Die erste Wahl nach Ausbruch der Corona-Pandemie hat für die Union ein Halten des Status quo und für die SPD deutliche Verluste gebracht. Wobei die Union mit ihrem landesweiten Ergebnis im Bundestrend liegt. Die SPD hat deutlich über Bundestrend abgeschnitten. Nun folgen Kommunalwahlen immer ihren eigenen Gesetzen. Es wird vor allem über Personen und Konzepte vor Ort entschieden. Dennoch war die Wahl insbesondere für die CDU auch ein bundesweiter Stimmungstest mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Fokus. Im Einzelnen:
CDU
Die NRW-Kommunalwahl verlängert die Ungewissheit in der CDU. Ein klarer Auftrieb für die CDU in den Rathäusern von NRW hätte auch Laschet für seine bundespolitischen Ambitionen Rückenwind gegeben. Genauso wie ein Absturz dem Ministerpräsidenten angelastet worden wäre. Nun hat die Wahl in Sachen K-Frage eher eine Seitwärtsbewegung gebracht. Der Druck in der Bundes-CDU wird zunehmen, dass man endlich in die entscheidende Phase kommen muss, wer nun Merkels Erbe antritt. Dieser Trend bahnte sich bereits am Sonntag tagsüber an. „Am besten wäre es sicher für unsere Mitglieder, wenn die drei Kandidaten sich noch vor dem Parteitag darauf einigen, wer es macht“, sagte CDU-Vize-Chefin Julia Klöckner und erhielt prompt Widerspruch der Kandidaten Norbert Röttgen und Friedrich Merz. Klöckner will ganz offenbar verhindern, dass beim Parteitag im Dezember eine Entscheidung fällt, die am Ende nach Tagesform der Kandidaten als zufällig wahrgenommen wird. Für den Bewerber um den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen, hat die Kommunalwahl in NRW gezeigt, dass die Grünen der „strategische Gegner“ der CDU sind. Die CDU habe Defizite bei jungen Wählern sowie in Großstädten und besonders in Uni-Städten. „Für Selbstzufriedenheit besteht kein Grund. Unsere Defizite müssen und können wir abbauen“, betonte Röttgen.
SPD
Schon in früheren Kommunalwahlen musste die SPD hinnehmen, dass NRW trotz des Rufs, Herzkammer der Sozialdemokratie zu sein, längst nicht alle Städte im Ruhrpott halten konnte. Neben der CDU sind die Grünen als Konkurrenz dazugekommen. Spricht man Bundespolitiker auf die schwache Performance ihrer Partei an, verweisen sie gerne auf die Stärke in Ländern und Kommunen.
Gestern hat das Argument einen Dämpfer erhalten. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sieht das anders. Im Ausgang der Wahl liegt für ihn eine positive Trendumkehr. „Die SPD ist klar zweitstärkste Kraft. Das sah bei der Europawahl vor eineinhalb Jahren und in den jüngsten Prognosen noch anders aus.“
Grüne
Die Grünen haben in NRW einen Sprung nach vorne geschafft, auch wenn sie anders als im Bundestrend dritte Kraft geblieben sind. Sie haben ihren Anspruch untermauert, bundesweit neben Union und SPD um Platz 1 zu konkurrieren. In einigen Städten sind sie in den Stichwahlen und zeigen, dass Grüne Oberbürgermeister auch jenseits des stark realpolitisch und schwarz-grün geprägten baden-württembergischen Landesverbands denkbar sind. Entsprechend zufrieden zeigten sie sich: „Das ist ein großartiges Ergebnis für uns Grüne in NRW. Mit Klimaschutz, Umwelt, Verkehrswende, Wohnen und sozialem Zusammenhalt haben wir unsere Themen gesetzt und so viel Vertrauen und Zuspruch erreicht“, sagte die Parlamentsgeschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann. Sie verwies auf die „wahnsinnige Teamleistung aller gemeinsam“.
FDP
Mit wohl unter fünf Prozent haben die Liberalen schlecht abgeschnitten, lagen aber 2014 auch nicht besser. Dabei hat die Düsseldorfer OB-Kandidatin der FDP gezeigt, wie es geht: Mit einem kreativen Wahlkampf konnte sie sich absetzen. Interessant sind die Einschätzungen von FDP-Chef Christian Lindner zum Abschneiden der anderen Parteien: „Die Grünen sind die Wahlgewinner des Tages. Die FDP ist etwa auf dem Niveau der letzten Wahl.“
AfD
Während die AfD im Osten in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und in vielen Kommunen inzwischen an Schlüsselstellen des gesellschaftlichen Lebens sitzt, befindet sie sich im Westen auf dem absteigenden Ast. Der Ausgang der NRW-Kommunalwahl ist ein weiterer Beleg dafür.
Linke
Zwischen der Bedeutung der Linken in Ost und West klafft eine noch größere Lücke als bei der AfD. In NRW ist die Linke marginalisiert. Das ist für sie auch bundespolitisch ein Dämpfer.