Pistorius warnt und will „wachrütteln“. Dass Putin weiter gehe, müsse man einkalkulieren.
Pistorius nennt möglichen Zeitraum„Jeden Tag Drohungen“ – Bundeswehr und Nato bereiten sich auf russischen Angriff vor
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat vor einer Ausweitung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gewarnt. „Wir hören fast jeden Tag Drohungen aus dem Kreml – zuletzt wieder gegen unsere Freunde im Baltikum“, sagte der SPD-Politiker dem „Tagesspiegel“. Deutschland müsse also „einkalkulieren, dass Wladimir Putin eines Tages sogar ein Nato-Land angreift“, ergänzte Pistorius, der an diesem Freitag ein Jahr im Amt ist. Aktuell halte er einen russischen Angriff nicht für wahrscheinlich.
„Unsere Experten rechnen mit einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren, in denen das möglich sein könnte.“ Er wolle mit seiner Warnung oder seiner Forderung, dass die Bundeswehr „kriegstüchtig“ werden müsse, „unsere Gesellschaft damit auch wachrütteln“.
Boris Pistorius: Russischer Angriff auf Nato-Land in „fünf bis acht Jahren“ möglich
Pistorius wies zugleich Rufe nach mehr deutscher Militärhilfe für die Ukraine zurück und wies auf die Grenzen der Unterstützung durch die Bundeswehr hin. „Wir können nicht ‚all in‘ gehen, wie das manche fordern. Sonst stünden wir selbst schutzlos da“, sagte der Minister. „Wir haben bislang alles geliefert, was geht“, fügte er hinzu.
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Von allen EU-Staaten leiste Deutschland bereits am meisten, nun sei es an den anderen europäischen Partnern, mehr zu tun. „Es muss jedem klar sein: Wenn Putin diesen Krieg gewinnt und die Ukraine besetzt, steigt natürlich auch die Gefahr für das Bündnisgebiet“, mahnte der SPD-Politiker.
Dementi von Wladimir Putin: „Russland hat keinen Grund mit Nato-Ländern zu kämpfen“
Zuvor hatte die „Bild“ unter Berufung auf ein „Geheimdokument“ der Bundeswehr berichtet, Deutschland bereite sich auf einen Konflikt zwischen Russland und der Nato vor, der angeblich im Jahr 2025 beginnen könnte.
Der Kreml hat derartige Berichte zurückgewiesen. „Russland hat keinen Grund, kein Interesse – weder geopolitisches noch wirtschaftliches, politisches oder militärisches Interesse – mit NATO-Ländern zu kämpfen“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Ria Kremlchef Wladimir Putin. Der Kreml hat allerdings auch noch kurz vor dem Angriff auf die Ukraine behauptet, die Ukraine nicht angreifen zu wollen.
Hassbotschaften aus Moskau: Tod der Ukraine „unvermeidlich“
Gleichzeitig bekräftigte Moskau in dieser Woche erneut seinen Anspruch auf die Ukraine. Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew drohte mit einem „ewigen Krieg“ und bezeichnete die Ukraine als „krebsartiges neues Gebilde“.
„Die Anwesenheit eines unabhängigen Staates auf historischem russischem Territorium wird ein ständiger Grund sein, die Feindseligkeiten wieder aufzunehmen“, schrieb Medwedew in seinem Telegram-Kanal am Mittwoch. „Es besteht eine einhundert prozentige Wahrscheinlichkeit eines neuen Konflikts, ganz gleich, welche Sicherheitspapiere der Westen mit dem Marionettenregime in Kiew unterzeichnet“, fügte er an.
Klare Botschaft von Wladimir Putin: „Es ist unmöglich, uns dazu zu bringen, das aufzugeben“
Auch Kremlchef Putin hatte zuletzt erneut klargemacht, dass Russland kein Interesse an einer Verhandlungslösung hat. „Es ist unmöglich, uns dazu zu bringen, das aufzugeben, was wir in den letzten anderthalb Jahren erobert haben“, erklärte der Kremlchef. Die „Staatlichkeit der Ukraine“ werde „bald infrage stehen“, prophezeite Putin zudem und sprach von einem „irreparablen Schlag“, der dem Nachbarland drohe.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Nato unterdessen ein Großmanöver mit rund 90.000 Soldaten angekündigt. Es handele sich um „die größte Nato-Übung seit Jahrzehnten“, sagte der Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa, US-General Christopher Cavoli, am Donnerstag in Brüssel. Dabei soll als Ernstfall ein russischer Angriff auf Bündnisgebiet geprobt werden.
Abschreckung von Russland: Größtes Nato-Manöver „seit Jahrzehnten“ angekündigt
Das Manöver „Steadfast Defender“ (etwa: Standhafter Verteidiger) beginnt nach Cavolis Worten in der kommenden Woche und dauert bis Mai. An der Militärübung beteiligen sich alle 31 Bündnisländer und der Beitrittsanwärter Schweden. Die Ankündigung kommt gut vier Wochen vor dem zweiten Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar.
„Wir bereiten uns auf einen Konflikt mit Russland und Terrorgruppen vor“, sagte der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, der niederländische Admiral Rob Bauer, nach zweitägigen Beratungen im Brüsseler Nato-Hauptquartier. „Wenn sie uns angreifen, müssen wir bereit sein.“ (mit dpa/afp)