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Norwegen in AlarmAuf Spitzbergen könnte eine Konfrontation mit Russland drohen

Lesezeit 3 Minuten
HANDOUT - 26.02.2025, Norwegen, ---: Junge Eisbären sind mit einem Muttertier in Spitzbergen zu sehen.

Die Inselgruppe Spitzbergen ist vor allem für spektakuläre Natur bekannt. Aber auch strategisch ist sie von Bedeutung.

Oslo bereitet sich militärisch gegen mögliche russische Konflikte in der Arktis vor und erhöht die Verteidigungsausgaben deutlich.

Die Inselgruppe Spitzbergen gehört zwar offiziell zu Norwegen, ist jedoch auch für Russland von strategischer Bedeutung. Das Land ist bereits seit 1932 auf der ebenfalls Spitzbergen genannten Hauptinsel mit der Bergbausiedlung Barentsburg vertreten – und erhebt darum Ansprüche auf das Archipel im Arktischen Ozean.

Paal Hilde, Berater im norwegischen Verteidigungsministerium und Nato-Experte, wurde nun vorige Woche mit einem Szenario vorstellig, das die Öffentlichkeit in Norwegen aufschreckte – auf Spitzbergen könnte die Nato durch Russland herausgefordert werden. Wenn sich dort etwa die russischen Bewohner der Inselgruppe durch den norwegischen Gouverneur drangsaliert fühlten, hieß es darin, wäre es möglich, dass Russland Polizeikräfte in den hohen Norden schickt. Dann könnte Norwegen sich auf Artikel 5 der Nato berufen, der die anderen Mitglieder des Bündnisses zum Beistand verpflichtet.

Trump-Regierung bereitet Sorgen

Sorgen bereitet in diesem Zusammenhang auch die neue US-Regierung unter Donald Trump: „Wenn Norwegen in einer solchen Situation die Nato um Unterstützung bittet, die USA und Trump jedoch nein sagen, sodass wir stattdessen ,einen Deal‘ mit Russland machen müssten, dann könnte Norwegen geschwächt werden“, so Hilde, der auch auf Trumps mehrfach geäußerten Anspruch auf das zu Dänemark gehördende Grönland verwies. Dies könnte Russland ermuntern, ebenfalls Forderungen bezüglich Spitzbergen zu erheben.

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Das Archipel, gerade 1300 Kilometer vom Nordpol entfernt, hat einen rechtlichen Sonderstatus. Der Spitzbergen-Vertrag von 1920 ermöglicht es anderen Ländern, dort wirtschaftlich tätig zu sein. Offiziell ist die Inselgruppe entmilitarisiert. Allerdings gibt es eine Klausel für die Nato, einzugreifen, wenn das Entmilitarisierungsgebot verletzt würde. „Sobald Putin dort interveniert, fordert er Artikel 5 heraus“, stellte Norwegens Verteidigungsminister Tore Sandvik in der Zeitung „Verdens Gang“ klar.

„Arktische Operations-Direktive“ erlassen

Lange schien das Verhältnis zwischen dem Nato-Mitglied Norwegen und Russland dialogorientiert. Die gemeinsame Grenze war der Grund für diese Vorsicht. Zudem gab es eine gewisse Dankbarkeit Oslos für die Befreiung Nordnorwegens von der deutschen Besatzung durch die Rote Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs. Dieses Gefühl änderte sich mit der Krim-Annexion und vor allem nach der russischen Invasion in der Ukraine.

Die Regierung in Oslo erließ eine „Arktische Operations-Direktive“ für das Militär, das sich auf eine Konfrontation mit Russland in der Arktis vorbereiten soll. Die Ausgaben für die Verteidigung steigen seitdem stark: Vergangenen Oktober investierte das Land umgerechnet 340 Millionen Euro, um US-Luftverteidigungssysteme zu erstehen. Für eine noch höhere Summe wurden im August mit amerikanischer Hilfe zwei norwegische Satelliten ins All geschossen, welche nun die arktische Region überwachen. Auch engagiert sich Norwegen, reich durch die Öl- und Gasvorkommen und noch reicher durch die Energie-Sanktionen gegen Russland geworden, für die Ukraine mit Finanzhilfen für das dortige Militär.

All dies macht Oslo zu einem Gegner für Moskau. Dies zeigt sich auch auf Spitzbergen Ein Unterseekabel wurde 2022 beschädigt, in Barentsburg soll gegen den Willen Norwegens ein internationales Forschungszentrum für Mitglieder der von Russland und China dominierten BRICS-Staaten errichtet werden, ein chinesischer Minister war schon vor Ort. Auch wurde mehrfach die sowjetische Fahne gehisst. Mitglieder der Duma fordern bereits die Umbenennung des Arktischen Ozeans in „Russischen Ozean“ sowie eine Besetzung der Insel.

Auf der anderen Seite gerät Norwegens Regierungschef Jonas G. Störe durch die konservative Opposition immer mehr unter Druck, Soldaten und militärische Anlagen auf der Inselgruppe zu stationieren. Der Sozialdemokrat lehnt dies bislang mit Hinweis auf den Spitzbergen-Vertrag ab.

Trump hat bislang noch keine Besitzansprüche vermeldet. Für den Fall einer Auseinandersetzung mit den USA verfügt die Regierung Störe immerhin über ein besonderes Ass: den „Superdiplomaten“ Jens Stoltenberg. Der ehemalige Nato-Generalsekretär wirkt seit Anfang Februar als Finanzminister in Oslo. Der Charismatiker wird jedoch auch als möglicher Ansprechpartner für den US-Präsidenten gebraucht. Denn der 64-Jährige steht laut norwegischen Medien auf „Trumps Liste“der Politiker, die er ernst nimmt.