukraine sowie deren westliche Unterstützer. Aufrufe zu einem Rückzug der russischen Truppen aus den von ihnen besetzten ukrainischen Gebiete und einem Ende der russischen Aggression unter Achtung der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität gibt es von Seiten des BSW hingegen nicht.
Der Eklat bei Selenskyjs Rede dürfte in Moskau zudem in den Kontext der jüngsten Propaganda-Lüge des Kreml gerückt werden. Demnach soll Selenskyj nicht mehr legitimer Präsident sein, da es keine Neuwahlen in der Ukraine gegeben habe, wie Kremlchef Putin kürzlich behauptete. Wahr ist daran gar nichts, im Kriegsfall sind in der ukrainischen Verfassung keine Wahlen vorgesehen. (mit afp)